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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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stellte einen zweitrangigen Sieg dar – nicht zu vergleichen mit Kronstadt oder St. Petersburg – , und die Schweden blieben trotz starker Annäherungsversuche der Briten unbeeindruckt. Solange die Alliierten keine größeren Ressourcen für die Ostseekampagne aufbrachten, bestand wenig Aussicht, Schweden am Krieg zu beteiligen, geschweige denn St. Petersburg zu bedrohen. Die Alliierten konnten sich über die Bedeutung der Ostsee freilich nicht einigen. Die Franzosen hielten sie für weit weniger wichtig als die Briten – insbesondere Palmerston, der davon träumte, Finnland im Rahmen seines umfassenderen Planes zur Zerstückelung des Russischen Reiches zu erobern – , und sie zögerten, mehr Soldaten für ein Kriegsziel einzusetzen, das ihrer Ansicht nach hauptsächlich britischen Interessen diente. Für Napoleon war die Ostseekampagne höchstens eine nebensächliche Ablenkung, die den Zaren daran hindern sollte, eine noch größere Armee auf der Krim, dem eigentlichen Fokus der französischen Kampagne, ins Feld zu führen.
    ******* Die britische Armee hatte vier Ehefrauen pro Kompanie gestattet, ihre Männer nach Gallipoli zu begleiten. Die Frauen, die von der Armee versorgt wurden (als »zum Bestand gehörig«), leisteten Küchen- und Wäschereidienste.

7
    Alma
    Bald zogen sich die alliierten Flotten auf dem Schwarzen Meer dahin wie ein beweglicher Wald aus Schiffsmasten, durchsetzt von mächtigen schwarzen Rauch- und Dampfwolken. Es war ein prächtiger Anblick – »wie eine riesige Industriestadt auf dem Wasser«, bemerkte Jean Cabrol, der Arzt des französischen Befehlshabers Marschall Saint-Arnaud, der nun todkrank auf der Ville de France ruhte. Jeder französische Soldat hatte in seinem Rucksack Rationen – Reis, Zucker, Kaffee, Schmalz und Zwieback – für acht Tage bei sich, und an Bord der Transportschiffe erhielt er eine große Decke, die er zum Schlafen auf den Dielen ausbreitete. Die Briten besaßen viel weniger. »Das Schlimmste ist«, schrieb John Rose, ein Gemeiner im 50. Regiment, seinen Eltern aus Warna, »dass wir mit unserem Geld kein Glas Grog kaufen können. Wir leben von anderthalb Pfund Graubrot und einem Pfund Fleisch pro Tag, aber das reicht für Männer nicht.« 1
    Die Soldaten auf den Schiffen hatten keine Ahnung, wohin sie gebracht wurden. In Warna hatte man sie über die Kriegspläne im Dunkeln gelassen, weshalb alle möglichen Gerüchte kursierten. Manche glaubten, sie seien nach Tscherkessien unterwegs, andere tippten auf Odessa oder die Krim, doch keiner wusste wirklich Bescheid. Ohne Karten oder Kenntnisse der russischen Südküste, die sie von den Schiffen her betrachteten, als hätten sie die Gestade Afrikas vor sich, kam ihnen die Unternehmung vor wie ein Abenteuer aus dem Zeitalter der Entdeckungsreisen. Das Unwissen beflügelte die Fantasie der Männer, von denen einige glaubten, sie würden sich »im Dschungel« von Russland mit Bären und Löwen auseinandersetzen müssen. Kaum einer konnte sich ausmalen, wofür er kämpfte – abgesehen davon, dass es galt, »die Russen zu schlagen« und »den Willen Gottes zu erfüllen«, um die Briefe von zwei französischen Soldaten in die Heimat zu zitieren. Nach den Ausführungen des Gemeinen Rose zu schließen, wussten viele Soldaten nicht einmal, wer ihre Verbündeten waren. »Wir sind 48 Segelstunden von Seebastopol entfernt«, schrieb er seinen Eltern, wobei sich sein West-Country-Dialekt auf seine Orthografie auswirkte,
    und der Ort, wo wir landen, ist 6 Mailen von Seebastepol entfernt, und unser erster Einsatz wird gegen die Turken und russen sein. Es giebt 30 000 Turken und 40 000 östriecher außer den Frantsosen und Englendern und bald geht es los und wir alle glauben der Feint wird seine Wafen niederlegen, wenn er siet, welche Krefte er gegen sich hat. Und ich hoffe es gefällt Gott uns sicher aus der Schwiriegkeit rauszuholen und mich zu verschonen damit ich in die Heimat zurückkehren kann, dann werd ich euch vom Krieg erzälen. 2
    Beim Start der Expedition waren ihre Anführer unschlüssig, wo sie auf der Krim landen sollten. Am 8. September beratschlagte sich Raglan von dem Dampfer Caradoc mit Saint-Arnaud auf der Ville de France (Raglan, der nur einen Arm hatte, konnte nicht an Bord des französischen Schiffes gehen, und Saint-Arnaud, der unter Magenkrebs litt, war nicht in der Lage, sein Bett zu verlassen, weshalb ihr Gespräch über Mittelsmänner geführt werden musste). Saint-Arnaud erklärte sich schließlich

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