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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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in seinem ersten Amtsjahr rund 3000 Ernennungen (Benefizien) bezahlen.
    Das Vermögen von Klerikern, die kein Testament hinterließen, zogen die Päpste einfach ein (ius spolii, ius exuviarum). So holten sie sich die Hinterlassenschaft des Bischofs Gerard von Basel, des Erzbischofs Friedrich von Riga, des Erzbischofs Wilhelm von Gennep, Köln, des Erzbischofs Ortolph von Weisseneck, Salzburg usw. Schließlich reservierte sich Urban V. (S. 139 ff.) den Nachlaß aller Bischöfe, Äbte, Dekane, Pröpste und Rektoren. Dies Spolien-oder Heimfallrecht, auch »Rips-Raps-Recht« genannt, erreichte zur Zeit des avignonesischen Papsttums seinen Höhepunkt. 26
    Verwandt mit den Servitien waren die Annaten, »Jahresgelder« eines Amtes. Ursprünglich Geschenke eines neuen Pfründeninhabers an den Bischof, meist das erste Jahreseinkommen (fructus primi anni, annalia), wurden sie dann vom Papst beansprucht und ihm auch zugeteilt, seit dem 14. Jahrhundert von allen Pfründen.

Nuntii et collectores

    Nicht zufällig kam es während des Exils von Avignon zu einer starken Vermehrung der Annaten, die gerade damals »einen außerordentlich hohen Ertrag« abwarfen (Grisar), sowie zur Intensivierung kurialer Steuerpolitik im Abendland überhaupt.
    Dabei legten die Heiligen Väter auf die Eintreibung ihrer Beute natürlich das größte Gewicht. Seit Beginn des 13. Jahrhunderts entsandten oder autorisierten sie besondere Kuriere, Einnehmer, die mit der Apostolischen Kammer (S. 22 ff.) kontaktierten. Sie hatten die diversen Objekte allerwärts zu verzeichnen, einzuschätzen und die mehr oder weniger sprudelnden Quellen abzuschöpfen. Da sie viele Länder heimsuchten, auch diplomatisch tätig waren, kurz »in alle Verhältnisse hineinschnüffelten« (Grupp), ist es durchaus denkbar, daß sich aus ihrem Geschäftsbereich die Nuntiaturen entwickelten, bei denen es ja auch um »alle Verhältnisse« geht, nicht zuletzt immer wieder um Geld.
    An der Spitze der »nuntii et collectores«, woraus schon ihre Bedeutung erhellt, stand als Generalkollektor meist ein Erzbischof oder Bischof, dem Kollektoren, meist ebenfalls Bischöfe, unterstanden, wie diesen dann Subkollektoren, hauptsächlich die eigentlichen Kassierer, doch fast stets auch Kleriker in höheren Rängen, manchmal wieder assistiert von noch untergeordneteren Beauftragten. Die gesammelten Gelder wurden in Sakristeien der Kirchen sowie in Klöstern in Säcken und Truhen versiegelt, die Fischzüge der Jünger Christi, die meist mit kostspieligem großem Gefolge und Geleitschutz reisten, entsprechend belohnt. Von einem Einsammler wissen wir, daß ihm Papst Johann XXII. täglich drei Goldgulden als Gehalt bewilligte, ein anderer erhielt die Einkünfte eines Jahres von einer vakanten Pfründe, ein weiterer empfahl sich der geneigten Erinnerung seines Herrn – und wurde Bischof von Münster.
    Das Einziehen der Gelder war alles andre als problemlos, es kam zu Klagen über Klagen. Pfründenbesitzer gaben keine Auskunft über den Ertrag ihrer Stellen. Andere Benefiziaten und ganze Kirchen weigerten sich, die Steuern zu entrichten; »ein anderes Mal nahm der weltliche Herr des Ortes die Einkünfte in Beschlag, und der Kollektor wagte nicht, gegen denselben vorzugehen; bald waren es Kriege und Fehden, bald ungünstige Witterung, welche die Einkünfte zum Teil vernichtet hatten ... Konnte der Inhaber einer steuerpflichtigen Pfründe nicht gleich bezahlen, oder war er wegen eines Prozesses um deren Besitz nicht gleich dazu verpflichtet, so wurde durch notariellen Akt eine Zahlungsverpflichtung (obligatio) aufgenommen, und er mußte genügende Bürgschaft stellen« (Kirsch).
    Man zahlte nicht nur nicht gern bei der Eintreibung, man schwindelte auch. Und ist ein Schwindel nicht des andern wert? Bei einer – nach dem Gewicht gelieferten – Einnahme aus dem Bistum Würzburg befanden sich unter 540 Pfund Heller auch fast bescheidene 17 Pfund Falschgeld.
    Widerstand gegen die Kassierer war häufig, und nicht zuletzt sträubten sich manche Bischöfe. Man ging dann mit Zensuren, Strafen, Prozessen, mit Exkommunikation und Interdikt vor. Kein Wunder, daß die päpstlichen Büttel stets unter starker Bedeckung reisten. Trotzdem wurden mehrere überfallen, ausgeplündert, andere gefangengehalten, oft auch die Boten und Bevollmächtigten der Kollektoren verprügelt, beraubt, man drohte sie zu ertränken, gelegentlich zogen sie verkleidet durchs Land oder verschwanden ganz.
    Mancherorts war die Renitenz

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