Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
einigen süddeutschen Feudalherren im Herbst 1217 in Palästina ein. Von ihm aber erhoffte Honorius besonders viel. Von einem Fürsten, der seine verschwenderische Hofhaltung, Günstlingswirtschaft, seine Zugeständnisse an die Kirche und fast jährlichen Kriege durch flotte Verschleuderung der Krongüter und die schonungslose Schröpfung seiner Untertanen finanzierte; freilich auch Vater der hl. Elisabeth von Thüringen war, deren ehrgeizige Mutter, Königin Gertrud (von Andechs-Meranien), die Schwester des Bamberger Bischofs Ekbert (S. 76 f.), wegen unmäßiger Verwandtenbegünstigung 1213 auf einer Hofjagd von ungarischen Großen im Wald Pilis ermordet worden ist, von Christen selbstverständlich.
Honorius befahl alsbald Bittprozessionen für den Triumph der Ungarn, in deren Land es auch von prunksüchtigen, mit Gold und Juwelen herausgeputzten Prälaten wimmelte, wo viele Priester plünderten, soffen, handelten, hurten, was indes anderwärts nicht viel anders war. Der Papst wallfahrtete selbst barfuß mit Klerisei und Volk durch Rom. Vergebens. Schon nach wenigen Monaten erfolgloser Streifzüge gegen die Sarazenen, die sich zum Kampf nicht stellten, sowie nach allerlei internen Wirren brach der Ungarnkönig mit einigen andren Herren im Januar 1218, vom Fluch des Patriarchen begleitet, den Kreuzzug ab, überdies weniger wohl aus gläubiger Begeisterung unternommen, als weil er ihn seinem sterbenden Vater versprochen und zudem glaubte, dabei die Kaiserkrone von Byzanz gewinnen zu können. 23
Wie man dank eines »ungläubigen« Sultans nicht vernichtet wurde
Mit dem Frühjahr 1218 traf unter dem Kölner Domscholaster Oliver – der nicht die militärische Führung, als populärer Kreuzprediger aber den maßgebenden Einfluß hatte – allmählich die abendländische Hauptstreitmacht in Akkon ein; mehrere hundert Schiffe mit Rheinländern, Westfalen, Friesen, die sich schon vor einem Jahr eingeschifft, in Portugal gegen die Mauren gekämpft und nun gegen die islamische Machtbasis in Ägypten vorzurücken hatten, um von dort aus, ein bereits von Innozenz gefaßter Plan, desto eher Jerusalem, Palästina einnehmen zu können. Allerdings mußte erst die Masse der Krieger umgestimmt werden. Doch Domscholaster Oliver legte sich ins Zeug. Und schließlich – hatte nicht auch Moses in Ägypten gelebt? Und die Gottesmutter auf der Flucht mit dem Jesuskind ...?
Am Nil waren die seit 969 herrschenden schiitischen Fatimiden durch den Ersten Kreuzzug und die Errichtung der Kreuzfahrerstaaten um ihre Hegemonie im östlichen Mittelmeer gebracht, zwei Generationen später durch den Kurden Saladin (VI 550 ff.!) von der Dynastie der Ayyubiden (1171–1250) abgelöst und damit bedeutendes Gebiet endgültig für den sunnitischen Islam zurückgewonnen worden. Jetzt sollte dieses Machtzentrum der »Ungläubigen« vernichtet und der Weg ins Heilige Land geöffnet werden.
Die frommen Operationen verliefen zunächst etwas mühsam, doch erfolgreich.
Ende Mai gingen die Kreuzfahrer gegen das stark bewehrte Damiette im östlichen Nildelta vor, die zweitwichtigste Hafenstadt Ägyptens, schon wiederholt von den »Pilgern« attackiert, 1155, 1169; und 1249, beim Sechsten Kreuzzug, sollte gar ein veritabler Heiliger da kämpfen, König Ludwig IX. von Frankreich (S. 309 ff.).
Damiette war durch einen dreifachen Mauerring geschützt, durch 28 mehrstöckige Türme und 22 befestigte Tore. 1218 nun griffen die Christen vom Nilufer, gegenüber der Stadt, fast ein Vierteljahr lang einen im Fluß stehenden Kettenturm mit Schiffen, Brandern, Wurfapparaten an, deren acht größte Tag und Nacht bis Damiette Steine schleuderten, von denen jeder mehr als dreihundert ägyptische Pfund wog. Der Kettenturm aber, von einer zeitgenössischen Quelle »Schlüssel Ägyptens« genannt, war mit einem zweiten solchen Turm am anderen Ufer derart durch eine Kette verbunden, daß man mit ihr den Fluß sperren und so die ganze Nilmündung kontrollieren konnte.
Die Kreuzfahrer vermochten jedoch den ihnen nächsten vielstöckigen, besonders stark armierten und von einer ausgesuchten Mannschaft erbittert verteidigten Turm erst nach langer Zeit einzunehmen, erst nachdem Domscholaster Oliver, nachmals Bischof von Paderborn und Kardinal von S. Sabina, eine spezielle Belagerungsmaschine konstruiert hatte. Denn damit ließ sich eine durch Flaschenzüge beliebig zu hebende, zu senkende Fallbrücke auf die Turmzinnen praktizieren und am 24. August das Hindernis von oben her
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