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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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Briten konnten ihre Gräben nicht in den Felsboden vor der Bastion treiben und würden deshalb unter dem Nahbeschuss des Feindes über die offene Fläche laufen und über die Verhaue klettern müssen. Aufgrund der breiten Keilform des Redan würden die Angreifer auch dem Flankenfeuer der Russen ausgesetzt sein, während sie den Graben überquerten und die Brüstung erklommen. Zudem gab es Gerüchte, die Russen hätten den Redan vermint. Immerhin aber war der Redan nach der Eroberung des Malachow durch die Franzosen angreifbarer geworden.
    Wie im Juni warteten die Briten, bis die Franzosen die Führung übernommen hatten, doch sobald sie die Trikolore auf dem Malachow sahen, rannten sie auf den Redan zu. Etliche der tausend Anstürmenden überlebten den Hagel aus Kanonenkugeln, Kartätschen- und Musketenfeuer, überquerten die Verhaue und stiegen in den Graben hinunter, obwohl mindestens die Hälfte der Leitern unterwegs verloren gegangen war. Im Graben brach Chaos aus, denn die Männer wurden aus kürzester Entfernung von den russischen Artilleristen auf der Brüstung über ihnen beschossen. Einige zögerten, die Mauer hinaufzuklettern, andere versuchten, am Boden des Grabens Schutz zu finden. Am Ende gelang es jedoch einer Gruppe von Männern, über die Mauer in die Festung einzudringen. Die meisten wurden getötet, doch sie hatten ein Beispiel gesetzt, und andere folgten ihnen. Zu dieser zweiten Gruppe gehörte Leutnant Griffith von den 23. (Royal Welch) Fusiliers:
    Wir hasteten wie verrückt die Gräben entlang, wobei uns Kartätschenkugeln um die Ohren flogen. Mehrere Offiziere, die verwundet zurückkamen, sagten, sie seien im Redan gewesen und man brauche die Verstärkungen nur noch, um den Sieg zu vollenden. Wir eilten weiter und wurden immer stärker durch verwundete Offiziere und Männer behindert, die man von der Front zurücktrug … »Weiter, das 23.! Hier lang!«, riefen die Stabsoffiziere. Wir kletterten aus dem Graben ins offene Gelände. Das war ein banger Moment. Ich hastete ungefähr 200 Meter, glaube ich, über die Fläche hinweg; Kartätschenfeuer wühlte unablässig die Erde auf, und Männer stürzten an allen Seiten zu Boden. Als ich den Rand des Grabens vor dem Redan erreichte, fand ich unsere Männer völlig verwirrt vor, wenngleich sie immer noch stetig auf den Feind feuerten … [Im Graben] kauerten zahlreiche Soldaten von verschiedenen Regimentern; Sturmleitern, auf denen sich unsere Kameraden drängten, waren gegen die Brüstung gelehnt. Radcliffe und ich packten eine Leiter und stiegen zur Brüstung hinauf, wo wir durch das Gewühl aufgehalten wurden – Verwundete und Tote stürzten pausenlos auf uns herunter. Es war wahrhaft eine aufregende und furchtbare Szene. 29
    Der Graben und die Hänge, die zur Brüstung hinaufführten, füllten sich rasch mit Neuankömmlingen wie Griffith, die wegen des »Gewühls« der über ihnen Kämpfenden nicht hinaufklettern konnten. Das Innere des Redan wurde mit Hilfe einer Reihe von Quergängen effektiv verteidigt. Diese waren mit Russen bemannt, die von hinten ständig Nachschub erhielten. Die wenigen Angreifer, die sich in die Festung vorkämpfen konnten, wurden so aufgehalten, waren hoffnungslos in der Minderheit und mussten ein verheerendes Kreuzfeuer von beiden Flanken am Nordende des Keils über sich ergehen lassen. Der Kampfeswille der im Graben zusammengepferchten Soldaten wurde immer schwächer. Sie ignorierten die Befehle ihrer Offiziere, die Brüstung hinaufzuklettern, und »drängten sich zu Hunderten an der unteren Kante«, berichtete Leutnant Colin Campbell, der die Situation aus den Schützengräben beobachtete, »obgleich sie zu Dutzenden vom Flankenfeuer weggefegt wurden«. Viele verloren vollends die Nerven und rannten zurück zu den Schützengräben. Diese waren jedoch voll von Männern, die ihrerseits auf den Angriffsbefehl warteten. Die Disziplin brach zusammen, und es kam zu einer panischen Flucht nach hinten, an der auch Griffith teilnahm:
    Ich fühlte mich beschämt, obwohl ich mein Bestes getan hatte, und drehte mich widerwillig um, um den Männern zu folgen. In einiger Entfernung sah ich unseren Schützengraben, doch ich erwartete nicht, ihn je zu erreichen. Das Feuer war schrecklich, und ich stolperte über die Toten und Verwundeten hinweg, die den Boden buchstäblich zudeckten. Schließlich erreichte ich zu meiner großen Freude unser Gelände und ließ mich irgendwie in den Schützengraben fallen … Ich hätte erwähnen

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