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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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Gewehre zu entsenden). Amerikanische Freiwillige begaben sich zur Krim, um auf russischer Seite zu kämpfen oder als Techniker zu dienen. Vierzig US -Ärzte waren der Sanitätsabteilung des russischen Heeres zugeordnet. Damals schlugen die USA zum ersten Mal vor, Russisch-Amerika, wie Alaska in jenen Jahren hieß, zu kaufen. Diese Transaktion fand 1867 statt.
    ****** »Was Konstantinopel angeht, so können Sie versichert sein, dass es uns gehören wird.«

10
    Kanonenfutter
    Die Nachricht vom Tod des Zaren traf im Lauf des 2. März in Paris und London ein. Königin Viktoria gehörte zu den Ersten, die davon erfuhren. Sie reflektierte in ihrem Tagebuch:
    Der arme Kaiser, leider hat er das Blut vieler tausend Menschen auf dem Gewissen, aber er war einst ein großer Mann, und er hatte bedeutende Qualitäten, darunter auch gute. Was er tat, beruhte auf einer verfehlten, eigensinnigen Vorstellung von dem, was richtig sei und was zu tun und zu besitzen er ein Recht habe. Vor elf Jahren war er hier – durch und durch liebenswürdig und zweifellos wunderbar faszinierend und stattlich. Noch einige Jahre danach war er von Gefühlen der Freundschaft für uns erfüllt! Was die Folgen seines Todes sein mögen, kann niemand vorhersehen. 1
    Der Tod des Zaren wurde sofort überall in Großbritannien in Theatern, auf Versammlungen und an anderen öffentlichen Orten bekannt gegeben. In Nottingham konnte man die Nachricht hören, als der Vorhang nach dem ersten Akt von Donizettis Oper Lucia di Lammermoor gefallen war. Das Publikum jubelte, das Orchester spielte die Nationalhymne, und die Menschen liefen zum Feiern auf die Straßen. Alle waren überzeugt, den Krieg gewonnen zu haben, denn Nikolaus hatte ihn durch seine aggressive Politik herbeigeführt und nun würde Russland bestimmt zur Vernunft kommen und sich rasch um Frieden bemühen. Die Times erklärte Nikolaus’ Tod zu einem Akt höherer Gewalt, zu Gottes Bestrafung des Mannes, der für den Kriegsausbruch verantwortlich war, und rechnete mit einem baldigen Sieg der Alliierten. Die Kurse an der Pariser und der Londoner Börse schossen in die Höhe.
    Es dauerte länger, bis die Nachricht die alliierten Streitkräfte auf der Krim erreichte, und das auf unerwartete Art. Am Abend des 4. März, mehrere Tage vor der telegrafischen Mitteilung, fand ein französischer Soldat eine um einen Stein gewickelte Notiz, die aus den russischen Schützengräben vor den Mauern von Sewastopol herübergeworfen worden war. Der Verfasser, der den Text auf Französisch geschrieben hatte, behauptete, den Standpunkt vieler russischer Offiziere wiederzugeben:
    Der Tyrann der Russen ist tot. Bald wird Frieden geschlossen werden, und wir werden keinen Grund mehr haben, gegen die Franzosen zu kämpfen, die wir schätzen. Wenn Sewastopol fällt, dann deshalb, weil der Despot es gewünscht hat.
    Ein wahrer Russe,
    der sein Land liebt, doch ehrgeizige Autokraten hasst. 2
    Wie sehr solche Russen sich auch nach dem Frieden sehnten, der neue Zar Alexander II . hatte nicht vor, die politische Haltung seines Vaters aufzugeben. Er war bei seiner Machtübernahme 36 Jahre alt, seit dreißig Jahren Thronfolger und blieb im ersten Jahr seiner Herrschaft unverkennbar im Schatten seines Vaters. Er hatte liberalere Neigungen als Nikolaus, da er unter dem Einfluss des Dichters Wassili Schukowski, seines Hoflehrers, herangewachsen und ausgiebig durch Europa gereist war. Zur Enttäuschung seines Vaters zeigte er kein Interesse an militärischen Angelegenheiten, doch er war russischer Nationalist und sympathisierte eindeutig mit der panslawistischen Sache. Alexander schloss nach seiner Thronbesteigung sofort jegliche Friedensgespräche aus, die erniedrigend für Russland sein könnten (kein anderer Frieden erschien den Briten akzeptabel), und gelobte, für die »heilige Sache« seines Landes und für dessen »Ruhm auf der Welt« weiterzukämpfen. Durch Nesselrode ließ er jedoch auch verlauten, dass er offen für Verhandlungen im Einklang mit »der Integrität und Ehre Russlands« sei. Alexander wusste, dass in Frankreich die Opposition gegen den Krieg wuchs, und das Hauptziel seiner Initiative bestand darin, die Franzosen dem Einfluss der Briten zu entziehen, indem er ihnen Hoffnung auf ein frühes Ende der Feindseligkeiten machte. »Zwischen Frankreich und Russland wird der Krieg ohne Hass geführt«, schrieb Nesselrode an seinen Schwiegersohn Baron von Seebach, den sächsischen Gesandten in Paris, der Napoleon den Brief

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