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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Geschichten von ihrem – meist erlogenen – Hostienfrevel (VII 429 f.). Jedenfalls ließ er nach einem solch angeblichen Fall anno 1420 die Juden in seinen Ländern verhaften und ihr Vermögen konfiszieren. Viele töteten sich, wie so oft, eigenhändig, um der Zwangstaufe zu entgehen. Wer sich aber weigerte, Christ zu werden, wurde im nächsten Jahr, Mann wie Frau, bei Wien verbrannt, nach einer zeitgenössischen Quelle mehr als 1300 Menschen (anderwärts liest man von 200 Scheiterhaufenopfern, und alle Juden verbannte man aus Österreich »auf ewige Zeiten«. 32
    Zu größeren Pogromen kam es 1398 auch in Prag, 1404 in Salzburg, 1408 in Segovia, 1453 in Breslau. In Speyer vertrieb man die Juden 1405 und 1435. In Trier ließ sie der Erzbischof 1418 austreiben, nicht ohne zuvor die Tilgung aller Schulden befohlen zu haben. In Mainz kam es 1420 und 1438 zu Ausweisungen. Im selben Zeitraum verjagte man die Juden auch aus Köln, Augsburg, Freiburg, Ravensburg, Wien.
    In Herzogenaurach beschlossen am 25. April 1422 die Bischöfe von Bamberg und Würzburg sowie die zwei Burggrafen, keinen Juden mehr im fränkischen Land wohnen zu lassen. »Was aber daraus gevile, das solt gleich in 3 teil geteilt werden und davon den beden Bischoffen zwei teil und den beden Marggraven ein dritttheil werden.« Christliche Schuldner von Juden sollten bloß noch die Hauptsumme ihrer Schulden zahlen, jedoch nicht den Juden, sondern deren Herrn! Von Schweinfurt melden alle Annalen zum Jahr 1444 ohne jede Angabe eines Grundes, daß »etliche Juden allhie' verbrannt worden sind«.
    Aus Erfurt verstieß man die jüdische Gemeinde 1458, nachdem der Rat der Stadt dem Erzbischof Dietrich von Mainz 7000 Gulden gezahlt. Ein vor dem Reichskammergericht angestrengter Prozeß der Juden wurde durch die Intervention des Papstes, des Erzbischofs u.a. niedergeschlagen, »kostete die Stadt aber viel Geld, nicht zuletzt Bestechungsgelder« (Patze).
    Aus Zürich wurden die Juden 1423, endgültig 1436 vertrieben – »gott und unser lieben frouwen ze lob und eren«. Aus Bern jagte man sie 1427, aus Genf 1454 und 1490. Auch aus Villeneuve, Burgdorf, Schaffhausen exilierte man seinerzeit die Verhaßten. Und 1489 beschloß man allgemein, daß ihnen »zu ewigen Zeiten kein Geleit mehr gegeben werden soll, um in der Eidgenossenschaft zu sitzen«. 33
    Auf der Iberischen Halbinsel ging der Klerus so unbarmherzig gegen die Juden wie anderwärts vor (VII 406 ff.!), ja suchte sie noch bis ins Kleinste zu gängeln, sogar ihre Barthaltung zu regeln, ihre Haarfrisur. Während allerdings ihre Glaubensbrüder in Deutschland oder Frankreich fast stets den Tod einer »Bekehrung« vorzogen, traten die spanischen Juden bei Gefahr oft mit ihren gelehrtesten und reichsten Mitgliedern zum Christentum über – eine schon in der Antike gegenüber den Heiden ausgiebig praktizierte christliche Taktik. Die jüdischen »Conversos« oder »Christiani novi«, die trotz der Taufe insgeheim Juden blieben, wurden »Marranos« genannt (vermutlich vom spanischen »marrana«, Schwein, abgeleitet), in jüdischen Texten »Anussim« (Gezwungene).
    Marranen gibt es auf der Iberischen Halbinsel schon in westgotischer Zeit, doch kulminiert ihre Geschichte und Verfolgung erst während der (spanischen) Inquisition im 15. Jahrhundert. Und die seitdem von Christen verlangte »Blutreinheit« (limpieza de sangre) wurde in manchen Gebieten bis ins 19. Jahrhundert gefordert. Die Marranen gingen zur Messe, zu den Sakramenten, sie ließen ihre Kinder taufen, beachteten aber heimlich die Vorschriften der jüdischen Religion. So kam es schließlich zum Niedermetzeln auch der getauften Juden, 1449 in Toledo und – fünf Tage lang – in Ciudad Real. 34
    Wie kaum irgendwo sonst ging die Judennachstellung in Spanien fast gänzlich vom Klerus aus (VII 406 ff.). Und beträchtlichen Anteil daran hatte der eifernde Dominikaner Vicente Ferrer, einer der führenden Kirchenmänner des frühen 15. Jahrhunderts.
    Der 1419 auf einer Predigtreise durch die Bretagne gestorbene und bereits 1458 heiliggesprochene Antisemit beeinflußte nicht nur die judenfeindliche Gesetzgebung König Ferdinands von Aragón, sondern auch das bekehrungsunwilligen Juden geltende »Ordenamiento de Doña Catalina« der Regentin Katharina, deren Berater und Inspirator der Heilige nicht nur bei dieser, gerade in der ursprünglichen Fassung äußerst harten Anordnung gewesen ist. Bezeichnenderweise wurde diese abgeschwächt, sobald Ferrer Kastilien

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