Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
großenteils zurück.
Die päpstlichen Truppen eroberten alle Kastelle der Präfekten von Vico (S. 54), und 1434 legte Giovanni Vitelleschi seinem Herrn mit Hilfe der Orsini auch Rom zu Füßen. Im nächsten Jahr ließ er den letzten Exponenten dieses alten germanischen, den Päpsten stets todfeindlichen Geschlechts, den rebellischen Stadtpräfekten Giovanni di Vico, einen Bundesgenossen der Colonna, köpfen, worauf Eugen dessen Güter kassierte und seinem geliebten Sohn Vitelleschi das Erzbistum Florenz und die Patriarchenwürde verlieh. 1437 machte der brutale Prälat das ausgehungerte Palestrina, die Hauptstadt der Colonna, dem Erdboden gleich und errang durch die Gefangennahme Antonio Orsinis, des Fürsten von Tarent, den Kardinalspurpur.
Noch gründlicher als dies einst unter Bonifaz VIII. geschah (VII 389 ff.!), ruinierte Vitelleschi Palestrina, riß auch dessen Dom ein und verwendete die marmornen Portale für einen eigenen Palast. Im steten Krieg gegen die Barone zerstörte er weiter die von Lorenzo Colonna verteidigte Festung Zagarolo bis auf den Grund; besiegte Niccolò Savelli, dessen uralte Stammburg bei Albano er schleifen ließ; besiegte ebenso nach monatelanger Belagerung Folignos Corrado Trinci. Nicht viel später wurde Corrado nebst seinen Söhnen Ugolino und Niccolò hingerichtet, und das Haus Trinci, das in den letzten hundert Jahren auch einige Bischöfe gestellt, starb aus.
Dies erlebte Giovanni Vitelleschi allerdings nicht mehr. War der purpurgekrönte Haudegen doch inzwischen wegen seiner stets wachsenden Macht bei Papst Eugen in Ungnade gefallen und selber als Gefangener in der Engelsburg entweder einer Verwundung erlegen oder ermordet worden. Der Vogt der Burg, Antonio Rido, hatte einen »schriftlichen Befehl des Papsts, sich Vitelleschis lebend oder tot zu bemächtigen« (Gregorovius). Eugen aber kassierte die Burgen und Güter des getöteten Kardinals sowie eine Summe Geld (mit Kleinodien) von 300000 Dukaten.
Das Lexikon für Theologie und Kirche verzichtet in seiner 3., völlig neu bearbeiteten Auflage 2001 auf Giovanni Vitelleschi ganz und gar – undankbarerweise angesichts all seiner Verdienste, stellte er ja, so die erste Auflage 1938, »als Legat Eugens IV. Oktober 1434 die päpstliche Herrschaft über Rom wieder her ...« Und über einen großen Teil des Kirchenstaates. 12
Nachfolger Vitelleschis wurde Eugens neuer Günstling, der Kardinal Scarampo, gleichfalls ein Mensch schlimmster Sorte, der in Rom täglich Hinrichtungen vornehmen ließ. Doch Raub, Blutrache, Greuel aller Art erfüllten die Stadt. Sogar Geistliche des Laterans stahlen die Edelsteine von den Hüllen der angeblichen Apostelhäupter, wurden darauf tagelang in einem Käfig auf dem Campo di Fiore zur Schau gestellt, dann gehängt bzw. verbrannt.
Eugen IV., der ehemalige Augustiner-Eremit, wird gewöhnlich als ehrfurchteinflößende Erscheinung hingestellt, als Asket, »mönchisch ernst« (Seppelt), »sittenstreng« (Schuchert/Schütte), »äußerst fromm« (Kelly), »heiliger Ordensmann« (Schnürer), »durch Güte und Wohltätigkeit ausgezeichnet« (Neuss). Doch selbst das katholische Lexikon für Theologie und Kirche (1995) attestiert ihm »brutale Gewaltanwendung«. Als beispielsweise der heiligmäßig genannte Karmeliter Thomas Conecte die völlig verkommene Moral der Kurie öffentlich geißelte, ließ ihn der Heilige Vater foltern und verbrennen. Wie er denn auch bei seinen Kriegen im Kirchenstaat ranke voll und treulos war, je nach Umständen mit seinen Freunden und gegen sie kämpfte, Freunde zu wilden Feinden und Gegner zu Bundesgenossen machte. 13
Eugens Kirchenunion
Als Höhepunkt dieser päpstlichen Regierung gilt die Kirchenunion mit Byzanz auf dem Konzil von Ferrara-Florenz (1437–1439). Doch war die Sache nur für den Papst selbst ein Erfolg.
Der byzantinische Kaiser Johannes VIII. Palaiologos (1425–1448) hatte bereits persönlich, bedrängt von den schon 1422 Konstantinopel belagernden Osmanen, 1423 im Auftrag seines Vaters Manuel II. militärischen Beistand von Ungarn und Venedig erbeten, allerdings vergeblich. Als aber in den folgenden Jahren die Attacken der Türken zunahmen, verhandelte das stets mehr bedrohte Byzanz erneut mit dem Westen, wobei das Unionsproblem ein Politikum wurde zwischen Papst und Basler Konzil. Beide Konkurrenten umwarben die Griechen, beide schickten eine Flottille, und noch unmittelbar vor der Abfahrt wußte die griechische Delegation nicht, mit wem sie fahren
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