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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Kindern, die hieß damals »hous«, sondern die unter einem gemeinsamen Hofrecht stehende und regelmäßig zum Hofgericht zitierte Gesamtheit der einem Herrn gehörenden Unfreien. Man sprach dann von der familia eines nobilis, der familia episcopi oder abbatis. Oder man setzte einfach statt »familia« – mancipia.
    Der gefeierte Kanonist Bischof Burchard I. von Worms (gest. 1025), nebenbei ein skrupelloser Fälscher (V 522), nennt den Hörigenhaufen seiner Domkirche (mit grundherrlichem Besitz in Worms, im Neckarraum, Odenwald, um Heidelberg, Weilburg) familia sancti Petri und läßt in einem »Hofrecht« (Lex familiae Wormatiensis ecclesiae) erkennen, daß auf der untersten Stufe der bischöflichen familia die »mancipia« stehen, unfreie, wie eine Sache zu behandelnde Menschen. Der ausführlichste Paragraph dieses Hofrechts betrifft nicht die christliche Nächsten-und Feindesliebe, sondern vielsagenderweise Mord und Totschlag, »die gleichsam täglich innerhalb der Gemeinschaft des heiligen Petrus nach Art wilder Tiere« geschehen, wobei in einem einzigen Jahr 35 Grundholde (Knechte) schuldlos von Grundholden derselben Kirche getötet worden seien – familia sancti Petri.
    Im übrigen traf jener Engländer ins Schwarze, der da unterschied »those who pray, those who fight and those who work«. Natürlich bleiben allmählich die Stimmen nicht aus, die den Armen selber die Schuld an ihrer Armut geben, die erklären – auch wir kennen diese Töne doch – jeder könne reich werden, stellt er es bloß »richtig« an. Auch sei gar nicht arm, wer sich mit dem Seinen zu begnügen wisse. Andere sehen nur Faulpelze in den Armen, Leute, die sich um die Arbeit drücken, die alles, was sie verdienen, verfressen, versaufen, Mißgünstige, Neider, Habgierige, Gotteslästerer etc. 6a
    Das mittelalterliche Europa baut gänzlich auf dem Bauerntum auf, dem opus servile, der Knechtsfron. Mindestens 90 Prozent seiner Bevölkerung, wenige Ausnahmen beiseite, leben auf dem Land, noch im Spätmittelalter mehr als drei Viertel, und fast alle diese Menschen unterstehen einer Grundherrschaft (villicatio, dominatio, seigneurie), das heißt, die meisten sind leib- und grundherrlich gebunden, sind mehr oder minder versklavt. Sie sind nicht nur pauperes, sondern dediticii, inquilini, auf der tiefsten Stufe: mancipia (servi, ancillae). Sie galten ursprünglich als Sache, als rechtlos; ein durch Geburt (nach dem Stand der Mutter oder der »ärgeren Hand«) oder durch Kauf, durch Raub, Handel, Schuldknechtschaft, Gefangenschaft oder Autodedition (Selbstversklavung) erworbener Status.
    In Landschenkungsurkunden wurden diese Elenden, wie gelegentlich in Kärnten, zuletzt genannt, »mit dem Vieh gemeinsam« (Fresacher). Aber auch in Skandinavien oder in Osteuropa hatte der Sklave eine Rechtsnatur wie Vieh oder bewegliche Habe.
    Die Homines proprii, die Eigenleute, gehörten »mit ihrem Leib und Gut« ihren Herrn, waren ohne jeden Besitz und jedes Vermögen, ohne Freizügigkeit und eigenen Willen, waren unbegrenzt dienstpflichtig. Und ein Teil der deutschen Mediävisten bestritt in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die Existenz eines freien Bauerntums im frühen Mittelalter sogar prinzipiell. Zwar vermochten Unfreie im Lauf der Zeit die ehedem kaum überschreitbaren Schranken ihrer Abhängigkeit zu durchbrechen, konnten Unfreie freigelassen werden, konnte mancher Knecht und Knechtssohn selbst bis in hohe Ränge des Staatsdienstes aufsteigen; doch diese Chance war äußerst gering.
    Gewiß änderten sich auch die Standes Verhältnisse je nach Landschaft, Lehnsrecht, Sachsenspiegel, Schwabenspiegel etc.; aber sie änderten sich eben auch zum Schlechteren. Standen ja die Freigelassenen, im Sozialgefüge den Freien nachgeordnet, in mancher Hinsicht auf der Stufe der Sklaven. Und auch wenn zwischen antiken oder karolingischen servi und spätmittelalterlichen Leibeigenen zu unterscheiden ist, auch wenn diese ihr Schicksal durch den langwierigen Übergang des Frondienstes in eine »Rentengrundherrschaft« – spät genug – verbessern können, unterjocht doch die Bauern in den ostelbischen Gebieten noch in der Neuzeit eine »zweite Leibeigenschaft« schwer. Sie wird in Preußen durch König Friedrich Wilhelm I. teilweise, durch Friedrich II. 1773 in erweiterter Form, endlich durch das allgemeine Landrecht 1794 insgesamt aufgehoben, womit alle Unfreiheit indes noch längst nicht endet. Wo man sie aber im Mittelalter abschafft, geschieht es

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