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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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katholische Kirche verbrennt Jan Hus

    Inzwischen bereitete man das Konzil von Konstanz vor, und König Sigismund, der »Konzilskaiser«, wünschte dringend die Teilnahme von Jan Hus, um derart die Religionswirren in Böhmen zu beenden und das Land vom Häresieverdacht zu befreien.
    Gleich mehrmals ließ Sigismund Hus auffordern, nach Konstanz zu kommen, im Frühjahr 1414 durch die beiden tschechischen Ritter Jan von Chlum und Wenzel von Dubá, rührige Hus-Anhänger, dann durch Heinrich Leffl, einen mit den Reformern sympathisierenden Vertrauensmann König Wenzels. Ja, ein dritter Gesandter Sigismunds, Nikolaus von Jemniste, verhandelte mit Hus, berichtete vom guten Willen seines Herrn, »die Sache zu einem löblichen Ende zu bringen«. Und als endlich noch ein Brief des Königlichen Notars Michael von Priest vom 8. Oktober Hus des Herrschers »lebhafte Freude über seine Entscheidung, nach Konstanz zu kommen«, mitteilte, auch einen königlichen Geleitbrief zu schicken versprach samt einem Vertreter des Königs als königlichem Reisebegleiter »zur größeren Sicherheit«, da erreichte der Brief den Adressaten gar nicht mehr, da war Hus mit Sigismunds Rittern Chlum und Dubá schon seit dem 11. Oktober unterwegs, mit über dreißig Pferden und zwei Wagen. Schließlich stimmten beide Könige, der römische wie der böhmische, darin überein, daß Hus, sollte das Konzil seine Lehre verurteilen und er sich nicht unterwerfen, unversehrt heimkehren könne. Endlich garantierte auch der Geleitbrief Sigismunds, der den »verehrten Magister Johannes Hus« unter seines und des heiligen Reiches Schutz und Schirm stellte, Hussens freie Rückkehr.
    Am 3. November 1414 erreichte Hus Konstanz, zwei Tage darauf eröffnete Papst Johann XXIII. das Konzil.
    Der Heilige Vater aber, der Hus zuvor gebannt und verurteilt hatte, versicherte ihn bei der Ankunft seines persönlichen Schutzes, betonte, ihn nicht zu behindern, in keiner Weise, selbst, wie er sagte, »wenn er meinen eigenen Bruder getötet hätte« – und ließ ihn noch im selben Monat verhaften. Und der König, der ihn immer wieder nach Konstanz geladen und nun, von dem Geleitbruch, der Gefangennahme Hussens unterrichtet, drohte, er werde ihn befreien, müsse er auch persönlich die Türen des Kerkers aufbrechen, der riet Hus alsbald, sich »total in die Gnade des heiligen Konzils zu ergeben«, bußfertig, nicht hartnäckig zu sein, sonst wüßten die Konzilsväter recht gut, was sie mit ihm machen müßten. Ja, er setzte hinzu: »Ich habe ihnen gesagt, ich will keinen Häretiker verteidigen, im Gegenteil, einen hartnäckigen Ketzer würde ich selbst anzünden und verbrennen!« 15
    Noch Ende November wurde Hus unter dem gänzlich aus der Luft gegriffenen Vorwand, er habe, in einem Heuwagen versteckt, aus Konstanz zu fliehen versucht, eingesperrt, wurde er mundtot gemacht, war aber weder angehört noch überführt, noch verurteilt worden, vom Freien Geleit zu schweigen. Zunächst kam er kurz in die Wohnung eines dortigen Domherrn, dann in das Dominikanerkloster (einst von Heinrich Seuse bewohnt) auf der Insel vor der Stadt, wo er in einer Zelle direkt neben der Kloake steckte (in quodam carcere iuxta latrinas). Danach brachte ihn der Konstanzer Bischof in seine Burg Gottlieben, in einen kalten engen Raum im obersten Geschoß des Turmes. Dort lag Hus untertags gefesselt, nachts mit einer eisernen Handschelle in einem Holzkäfig angekettet und ständig von drei Bewaffneten bewacht. Wiederholt erkrankte der durch ein altes Leber- und Gallenleiden Geschlagene schwer. Er bekam Kopf-und Steinschmerzen, Erstickungsanfälle, hohes Fieber, erbrach Blut. Man befürchtete schon das Schlimmste; doch die päpstlichen Leibärzte sorgten dafür, daß der Gefangene, wie es hieß, »nicht auf so gewöhnliche Weise ums Leben käme«. 16
    Längst hatte die Konzilsarbeit begonnen. Zunächst die so wichtige hinter den Kulissen; vor allem durch einige aus Böhmen herbeigeeilte Gegner, wie durch den päpstlichen Prokurator Michael de Causis, durch Johann »den Eisernen«, den Haudegen und Bischof von Leitomysl, sowie den Theologen Stefan Pálec, früher einer von Hus' engsten Freunden, seit etwa 1412 einer seiner ärgsten Feinde, auch Autor eines »Antihus«. Pálec vergoß Tränen im Kerker des Ex-Gefährten – und schickte ihn dann auf den Scheiterhaufen.
    Man operierte mit Arglist, mit Sophistereien, durch Spitzel, Aushorcher, Inquisitoren, Sonderverhöre. Man beeinflußte einzelne, Kardinäle,

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