Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
auch für Waldnutzung Geld bezahlen, Weidegelder, Holzzinsen. Und für die Fronen-Ablösung Dienstgeld, Fuhrgeld, Pfluggeld. Hatte aber ein an Geld Bestrafter weder Geld noch Besitz, durfte im Hochmittelalter im Bistum Salzburg ein Pfleger (ein Sachwalter in den verschiedensten, nach Zeit und Gegend differierenden Belangen) die Frau des straffälligen Bauern schänden. Reizte den Pfleger die Frau nicht, durfte er ihre Entehrung dem Gerichtsschreiber überlassen, und mochte auch der nicht, konnte dieser sie dem Amtmann abtreten – »auferladen«. 8
Um wenigstens pars pro toto eine konkrete Vorstellung von den Pflichten dieser Landsklaven zu vermitteln, folgen ein paar Beispiele.
Zunächst eine Zusammenstellung aus dem Herrschaftsbereich des Bamberger Domstifts im 12. Jahrhundert, eines Stifts, dessen Besitz, weit größer als man lange angenommen, vom Rhein bis nach Österreich reichte. Die Unfreien hatten also aus zwölf verschiedenen Orten des Umlands den etwa 40 Bamberger Domkanonikern jährlich an Festtagen und Apostelfesten zu liefern: 65 Mastschweine, 58 Läuferschweine, 106 Ferkel, 18 Schafe, 1045 Hennen, 17260 Eier, 5694 Käse, dazu noch diverse Quanten Milch, Wein, Bier, Getreide etc.
Die ehemalige Benediktinerabtei Prüm (Rheinland-Pfalz) bezog im späten 9. Jahrhundert von ihren Hintersassen jährlich 2000 Doppelzentner Getreide, 1800 Schweine und Ferkel, 4000 Hühner, 20000 Eier, 4000 Eimer Wein, 1500 Goldsolidi beziehungsweise 18000 Silberdenare u.a. Auch mußten die Unfreien Frondienste leisten, Spinn- und Weberzeugnisse herstellen, landwirtschaftliche Geräte, sie mußten an etwa 35 Tagen auf dem Herrenhof helfen, mußten Transportdienste, Botengänge tun und im Winter zur Waldarbeit.
Das Benediktinerkloster Blaubeuren, das nie mehr als ein bis zwei Dutzend Mönche, im 14. Jahrhundert zeitweise überhaupt keinen Mönch hatte, besaß im frühen 16. Jahrhundert (außer den im Kloster selbst liegenden Gutsgebäuden und Gewerbebetrieben, wie Mühlen, Bäckerei, Küferei) 16 Kirchen und 457 Bauerngüter und erhielt in den Jahren 1477 und 1534, laut Rechnungslegung des Abtes: 470 bzw. 436 Hühner, 888 bzw. 963 Hähne, 10777 bzw. 12143 Eier, weiter Hunderte Stück Käse, Öl, Bohnen, Wachs, Pfeffer, Gänse und Kapaune, Wein aus Hunderten von Morgen Weinbergen, weiter 7289 bzw. 7420 Imi Früchte, endlich auch 1318 Pfd. (etwa 940 Gulden) bzw. 1507 Pfd. Geld. Dazu kam noch der gesamte Zehnte.
Je nach Form und Entwicklung der Unfreiheit wie der oft bis ins 12. Jahrhundert fortbestehenden Fronhofwirtschaft (servitia, opera servilia, manoperae, carroperae) waren deren Arten, Ausmaße und Dauer in den einzelnen Epochen, Territorien, Herrschafts- und Agrarverfassungen sehr unterschiedlich. Doch machte man, ohne hier systematisieren zu können und zu wollen, für das Frühmittelalter drei Hauptformen von Frondiensten aus: Für den Leibeigenen, der stets der Jurisdiktion des Grundherren unterstand, das tägliche servitium, das härteste, das zeitlich unbeschränkt zu erfüllen und auch inhaltlich nicht festgelegt war.
Für den nicht voll leibeigenen und strafrechtlich oft staatlicher Gewalt unterworfenen Bauern, der auch Abgaben, meist in Naturalien, zu liefern hatte, eine wöchentliche, zunächst an drei, erst im 12. Jahrhundert an zwei Tagen oder an einem Tag zu besorgende Fron. Endlich gab es noch jene noctes genannten, hauptsächlich im Frühjahr und Herbst fälligen Dienste, die zwischen zwei und zehn Wochen beanspruchen konnten. Dieser (nicht voll leibeigene) Hörige verdiente »sehr wenig oder nichts« (Pirenne) und konnte seine Hufe (Hof) nicht nach seinen Vorstellungen bewirtschaften; seine jüngeren Kinder mußten Taglöhner oder Landstreicher werden.
Häufig, zumal in der binnenfränkischen Region, war die sogenannte corvada, ein jährlich mehrmals während der Pflugzeiten zu erledigender Tagesdienst. Auch kam zu den regelmäßigen Fronen die Bauhilfe, der Weg-, Brücken- und Burgbau, das Holzfällen, Holzholen, Dachdecken, Zäuneflechten, das Düngen, Eggen, Ernten, Dreschen. 9
Bei einem Bauernaufstand in Frankreich brachten die Geknechteten folgende Beschwerden vor: »An St. Johann müssen wir die Wiesen mähen und das Heu in die Scheune fahren, dann die Gräben ausbessern. Im August beginnt die große Fron, die Kornernte, und von einigen Feldern müssen wir den Zehnten abliefern. Im September ist der Schweinezins zu erlegen: von acht Schweinen nimmt der Herr die zwei schönsten, und für die
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