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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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europäischen Offiziere zu verstehen (in Omer Paschas Stab dienten zahlreiche Polen und Italiener). Die schillerndsten der türkischen Streitkräfte waren die Baschi-Basuks, Irreguläre aus Nordafrika, Zentralasien und Anatolien, die ihre Stämme in Scharen von jeweils zwanzig oder dreißig Mann verließen. Dieser bunte Haufen von Kavalleristen jeden Alters und jeglicher Erscheinung bahnte sich einen Weg zur türkischen Hauptstadt, um am Dschihad gegen die russischen Ungläubigen teilzunehmen. In seinen Erinnerungen an den Krimkrieg beschrieb der britische Marineoffizier Adolphus Slade, der bei der Ausbildung der türkischen Flotte mitgeholfen hatte, eine Parade der Baschi-Basuks in Konstantinopel, bevor sie an die Donaufront geschickt wurden. Sie trugen zumeist alte Stammeskleidung »mit Schärpen und Turbanen und waren malerisch bewaffnet mit Pistolen, yataghan [türkischen Schwertern] und Säbeln. Manche hatten beflaggte Lanzen bei sich. Jedes Geschwader trug seine Farben und seine Kesseltrommeln nach der Art – wenn nicht genauso – , wie sie ihre Vorfahren beim Marsch zur Belagerung von Wien getragen hatten.« Sie sprachen so viele Sprachen, dass sogar in kleinen Einheiten Übersetzer und Ausrufer beschäftigt werden mussten, um die Befehle der Offiziere weiterzugeben. 29
    Die Sprache war nicht das einzige Problem des Oberkommandos. Vielen muslimischen Soldaten widerstrebte es, christlichen Offizieren zu gehorchen, sogar Omer Pascha, einem serbischen Rechtgläubigen von Geburt (sein wirklicher Name lautete Mihailo Latas), der in einer österreichischen Militärschule ausgebildet worden war, ehe er sich wegen Korruptionsvorwürfen in die osmanische Provinz Bosnien absetzte und zum Islam übertrat. Jovial und gesprächig, genoss Omer Pascha den üppigen Lebensstil, den seine Leitung der rumelischen Armee ihm eingebracht hatte. Er trug eine mit goldenen Tressen und Edelsteinen geschmückte Uniform, unterhielt einen privaten Harem und ließ seine Streitkräfte von einem deutschen Orchester begleiten (auf der Krim spielte es »Ah! Che la morte« aus Verdis kurz zuvor vollendeter Oper Der Troubadour ). Omer Pascha war kein herausragender Kommandeur. Es hieß, er sei wegen seiner schönen Handschrift befördert worden (er hatte als Schreiblehrer des jungen Abdülmecid gedient und war zum Obersten aufgestiegen, als sein Schüler 1839 Sultan wurde). In diesem Sinne war Omer Pascha trotz seiner christlichen Herkunft typisch für die osmanische Offiziersschicht, die, was Beförderungen anging, immer noch auf persönliche Protektion statt auf militärisches Können angewiesen war. Die Militärreformen unter Mahmuds Herrschaft und das Tanzimat mussten erst noch die Grundlagen einer modernen Berufsarmee schaffen, und die meisten türkischen Offiziere wiesen auf dem Schlachtfeld taktische Schwächen auf. Viele hingen noch der veralteten Strategie an, ihre Soldaten weiträumig ausschwärmen zu lassen, statt sie in größeren und kompakteren Gruppen einzusetzen. Das osmanische Heer verstand sich auf »unbedeutende« Überfälle und Scharmützel sowie vor allem auf Belagerungen, doch fehlten ihm, im Unterschied zu den Russen, seit langem die Disziplin und Ausbildung, um geschlossene Formationen unter Einsatz von Glattlaufmusketen zu meistern. 30
    Im Hinblick auf Sold und Lebensbedingungen gab es eine riesige Kluft zwischen Offizieren und Gemeinen. Sie war sogar noch größer als in der russischen Armee, denn viele höhere Befehlshaber lebten wie Paschas, während ihre Soldaten im Krieg monate- und manchmal sogar jahrelang nicht bezahlt wurden. Der russische Diplomat und Geograf Pjotr Tschichatschew schilderte das Problem, als er 1849 an der russischen Botschaft von Konstantinopel arbeitete. Nach seinen Berechnungen betrugen die Jahreskosten für einen türkischen Infanteriesoldaten (Sold, Verpflegung und Uniform) 18 Silberrubel; die entsprechenden Kosten für den russischen Soldaten lagen bei 32, für den österreichischen bei 53, für den preußischen bei 60, für den französischen bei 85 und für den britischen Fußsoldaten bei 134 Rubel. Europäische Soldaten waren schockiert über die Lebensbedingungen der türkischen Einheiten an der Donaufront. »Schlecht ernährt und in Lumpen gekleidet, waren sie die elendsten Vertreter der Menschheit«, meinte ein britischer Offizier. Die ägyptischen Verstärkungen wurden von einem russischen Offizier als »alte Männer und Dorfjungen ohne jegliche Gefechtsausbildung« beschrieben.

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