Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
heiligen Stadt Jerusalem gedachte, »tief im Herzen von Schmerz und Erröten betroffen« und »Tag und Nacht auf rasche Hilfe« sinnend ...
Seinen Schwur, sich dem Aufgebot bis August 1221 anzuschließen, hielt er freilich wieder nicht. Vielmehr ging er nach Süden, wo er rigorose Maßnahmen ergriff, vor allem durch die »Assisen von Capua« (Dezember 1220) – ein kompromißloser Angriff auf die feudalen Kreise des Landes, eine Einschränkung ihrer Mittel und eine Erweiterung der eigenen. Das Königreich sollte seine Hausmacht werden, eine Quelle nicht zuletzt gewaltiger Gelder. Wo es ihm erwünscht schien, zog er Schenkungen und Vergabungen, Güter und Gerechtsamkeiten an sich, verlieh sie Vasallen wieder oder nicht, ganz nach Gusto. Er besetzte Burgen der Barone, schleifte andere, baute neue. Dabei entmachtete er erst die Großen mit Hilfe der Kleinen und ging dann auch den Kleinen an den Kragen – seriös gesagt: eine zielstrebige »Aufbautätigkeit« (Seppelt), »die Reorganisation der Verwaltungsstrukturen« (Cuozzo). Faktisch: ein jahrelanger erbitterter Kleinkrieg. 30
Auch auf Sizilien unterwarf Friedrich den unbotmäßigen Adel und räumte in langwierigen Auseinandersetzungen besonders brutal mit den Sarazenen auf, die von befestigten Bergnestern aus ihrem Brigantengewerbe nachgingen. Dem beim Kampf um das Sarazenenkastell Jato 1222 um Gnade bittenden Emir Ibn-Abbad, der sich Friedrich zu Füßen warf, gab dieser einen Tritt, schlitzte ihm mit dem Sporn die Seite auf und ließ ihn und seine Söhne einige Tage später hängen.
Etwa 15000 bis 20000 wehrfähige Moslems nebst ihren Familien deportierte er – nach insgesamt fünf, sich über ein Vierteljahrhundert (1222–1246) erstreckenden Feldzügen – nach Lucera, in das apulische Grenzgebiet zum Kirchenstaat, die von ihm zur Jagd bevorzugte Capitanata, wo er in Foggia eine prunkvolle Residenz erbaute und im nahe gelegenen Castel Fiorentino starb. Die ausgesiedelten Sarazenen hatten den abhängigen Status von Kammerknechten (servi curiae), genossen jedoch weitgehende Selbstverwaltungsrechte, auch völlige Religionsfreiheit und waren natürlich immun gegen papale Bannblitze. Rom protestierte vehement, aber vergeblich.
Der Imperator wählte aus dieser Gemeinschaft der »Ungläubigen«, für die er sogar Bildwerke aus dem Orient erwarb, seine (schon im Knabenalter rekrutierte) Leibwache, eine wichtige, ihm gleichfalls unbedingt ergebene Heeresabteilung, ferner einen beträchtlichen Teil seiner Dienerschaft und Beischläferinnen. Allerdings schröpfte er, wie Adel und Städte, so auch seine Lucera-Muslime erheblich; ihr Steueraufkommen betrug ein Sechstel der Gesamtsteuerabgaben der Provinz. Ja, er erlaubte schließlich auf päpstlichen Wunsch den Dominikanern unter diesen Muslimen die Mission, strich deshalb seine Verdienste um die Kirche heraus – und im Sommer 1300 erlitt Friedrichs einstige Militärkolonie noch ein übles Schicksal, die »ungläubige« Einwohnerschaft wurde versklavt, die Stadt rechristianisiert. 31
Inzwischen hatte der Monarch die Erfüllung seines Kreuzzugsgelübdes immer wieder hinausgeschoben. Doch wie sehr die Kurie auf dessen Einhaltung bestand, wie sehr ihr an einer persönlichen Präsenz des Herrschers am heiligen Krieg lag, erhellt auch daraus, daß Papst und Kardinäle nach Konstanzes Tod im Sommer 1222 in Catania Friedrich zu einer neuen Eheschließung drängten, nicht zufällig mit der Erbtochter des Königs von Jerusalem, der erst zwölfjährigen Isabella II. von Brienne (erfolgte ja einst auch Friedrichs Ehe mit der gut zehn Jahre älteren Konstanze unter päpstlichem Druck; S. 203). Man glaubte, den Staufer durch die Krone von Jerusalem leichter ins Heilige Land locken zu können, wobei die vermittelnden Monsignori jetzt sogar die Mitgift für die arme Prinzessin zu geben versprachen, die Erbin eines Reiches, das erst noch zu erobern war.
Wenigstens diese Rechnung ging einigermaßen auf. Friedrich heiratete das mittellose Mädchen am 9. November 1225 in Brindisi, zweieinhalb Jahre später starb Isabella im Kindbett. Der Kaiser aber nahm seinem Schwiegervater noch am Hochzeitstag die Kronrechte (worauf Honorius den Entthronten zu einer Art Verwaltungsangestellten des Kirchenstaats machte, »Protector Patrimonii«), und Friedrich II. führte seitdem den Titel eines Königs von Jerusalem, den die Staufer bis zu Konrads Ende (1268) behielten.
Was den Kreuzzug betrifft, erreichte der Fürst immer wieder
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