Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
allgemein.
In der Trierer Kirchenprovinz verzichtete um die Mitte des 14. Jahrhunderts ein Sammler aus Todesangst auf sein Amt. Einem zweiten schlug man die Hand ab, ein dritter wurde gehängt, 1368 auch ein Eintreiber im Münsterland umgebracht, ein Chorherr von Dülmen, ein Jahr früher in Franken der Generalkollektor Bertrand de Macello samt Gehilfen gefangengesetzt, in Würzburg wurden zwei Boten des päpstlichen Kollektors Johannes Guilaberti im Dom ergriffen, im Main liquidiert. Schon zwei Hauptkollektoren Johanns XXII. waren auf dem Rhein überfallen und restlos ausgeraubt worden. Anstoß erregte vor allem »die andauernde und rücksichtslose Forderung nach Geld« (Handbuch der Kirchengeschichte). 27
Übergehen wir weitere Maßregeln kurialer Geldschneiderei, diverse Verwaltungsgebühren, Kanzleitaxen, Bullentaxen (obventiones oder emolumentum bullae), Gnadenbriefe, Visitationsgebühren, Prozeßgebühren, Interkalarfrüchte (fructus medii), Reservationen, Expektanzen, die oft so fraglichen Anwartschaften auf frei werdende Pfründen, ferner Zinsen, Rekognitionszinsen, Subsidien, Dispense von Irregularitäten, zu naher Verwandtschaft etwa, unehelicher Geburt, Strafgelder, Bußgelder, Schmier- und Bestechungsgelder, alle erdenklichen Sonderabgaben – »Wer nicht zahlte, wurde schnell exkommuniziert« (Kolmer).
Wenden wir uns statt dessen wenigstens noch den Kreuzzugszehnten zu, die gerade im 14. Jahrhundert häufig waren.
Mit Kreuzzugszehnten finanzierte man bekanntlich nicht nur die Kriege gegen Sarazenen, sondern auch gegen Christen, beispielsweise gegen die Staufer oder die zur Wiedereroberung des Kirchenstaates. Oft wurden sie völlig zweckentfremdet, dem Gusto der Päpste gemäß. So der unter Gregor X., einem eifrigen Kreuzzügler (VII 349 ff.), beschlossene sechsjährige Kreuzzugszehnt. Der Kreuzzug kam nie zustande, aber der Papst sprach einen Teil des Geldes Philipp von Frankreich zu – wie denn die französischen Könige überhaupt die meisten dieser Zehnten erhielten, und zwar ohne Rechenschaft über ihren Verbrauch geben zu müssen, wenn es nicht zum Kreuzzug kam –, und 12000 Mark davon bewilligte er Rudolf von Habsburg für seinen Zug nach Rom (VII 349 ff).
Die Päpste Johann XXI. und Nikolaus III. verfuhren entsprechend. Martin IV. steckte Kreuzzugsgelder in seinen Kampf um Sizilien und zur Eroberung Aragons. Clemens VI. gewährte Frankreich im Konflikt mit England nicht nur Anleihen, Zehnten, Subsidien, sondern auch Kreuzzugsgelder »in jeweils sehr hohen Beträgen« (Handbuch der Kirchengeschichte). Auch die begehrlichen Fürsten wurden an Kreuzzugssteuern beteiligt, worauf sie freilich (ab bove majori ...) »oft genug dem schlechten Beispiel der Kurie folgten und diese Mittel ungeachtet ihrer Kreuzzugsversprechen für andere Zwecke verwandten« (Seppelt). Schließlich hatte Bonifaz VIII. schon einen Zehnt einfach für den Bedarf der römischen Kirche verlangt. Clemens V. forderte einen sechsjährigen Kreuzzugszehnt ein, und obwohl aus dem Kreuzzug nichts wurde, schrieb Johann XXII. neue Kreuzzugszehnten aus. Als aber keine Kreuzzüge mehr zustandekamen, holte man sich Zehnten zum Kampf gegen die Türken und für sonstige Bedürfnisse. 28
»Unsere Vorgänger verstanden es nicht, Papst zu sein«
Der gewaltige Schatz, den Clemens' VI. Vorgänger angehäuft, zumal Johann XXII. (VII 476 ff.), war in wenigen Jahren verbraucht. Und dies obwohl der Papst den Ausgaben durch Neuorganisation des Apparats, Erweiterung des kurialen Fiskalismus (wobei zusätzliche Ämter natürlich auch zusätzliche Kosten verursachten), durch Steigerung der Einnahmen zu begegnen suchte, durch Ausbeutung des Klerus wie der Laien, was die Christenheit weithin erregte; besonders auch infolge der enormen Zunahme des Provisions-und Expektanzenwesens, der Reservationen, der mit Zahlungen verbundenen papalen Stellenbesetzung, wogegen sich dann die Reformkonzilien des 15. Jahrhunderts wenden. Allein die erzbischöflichen Stühle Deutschlands wurden während des Exils an der Rhone sechsunddreißigmal neu besetzt, darunter das Bistum Bamberg zehnmal; 1344 hatte sein neuer Bischof noch Außenstände für vier Vorgänger mitzubezahlen.
Clemens' Kammer, die höchste päpstliche Finanzbehörde, ehrwürdig »camera apostolica« benannt – obwohl ja die Apostel das Evangelium umsonst verkünden sollten, »kein Gold, kein Silber, kein Kupfergeld« (Mt. 10,10; Mk. 6,8; Lk. 9,3; 10,4), lang ist's her –, Clemens' Kammer kassierte
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