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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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nicht aus menschenfreundlichen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen. 7

»Jacques Bonhomme à bon dos, il souffre tout«

    In aller Regel wurde der Landsklave, besonders der am meisten geschundene Unfreie (mancipia, servus), bis zuletzt von seinen weltlichen wie geistlichen Despoten nach Strich und Faden ausgenutzt. Sie forderten Frondienste, die erst im späteren Mittelalter zurückgingen und dann häufig durch Abgaben ersetzt wurden, die man freilich auch früher schon verlangte, weshalb der Bauer erheblich – vielleicht ein Drittel oder gar die Hälfte – über den Eigenbedarf produzieren mußte.
    Gewiß, auch Adel, Klerus, Stadtbürger hatten für die Fürsten Dienste zu erbringen, bei der Heerfahrt etwa, der Hoffahrt, dem Steueraufkommen. Doch diese Leistungen waren angesehen und oft mit Privilegien verbunden – wenn auch mit allem Nachdruck daran erinnert sei, daß es im 13. und 14. Jahrhundert allein in Deutschland mehrere hundert gewaltsame Unruhen gab.
    Der unfreie Bauer aber hatte jahraus, jahrein eine außerordentliche Fülle und Vielfalt an Auflagen zu bewältigen, wofür er in der Regel nur ein Minimum an Gegenleistung bekam und obendrein verachtet wurde. »Jacques Bonhomme à bon dos, il souffre tout«; auf deutsch: »Der Bauer ist an Ochsen Statt, nur daß er keine Hörner hat.«
    Man wird fast schwindlig beim Blick auf die Vielzahl der Abgaben, ja nur auf deren Hauptformen, die Werner Rösener im Lexikon des Mittelalters ausbreitet, wenn auch diese Lasten sicherlich weniger katalogartig daherkamen und selbstverständlich nicht alle Bauern mit sämtlichen Forderungen behelligt wurden. Das hing besonders von der Rechtsstellung der Knechte und der Machtposition des Grundherrn ab.
    Immerhin finden sich da für Überlassung des Bodens: ein Grundzins (census) in Form einer Geld- und Naturalabgabe. Ein Rekognitionszins (Fastnachtshuhn, Herbsthuhn, Martinszins etc., auch Herdgeld, Rauchhuhn oder Wurstzins genannt). Ferner, zahlbar beim Gutsantritt, das Einzugs-, Einfahrts-, Gewinngeld oder die Handänderungsgebühr (laudemium, honorarium).
    Als Leibzins für die persönliche Unfreiheit wurde ein Kopfzins (census capitalis) erhoben, eine Heiratsabgabe (maritagium) aber oft bloß von den Frauen. Doch bekam der Leibeigene eine Frau aus einer anderen Grundherrschaft nur mit Erlaubnis seines Herrn. Zum Leibzins rechnete man die schwerste Taxe, das Todfallrecht (mortuarium) beim Tod eines Leibeigenen, auch Sterbefall oder kurzweg Fall genannt: meist das beste Stück Vieh (Besthaupt, Hauptfall) oder das beste Kleid (Bestkleid, Gewandfall); zum Teil auch Bettzeug und Tücher – übrigens, zumindest im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, ein auch von Nicht-Leibeignen zu leistendes Servitium.
    Zu den relevanten Verbindlichkeiten zählte ferner der Zehnt (S. 87 ff.), eine Naturalienabgabe an die Kirche; Zehnten an Laien wurden verboten – Laien sollten nur zahlen, zahlen, um den Zorn Gottes zu befrieden, wie 567 die Synode von Tours lehrt, indem sie ihre Forderung mit dem Beispiel Abrahams begründet. Zum großen Zehnt gehörten Getreide und Wein, zum kleinen oder grünen Zehnt Gartenfrüchte, aber auch, zumindest da und dort, Flachs, Hanf, Rüben, Bohnen, Hopfen u.a.
    An Blutzehnten heimste man die Früchte von Tieren ein, Wolle, Milch, Lämmer. Es gab wenig, was man nicht wollte, schon »weil Gott sein Teil von allem geschuldet war.« Und bereits Erzbischof Caesarius von Arles, Heiliger und nicht von ungefähr Spezialist für »Landseelsorge« (IV 30), fragt: »Ist es denn zu viel, wenn Gott ein Zehntel verlangt?« Und fährt fort, »er könnte neun Zehntel verlangen. Gar oft schickt er Geißeln und Unglück, er entzieht die neun Teile, weil du nicht ein Zehntel geben wolltest.«
    Ja, sie verstehen, mit Verdummten umzugehen. Und reichte das Jungvieh nicht für einen Zehnt, sollte der Bauer für jedes Tier ersatzweise Geld berappen, »ob es sich nun um Füllen, Kalb, Schwein, Gans, Lamm oder Zicklein handelte. Es sollte auch ein Zehnt von Fischen und Eichhornfellen abgeliefert werden« (Nylander) – gelegentlich wurde selbst die Biene einbezogen. (Die Erklärung der Frankenbacher, die Imme sei ein freier Vogel [!], rettete nicht vor der Abgabe an ihren Pfarrer.)
    Wichtige Leistungen waren auch die Vogtei- und Gerichtsgebühren und, seit dem 12. Jahrhundert, die Besteuerung durch den Landesherrn (petitio, exactio, Bede, Steuer, Schatz u.a.).
    Daneben gab es weitere Belastungen. So mußten die Bauern

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