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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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ihm erfolgte seinerzeit der Bruch, dann die offene Feindschaft. Wenzel hielt es lieber mit Papst Johann, der ihn als römischen König anerkannt hatte und vielleicht für eine Kaiserkrönung noch vonnöten war. Animierte Wenzel doch selbst den polnischen Monarchen zur Förderung der päpstlichen Ablaßprofite und verbot um diese Zeit Schmähungen Johanns und Proteste gegen seine Bullen bei Todesstrafe. Als es zu Hinrichtungen kam, soll er geäußert haben: »Und wenn es tausend solche wären, geschehe ihnen wie jenen.«
    Es gab Übergriffe auf beiden Seiten, darunter den Sturm eines schwerbewaffneten Haufens, meist Deutsche, auf die Bethlehemkapelle, wo Hus unentwegt wider den päpstlichen Ablaß wetterte und er, wie er meinte, getötet worden wäre, hätte ihn sein Anhang nicht geschützt.
    Ein paar »der lautesten Schreier«, wie Protestant Albert Hauck formuliert, drei junge Prager Handwerker, Martin Kridelko, Jan Hudec und Stasek Polak, die gegen die »verlogenen und falschen Ablässe« besonders eiferten, »Du lügst, Priester!« bei der Ablaßverkündigung schrien, »Es ist alles Betrug!«, wurden am 11. Juli hingerichtet, strikt entgegen den Abwiegelungen der Ratsherren, derzeit lauter Deutsche, wie es in einer Quelle heißt, »und auch die Bewaffneten bestanden nur aus Deutschen«. Sie wurden hingerichtet, obwohl man Hus, der ihre Verurteilung ungerecht nannte, sich selbst beschuldigte – »
Ich
habe geraten, sich dem Ablaß zu widersetzen.
Ich
habe es getan!« –, versprochen, kein Blut zu vergießen. Schon wenige Stunden später hat man die drei, noch bevor man wegen des großen Menschenauflaufs zur Richtstätte gekommen war, unterwegs geköpft.
    Obwohl Hus aber auch jetzt nicht völlig mit der Hierarchie zu brechen suchte, sich sogar zurückzog, still verhielt, jedenfalls nach der Liquidierung der drei bald als »Märtyrer« gefeierten Männer, schwoll ihm doch immer wieder der Kamm, erklärte er seine Widersacher zu Komplizen des Antichrist, schimpfte er den Papst samt Magistern, Doktoren und Juristen die Mitarbeiter »dieser abscheulichen Bestie«, »die größten Feinde Christi«, könnte doch auf Petri Stuhl auch »der Satan mit zwölf Teufeln« sitzen. 12
    Im Juli hatte die Kurie, da der Prager Papstanhang »nicht mit Geld gespart« (Renate Riemeck), abermals den Kirchenbann über den »Ketzer« verhängt, im Oktober die Bannsentenz verschärft, wobei die Ausführung all der Verbote und Drohungen die gänzliche Ausstoßung des Gebannten aus jeder menschlichen Gemeinschaft bedeutete: »Niemand dürfe, unter Androhung des Interdikts an jedem Ort des Aufenthalts, Hus Speise oder Trank reichen, mit ihm sprechen, mit ihm Käufe oder Verkäufe tätigen, ihm Nachtlager, Feuer oder Wasser anbieten. Alle Zuwiderhandelnden würden mit dem gleichen Bann bedroht. Wenn Hus oder seine Anhänger nicht innerhalb von weiteren 12 Tagen die Absolution erlangen sollten, würde das Interdikt, das Verbot sämtlicher kirchlicher Handlungen, in allen Städten, Dörfern und Burgen ausgerufen, in welchen sich Hus aufhalte ...« 13
    Der Papst befiehlt überdies, die Anhänger des »Ketzers« aus »ihrer Höhle«, der Bethlehemskapelle, zu vertreiben und den Ort der »Ketzerei« unverzüglich niederzureißen.
    Hus ist unschlüssig. Er denkt nicht nur an sich, vielleicht nicht einmal in erster Linie. Er fürchtet auch die Folgen des Interdikts für seine Gläubigen. »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, bekennt er ratlos und hält sich von Oktober bis Dezember 1412 außerhalb von Prag auf, verbreitet aber seine Reformvorstellungen weiter, insgeheim begünstigt durch den neuen Erzbischof Konrad von Vechta, der »hinkende Deutsche« genannt, der dann sogar zu den Hussiten übertritt. Hus kommt wieder nach Prag, verschwindet, er kommt und geht, bis er von Anfang Juli 1413 bis zu seiner Reise nach Konstanz, länger als ein Jahr, ununterbrochen unter dem Schutz einiger Adliger in Südböhmen lebt und arbeitet – »Ich predige in Städten, unter Burgen, auf dem Feld und im Wald« –, während er auf der kleinen Ziegenburg (Kozi hrádek) wohnt, dann bei einer adligen Witwe Anna von Mochov, von einem Husgegner 1418 die »eifrigste Hussitin in ganz Böhmen« genannt, von Hus selbst merkwürdigerweise in seiner Korrespondenz niemals erwähnt. (Fast fühlt man sich etwas an die Flucht [356] von Kirchenlehrer Athanasius erinnert und seinen allerdings langjährigen Unterschlupf bei einer zwanzigjährigen Schönheit: I 385 ff!) 14

Die

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