Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)
wird England das Gleiche tun müssen, und die Vereinigung der beiden Flotten wird zur Vereinigung der beiden Nationen gegenüber Russland führen.« Laut Persigny argumentierte der Kaiser, dass die Entsendung der Flotte die britische Russophobie ansprechen, den Beistand der bürgerlichen Presse hervorrufen und die eher vorsichtige Regierung Aberdeen zwingen werde, sich Frankreich anzuschließen. 17
In Wirklichkeit blieb die britische Flotte bei Malta zurück, während die Franzosen am 22. März von Toulon in See stachen. Die Briten waren verärgert über die Franzosen, weil diese die Krise verschärften, und drängten sie, nicht über Neapel hinaus vorzurücken, damit Stratford Zeit habe, Konstantinopel zu erreichen und eine Regelung zu finden, ehe die französischen Kanonenboote ins Ägäische Meer fuhren. Canning traf am 5. April in der türkischen Hauptstadt ein. Wie er feststellte, waren die Türken bereits selbst drauf und dran, Menschikow Widerstand zu leisten – die nationalistischen und religiösen Emotionen hatten sich aufgeschaukelt – , wenngleich Uneinigkeit darüber herrschte, wie weit sie gehen wollten und wie lange sie auf die militärische Hilfe des Westens warten sollten. Diese Auseinandersetzung vermischte sich mit der langjährigen persönlichen Rivalität zwischen Großwesir Mehmet Ali und Reschid, Stratfords altem Verbündeten, der zu dem Zeitpunkt keine Regierungsbefugnisse besaß. Nachdem Stratford erfahren hatte, dass Mehmet Ali einen Kompromiss mit Menschikow schließen wollte, drängte er ihn, den Russen standzuhalten, und versicherte ihm (auf eigene Verantwortung), dass die britische Flotte den Türken nötigenfalls zu Hilfe kommen werde. Entscheidend sei es, den Konflikt im Heiligen Land (wo Russland einen legitimen Anspruch auf Wiederherstellung seiner Vertragsrechte geltend machen konnte) und die umfassenderen Forderungen des sened -Entwurfs, der zur Aufrechterhaltung der türkischen Souveränität abgelehnt werden müsse, voneinander zu trennen. Der Sultan dürfe religiöse Rechte nicht durch einen ihm von Russland auferlegten Mechanismus, sondern nur durch seine direkte souveräne Autorität gewähren. Nach Stratfords Meinung plante der Zar, seine Protektion der griechischen Kirche als Vorwand zu benutzen, um ins Osmanische Reich eindringen und es zerstückeln zu können. 18
Der Große Rat hielt sich an Cannings Empfehlung, als er am 23. April über Menschikows Forderungen diskutierte. Er war bereit, über die heiligen Stätten zu verhandeln, nicht jedoch über die allgemeinere Frage des russischen Schutzes für die orthodoxen Untertanen Konstantinopels. Am 5. Mai kehrte Menschikow mit einer revidierten Fassung des sened zurück (ohne den Punkt, der die Ernennung des Patriarchen auf Lebenszeit vorsah), doch auch mit einem Ultimatum, dass er, falls das Dokument nicht innerhalb von fünf Tagen unterzeichnet sei, die Hauptstadt verlassen und die diplomatischen Beziehungen abbrechen werde. Stratford redete dem Sultan zu, hart zu bleiben, und das osmanische Kabinett lehnte das Ultimatum am 10. Mai ab. Daraufhin unternahm Menschikow einen verzweifelten Versuch, die Forderungen des Zaren ohne kriegerische Mittel erfüllen zu lassen, und räumte den Türken vier weitere Tage zur Unterzeichnung des überarbeiteten sened ein. Während dieser Atempause fädelten Stratford und Reschid die Entlassung von Mehmet Ali ein, so dass Reschid die Leitung des Außenministeriums übernehmen konnte. Dem Rat des britischen Botschafters folgend, setzte sich Reschid für einen härteren Kurs gegenüber den Russen ein, wobei er voraussetzte, dass dies der sicherste Weg sei, eine Einigung in der religiösen Frage zu erzielen, ohne die Souveränität des Sultans zu gefährden. Reschid erbat sich fünf weitere Tage von Menschikow. Vom osmanischen Botschafter in London, Kostaki Musurus, war zu hören, dass Großbritannien die Hoheitsrechte des Osmanischen Reiches verteidigen werde. Dies ermutigte den neuen türkischen Außenminister, der Zeit brauchte, um seine Ministerkollegen zu einer festeren Haltung gegenüber den Russen zu motivieren.
Am 15. Mai kam der Große Rat erneut zusammen. Die Minister und die muslimischen Führer waren von antirussischen Gefühlen erfüllt, weitgehend inspiriert durch Stratford, der viele von ihnen persönlich aufgesucht und ermahnt hatte, energisch zu bleiben. Der Rat wies Menschikows Forderungen zurück. Dieser erwiderte am Abend, Russland werde nun die Beziehungen zur Hohen
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