Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Soldateska die schlagkräftigste Militärmaschine Europas war und dessen Eliteverbände (Janitscharen), aus zwangsbekehrten Söhnen christlicher Untertanen rekrutiert, für den Kampf überragende Bedeutung hatten. Die Europäer freilich sahen in diesen mit den Parolen, den Symbolen der Kreuzzüge geführten Kriegen lange nichts anderes als eine Fortsetzung ihrer bewaffneten Wallfahrten von einst.
Nur wenige Jahre nach dem serbischen Fiasko auf dem Kosovo polje, im Sommer 1396, führte König Sigismund von Ungarn einen gesamteuropäischen, von beiden Päpsten autorisierten Kreuzzug, eines der letzten Kreuzritterheere überhaupt, längs der unteren Donau gegen die Festung Nikopolis und in ein Desaster. Die Christen, etwa 10000 ungarische, italienische, deutsche, französische Ritter, waren der feindlichen Armee unter dem ersten Osmanensultan Bayezid I. weder organisatorisch noch disziplinarisch, noch taktisch gewachsen, machten die gleichen militärischen Fehler »wie schon vor dreihundert Jahren« (Heer), hatten »in all den Jahrhunderten nichts gelernt« (Runciman).
Sigismund selbst entkam knapp. Gefangene konnten sich, falls sie überlebten, nur durch riesige Lösegelder freikaufen. Tausende waren wieder gefallen, darunter Jean de Vienne, der Admiral von Frankreich, ein lebenslanger Krieger, noch im Tod das ihm anvertraute Marienbanner umkrallend.
Mit dieser den Siegern das Innere des Balkans erschließenden Schlacht begann ganz Europa die Panik vor den Türken zu erfassen, begann der lang anhaltende Mythos ihrer Unschlagbarkeit, wurde der heidnische Abschaum aus dem Osten mit Gog und Magog identifiziert, einer Art Manifestation des Teufelsreiches. 18
Eine Kreuzbulle jagt nun die andere.
Registrieren wir einmal, ohne Vollständigkeit anzustreben, nur Kreuzbullen aus den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts, auch wenn längst nicht alle den Türken oder Mauren gelten und auch nicht jeder Aufruf befolgt wird.
1400 Kreuzbulle zugunsten Kaiser Manuels II. Palaiologos gegen die Türken
1405 Kreuzbulle gegen Tamerlan (Timur) 1405 Kreuzbulle zugunsten König Sigismunds von Ungarn gegen die Türken
1411 Kreuzbulle Gregors XII. gegen seinen Nebenbuhler Johann XXIII.
1413 Kreuzbulle Johanns XXIII. gegen König Ladislaus von Neapel
1420 Kreuzbulle gegen die Hussiten
1421 Kreuzbulle gegen die Hussiten
1427 Kreuzbulle gegen die Hussiten
1431 Zwei Kreuzbullen gegen die Hussiten
1434 Kreuzbulle für Albanien gegen die Türken
1436 Kreuzbulle für den König von Portugal gegen die Mauren
1437 Kreuzbulle für den König von Kastilien gegen Granada
1438 Kreuzbulle für Ungarn gegen die Türken
1442 Kreuzbulle für den König von Portugal gegen die Mauren
1443 Kreuzbulle für den König von Portugal gegen die Mauren. 19
1443 folgt auch eine Kreuzbulle für die ganze Christenheit gegen die Türken. Ein von Papst Eugen IV. angestrebter Zug sollte die Aggressoren aus Europa jagen. Der polnisch-ungarische König Wladislaw III. Jagiello und sein Truppenführer Johannes Hunyadi, der 1443 an der Spitze eines Kreuzzugverbandes bis Sofia vordrang, hatten bereits mehrere Erfolge wider die Türken errungen und mit diesen am 1. August 1444 einen vorteilhaften Frieden geschlossen. Aufgestachelt jedoch von dem päpstlichen Legaten Giuliano Cesarini, kündigte man den Frieden und erlitt am 10. November bei Varna gegen die von Sultan Murad II. befehligte Osmanenarmee eine katastrophale Niederlage. König Wladislaw III., der päpstliche Legat, aber auch 30000 Türken fanden den Tod. 20
Es folgen weitere Kreuzbullen gegen die Verhaßten, 1448 aber verlieren die Christen, was großes Aufsehen erregt, eine zweite Schlacht auf dem Kosovo polje. Und am 29. Mai 1453 verlieren sie sogar Konstantinopel. Vom Westen weitgehend im Stich gelassen, nur von einigen venezianischen Galeeren und ein paar hundert Seeräubern unter dem damals fallenden berühmten genuesischen Piraten Giovanni Giustiniani unterstützt, dringen nach fast achtwöchiger Belagerung 150000, 265000 oder noch mehr Türken unter Allah-Geschrei in Konstantinopel ein. Sultan Mehmet II. reitet hoch zu Roß in die einst von Kaiser Justinian erbaute Hagia Sophia (II 371), auf der Kanzel erschallt das Lob des Propheten, Tausende von Christen werden ausgeraubt, geschändet, abgestochen, 50000 in die Sklaverei geführt.
Mit diesen Schlägen war Byzanz vernichtet, das Schicksal des oströmischen Reiches ebenso besiegelt wie das des Balkans, auch wenn am 22. Juli 1456 das »Wunder von
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