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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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Zubehör, 60 Patronen Minié-Munition, Tornister & Inhalt. Die steifen Lederstehkragen haben wir dank »Punch« und »Times« abgeschafft. Die Erkenntnisse vierzigjähriger Erfahrung konnten die Militärbehörden nicht davon abbringen, den Soldaten erst dann ins Feld ziehen zu lassen, wenn er halb erwürgt und unfähig war, sich unter seiner Last zu bewegen, bis die öffentliche Meinung und die Zeitungen ihm zu Hilfe kamen. Das Nächste, was ich ausrangieren möchte, ist der grässliche Albert, ***** wie man ihn nennt, auf dem ein Mann in diesem Klima seine Rindfleischration am Mittag braten kann. Denn da das Oberteil aus Lackleder ist, zieht es einen zehnfach größeren Teil der Sonnenstrahlen an, um sein Gehirn rasend zu machen. 22
    Auf den Ebenen um Warna lagernd, hatten die Briten und Franzosen kaum mehr zu tun, als auf Nachrichten über die Kämpfe bei Silistra zu warten, weshalb sie Unterhaltung in den Kneipen und Bordellen des Ortes suchten. Das heiße Wetter und die Warnungen, kein Wasser zu trinken, führten zu einer wüsten Sauforgie, in der man besonders den lokalen – sehr billigen und starken – Raki trank. »Tausende von Engländern und Franzosen drängten sich in den notdürftigen Schänken«, notierte Paul de Molènes, »wo sich all die Weine und Spirituosen unserer Länder in lärmende Trunkenheit ergossen … Die Türken standen vor ihren Türen und betrachteten ohne Emotion oder Erstaunen diese seltsamen Verteidiger, welche die Vorsehung ihnen geschickt hatte.« Schlägereien unter Alkoholeinfluss waren ein tägliches Problem in der Stadt. Hugh Fitzhardinge Drummond, ein Adjutant bei den Scots Fusilier Guards, schrieb seinem Vater aus Warna:
    Unsere Freunde vom Hochlandregiment saufen wie Löcher, und unsere Männer … trinken mehr als früher in Scutari. Die Zuaven sind die unverschämtesten und ungezügeltsten Schurken, die Du Dir vorstellen kannst; sie begehen jedes denkbare Verbrechen. Vorgestern haben sie wieder einen Mann hingerichtet. Letzte Woche wurde ein Chasseur de Vincennes von einem dieser Übeltäter in einem wilden Alkoholrausch mit einem Kurzschwert fast entzweigeteilt. Franzosen trinken eine Menge – ich glaube, so viel wie unsere Männer – und sind dann aufsässiger.
    Die Beschwerden der Bewohner von Warna häuften sich. Die Ortsbevölkerung bestand überwiegend aus Bulgaren, aber es gab eine beträchtliche türkische Minderheit. Die Türken waren verärgert darüber, dass Soldaten in muslimischen Cafés Alkohol verlangten und gewalttätig wurden, wenn sie erfuhren, dass keine Spirituosen zum Verkauf standen. Sie hätten sich zu Recht fragen können, ob ihre Verteidiger nicht eine größere Gefahr für sie darstellten als die Russen, wie der britische Marineoffizier Adolphus Slade in Konstantinopel beobachtete:
    Französische Soldaten lungerten während der Gebete in den Moscheen herum, begafften wollüstig die verschleierten Damen, vergifteten die Straßenhunde … schossen auf die Möwen am Hafen und die Tauben auf den Straßen, verspotteten die Muezzins, die den Azan von den Minaretten riefen, und zerbrachen bedenkenlos gemeißelte Grabsteine, um sie als Straßenpflaster zu benutzen … Die Türken hatten von der Zivilisation gehört und sahen sie nun, wie sie glaubten, erstaunt vor sich. Raub, Trunkenheit, Glücksspiel und Prostitution gediehen unter dem Gleißen einer orientalischen Sonne. 23
    Die Briten bildeten sich rasch eine schlechte Meinung von den türkischen Soldaten, die auf den Ebenen um Warna ihr Lager neben ihnen aufschlugen. »Das wenige, was ich von den Türken gesehen habe, lässt mich vermuten, dass sie sehr schlechte Verbündete sind«, schrieb Raglans Adjutant Kingscote seinem Vater. »Ich bin sicher, dass sie die größten Lügner auf dieser Erde sind. Wenn sie behaupten, sie hätten 150 000 Mann, stellt man bei näherer Nachforschung fest, dass es nur 30 000 sind. So etwas geschieht immer wieder, und nach allem, was ich höre, kann ich nicht verstehen, warum die Russen sie noch nicht niedergetrampelt haben.« Auch die Franzosen hielten nicht viel von den türkischen Soldaten, obwohl die Zuaven, die einen hohen Anteil an Algeriern aufwiesen, gute Beziehungen zu den Türken knüpften. Louis Noir meinte, die britischen Soldaten hätten eine rassistische und imperialistische Einstellung den Türken gegenüber, weshalb sie von den Männern des Sultans weithin gehasst würden.
    Die englischen Soldaten dachten, sie seien nicht in die Türkei gekommen, um

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