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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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und du, du hast noch nicht einen einzigen Armen getröstet. Du hast zwar vor, deine Speicher zu öffnen, aber nicht um das Elend der Bedrängten zu lindern, sondern um teuer zu verkaufen ...« 15
    So wurden die Ärmsten stets die frühesten Opfer einer Gesellschaftsordnung, von der Müller-Mertens sagt, sie habe »die ursprüngliche Freiheit vernichtet und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zum herrschenden sozialen Prinzip« gemacht, habe die ökonomisch-kulturelle Höherentwicklung »durch grundsätzlich ethisch-moralische Substanzverluste in den menschlichen Beziehungen erkauft«.
    Die Ärmsten wurden die ersten Opfer von Spekulationskäufen, skandalösen Preissteigerungen, von Wucher, falschen Maßen, Raub und Krieg mit seinen flächenhaften Zerstörungen der Felder, der Ressourcen des Gegners. Verzweifelte veräußerten ihr Eigentum und ihre Freiheit. Andere wanderten ab, flohen in die Wälder, wurden »Räuber«, »Banditen«, Bewegungen, Reaktionen, die zeitweise große Ausmaße annahmen, die Dorf um Dorf entvölkerten, das Land verödeten, die in den Kapitularien des fränkischen Reiches bis zum Jahr 843 mehr als 25 Kapitel beschäftigen, während zugleich die Heeresfolge nachläßt, die Fahnenflucht sich häuft, Vorgänge, die Karls »des Großen« immer von neuem wiederholte Rufe zu Frieden und Fürsorge, zur Unterstützung der Hungernden hinreichend erklären. Oder sollte ausgerechnet ein Mann, der fast Jahr für Jahr Krieg, fast fünfzig Feldzüge geführt, der gelassen über Tausende und Abertausende von Sterbenden, von Leichen schritt (IV 497 f.), Mitleid gefühlt haben? Rief er nicht nach Frieden – wie dann die Päpste, wenn sie zum großen Kreuzzug trieben?
    Karl war Christ und abgebrüht wie wohl all diese Edlen, über die Rhabanus Maurus, Abt in Fulda und Erzbischof von Mainz, klagt, daß viele sich mehr um ihre Hunde kümmerten als um ihre Knechte, daß ihre Hunde gut gefüttert und fett waren, indes ihre Bauern darbten, ihre servi hungerten und verhungerten. F. Curschmann, Erforscher des Hungerelends zwischen dem 8. und 13. Jahrhundert, kommt zu der Feststellung: »Daß die Not einen Kaiser, einen Herzog oder Bischof jemals irgendwie berührt hat, hören wir nicht ...« 16
    Nein. Wir hören anderes, das Gegenteil. Nicht zuletzt von Bischöfen, Äbten, von einer Kirche, die den Feudalismus kraft ihrer Erdengüter, ihrer nie nachlassenden Herrschsucht fortgesetzt gestützt, gefördert, glorifiziert und selbst praktiziert hat.

Reichtum der Bischofskirchen

    Der Reichtum der »Kirche der Armen« begann, noch verhältnismäßig bescheiden, bereits in den frühesten Jahrhunderten (III 5. Kap.) und wuchs beträchtlich seit dem ersten christlichen Kaiser (I 224 f. 235 ff.). Die wohl größte Rolle, besitzmäßig gesehen, spielte dann während des Niedergangs der kaiserlichen Macht, der römischen generell und der byzantinischen in Mittelitalien, die Entstehung des sogenannten Patrionum Sancti Petri, aus Landzuweisungen vor allem der Herrscher und durch private Vermächtnisse. Es kam aber auch zu Käufen und »in vielen Fällen zu ungesetzlichem und erpresserischem Erwerb« (Finley).
    Über das anfängliche Wachstum des Patrimoniums, der Haupteinnahmequelle des Papsttums, dessen Güter sich von Gallien über ganz Italien bis Afrika erstreckten, ist fast nichts bekannt. Doch allein auf Sizilien, der Kornkammer Roms, überstiegen im 6. Jahrhundert die Besitzungen des römischen Bischofs, rund 400 Gutsbezirke (massae), vermutlich die dortigen des Kaisers. Die Pächter aber, die Bauern, coloni, mußten sich nicht nur »mit vielfachen Sonderauflagen (zum Beispiel Abstandssummen bei der Heirat eines Sohnes oder einer Tochter) und unablässigen Ausbeutungsversuchen« abfinden (Finley), sondern sollten auch Pachtzins und Steuern in Gold bezahlen. Tatsächlich bezogen die Päpste im frühen Mittelalter allein von ihren sizilianischen Domänen 350 Pfund Gold. Und auf dem Festland enteigneten sie, etwa im 9. Jahrhundert, ganze Landgüter widerrechtlich und derart, daß die Franken eingreifen, die Verwaltung beaufsichtigen und die Unabhängigkeit des Kirchenstaates aufheben mußten.
    So kam es 815, als Papst Leo III., ein Heiliger (sein Fest: neuerdings gestrichen!), nach einer Verschwörung Hunderte von Menschen zum Tod verurteilt hat, zu einem Bauerntumult. Neu errichtete päpstliche Gutshöfe wurden geplündert, niedergebrannt, die Aufständischen aber, als sie nach Rom marschierten, vom Papst ihr

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