Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Zeitgenossen nicht verborgen blieb. Stimmen aus Unteritalien, aus Südfrankreich geißeln sie als Ursache des Christengemetzels, des Heidentriumphes, wobei zwar Pelagius, dem bevollmächtigten Vertreter der Kurie, die häufigsten Vorwürfe galten. Doch hinter ihm stand der Papst, und kein anderer als er hatte einen Ungeeigneten beauftragt. Und kein anderer als er trommelte noch im Jahr des gescheiterten Krieges zu einem neuen, wozu er alle abendländischen Oberhirten ihren Anhang auffordern ließ.
Die alleinige Schuld aber am gerade beendeten Fiasko schob Honorius jetzt, mit dem Bann drohend, auf den Kaiser. Und ganz »unschuldig« freilich war auch er nicht. 28
Papst Honorius drängt den Kaiser zum Krieg
Friedrich II. hatte 1215, einundzwanzigjährig, in Aachen das Kreuz genommen und für den Kreuzzug auch gleich geworben, ohne ihn freilich anzutreten. Vielmehr verschob er ihn von Mal zu Mal, versprach ihn immer wieder. Er überredete Honorius, zerstreute Bedenken, gab sich dankbar, war es vielleicht, stellte sich stets erneut als ergebener Diener des Papsttums dar, war es zeitweise auch, er half ihm zuweilen, etwa indem er Honorius nach über einjährigem Exil im Oktober 1220 die Rückkehr an die Kurie ermöglichte.
Friedrichs zentrales Interesse aber galt unverkennbar der Vereinigung des Reiches mit Sizilien, der Union beider. Dieses fundamentale Konzept freilich bedrohte Ober- und Mittelitalien, also auch den Papst. Ergo suchte Honorius die starken militärischen Kräfte des Königs dem Kreuzzug zuzuführen, ohnedies sein Haupt- und Lieblingsprojekt. Immer jedoch wenn Honorius daran erinnerte, verstand es Friedrich, ihn zu beschwichtigen. Diese Divergenzen durchziehen noch den ganzen Pontifikat Gregors IX., beschäftigten sogar dessen Nachfolger Innozenz IV. noch.
Friedrich II. war zwar als »Pfaffenkaiser«, als Kandidat der Kurie an die Macht gekommen und hatte zu den Päpsten auch lange eine zumindest passable Beziehung erstrebt. Da er aber die ehrgeizige Großmachtpolitik seines Vaters Heinrich VI. wieder aufgreifen, da er sich nicht unterordnen wollte, zumal nicht der noch ehrgeizigeren Großmachtpolitik Roms, mußte es zum Kampf kommen, auch wenn beide Seiten immer wieder einlenkten, weil jeder den anderen brauchte, Friedrich den Papst, zum Beispiel, um Kaiser zu werden, Honorius Friedrichs Truppen für den Kreuzzug, auf den Rom unentwegt bestand. 29
Als der König schon fast vier Jahre das Kreuz genommen, ohne auszurücken, befahl ihm dies Honorius bis spätestens zum 24. Juni 1219, andernfalls er exkommuniziert werden sollte. Doch dann verschob er die Frist bis zum 29. September, und danach, wenn auch bereits recht ungehalten, bis zum 21. März 1220. Und obwohl es auch da, als er noch in Deutschland weilte, nicht zum Abmarsch kam, krönte ihn Honorius – vor allem, um seiner Truppen und seiner Teilnahme am Kreuzzug sicher zu sein – noch im selben Jahr, am 22. November 1220, in St. Peter zum Kaiser.
Friedrich gelobte dabei den Kampf gegen die Feinde der Kirche, was besonders italienische Städte, deren Satzungen und Besitzansprüche betraf. Vieles hob er mit einem Federstrich auf, was dem kanonischen Recht widersprach. Er bestätigte dem Klerus die Freiheit von weltlichen Abgaben und sicherte ihm das Recht auf eigene Gerichtsbarkeit zu. »Ketzer« dagegen, noch immer weit verbreitet, zumal in der Lombardei, bedrohte der Kaiser mit Bann und Güterkonfiskation, was noch die »Ketzer«-Kinder treffen sollte, »da es weit schwerer wiegt, die ewige Majestät zu beleidigen als die irdische«. Ergo wurden auch alle Begünstiger von Häretikern durch strenge Strafandrohungen geschreckt. Nach Henry Charles Lea hat Friedrich gerade durch diese barbarischen »Ketzer«-Erlasse die Kaiserkrönung erlangt und sei der so übernommenen Aufgabe »immer treu« geblieben. Auch sonst kam er den kurialen Bedürfnissen großzügig entgegen. Er leistete dem Papst den Marschalldienst. Er trat in die Bruderschaft der Kanoniker von St. Peter ein und nahm, wie viele Männer seiner Umgebung, nochmals das Kreuz, diesmal aus der Hand des Kardinals Hugo von Ostia, des künftigen Papstes Gregor IX., der im folgenden Jahr (1221) in Mittel-und Oberitalien den Kreuzzug predigte.
Es war dasselbe Jahr, in dem auch der Kaiser am 11. Februar seinen berühmten Appell erließ: »Auf, Ihr Ritter, Ihr Getreuen des Reiches ergreift rasch die Waffen des christlichen Rittertums ...«; wobei er »nicht ohne bitterste Bitterkeit« der
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