Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
Haltegeschirre und die Ausrüstung, während sich die Soldaten auf die niedrigen Sitze im LSB setzten. Alle Anzeigen standen auf Grün. Trotzdem zog Kris kräftig an jedem Riemen. Dieses Geschirr war das Einzige, was ihre Soldaten hielt. Zufrieden platzierte sie dann das eigene Hinterteil auf dem niedrigen Kompositstuhl in diesem Minimalraumschiff und streckte die Beine aus, wobei sie darauf achtete, nicht die Steuerpedale zu erreichen. Die Beine des Techs, der hinter ihr saß, rahmten sie ein. Kris hatte einmal einen Schlitten ausprobiert. Mutter hatte entsetzt abgelehnt, als Kris darum bat, bergab fahren zu dürfen. Der Rodelschlitten war geräumiger gewesen als dieses LSB .
Sie prüfte aufs Neue, ob das eigene Sprunggeschirr mit demschmalen Kiel des LSB verbunden war und sah dann nochmals nach, ob alle ihre Ausrüstungsgegenstände an den richtigen Plätzen saßen, zog das Kabinendach herunter und spürte es einrasten. Wie so vieles an dem Sturmboot war das Kabinendach papierdünn; es ergänzte das Boot um nichts weiter als Tarnfähigkeit. Lediglich die Absprunganzüge schützten Kris und ihre Soldaten vor dem Vakuum des Alls und der Hitze des Atmosphäreneintritts.
Der Steuerknüppel rotierte jetzt zwischen ihren Beinen. Das war dann wohl Tommys Testlauf. Trotzdem weckte der Anblick schöne Erinnerungen an einen verdammt tollen Steuerknüppel, den sie selbst schon bewegt hatte. Sie schlängelte sich auf ihrem Platz und spürte, wie das leichte Flugzeug auf ihre Bewegungen reagierte. Größer als ein Rennskiff, aber genauso klasse.
Kris verbannte dann diese Ablenkungen, indem sie den Absprungplan noch mal in Gedanken durchging. Diese Drecksäcke von Entführern folgten ihrerseits einem einfachen Plan. Sie hatten sich das einzige Kind des Generalmanagers von Sequim auf einem Schulausflug geschnappt und das arme Kind dann in die Wildnis des Nordens geschleppt, ehe jemand mitbekam, was geschah. Nicht an den Namen des Kindes denken … viel zu vertraut. Das tut nur weh. Schnell wandte sich Kris wieder dem Problem des heutigen Abends zu. Die Anmarschwege zum Versteck der Entführer waren schwierig, gefährlich – und mit Sprengsätzen gesichert! Bislang hatten die bösen Buben schon zu viele gute Leute überlistet – und umgebracht.
Kris knirschte mit den Zähnen. Wie war es solchen Ratten gelungen, einige der modernsten Fallen und Abwehrmaßnahmen zu erwerben, die man im von Menschen besiedelten Weltraum fand? Bei den Fallen konnte sie es noch verstehen; Menschen lebten inzwischen häufig auf Planeten mit sehr fiesen Viechern. Und wenngleich Kris noch nie Großwild gejagt hatte, freute sie sich auf die jetzige Jagd nach der gefährlichsten Beute überhaupt.Was sie sauer machte, das waren die rechtlichen Schwachstellen, die es Spezialgeschäften ermöglichten, Technik und Gegentechnik zu verkaufen, was Kris’ Job heute Abend verdammt gefährlich zu machen versprach. Normale Menschen benötigten keine EKG -Störsender. Wozu sollte ein braver Bürger eine Lockapparatur brauchen, die die Wärmesignatur eines Menschen simulierte? Verdammter Mist, Kris’ Gefechtsanzug war schon warm geworden; der Schweiß lief ihr den Rücken hinab!
Es war so heiß, dass das Eis schmolz, während Kris zum Ententeich zurücktrabte. Sie blieb gerade lange genug stehen, um kurz an beiden Portionen zu lecken, und fühlte sich gleich schuldig. »Eddy, ich hab dein Eis!«, rief sie, während sie weiterlief. Sie lief so schnell, dass sie schon ein gutes Stück zwischen den Bäumen hervor und auf halbem Weg durch die Grasmulde war, die zum Teich führte, ehe ihr bewusst wurde, dass hier nichts mehr stimmte. Sie blieb langsam stehen.
Eddy war nicht hier!
Der Mann mit den Körnern war gestürzt und lag halb im Wasser. Die Enten drängten sich um ihn und pickten die verstreuten Körner auf.
Zwei Haufen Kleidungsstücke lagen in der Grasmulde. In den Albträumen der kommenden Nacht würde Kris darin die Agenten wiedererkennen, die sie seit Jahren begleitet hatten. Jetzt jedoch ruhte ihr Blick wie gebannt auf Nanna. Sie lag am Boden. Arme und Beine rings um sich gespreizt wie bei einer Stoffpuppe. Auch mit zehn Jahren wusste Kris schon, dass das bei einer richtigen Person überhaupt nicht ging.
Kris schrie los. Sie ließ die beiden Portionen Eis fallen, als sie versuchte, sich beide Hände in den Mund zu stopfen. Kräftig biss sie sich auf die Fingerknöchel und hoffte dabei, die Schmerzen möchten sie aus diesem schlimmen Traum
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