Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
sich Abby zu ihnen, eine Sporttasche am Riemen über einer Schulter. »Ich muss in Form bleiben, um rennen zu können, wenn die Leute anfangen, auf dich zu schießen, meine Liebe.«
Die Sporthalle bot alles, worauf eine verzärtelte Gesellschaft erpicht sein konnte. Jegliche Möglichkeit wurde hier geboten, das Abendbrot wieder abzuarbeiten. Ehe Kris auch nur ein Wort herausbekam, hatte Jack Abby schon zu einem Handballspiel herausgefordert, oder vielleicht war es ja auch andersherum gelaufen. Stirnrunzelnd entschloss sich Kris, ihre Fassade zu wahren. Die Sporthalle bot drei Wellnesskapseln. Von außen sahen sie nach schwarzen Kästen aus. Wenn man sie öffnete, glaubte man so etwas wie einen Mutterleib zu sehen. Wenn man darin lag und die Kapsel wieder geschlossen hatte, konnte sie sachte jeden einzelnen Muskel massieren, war aber auch in der Lage,ein gründliches und doch schmerzfreies Training zu verabreichen.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte eine erfreulich männliche Stimme, und Kris konnte nicht umhin, sich zu fragen, worin der übliche Gebrauch dieser Maschine bestand.
»Ich muss die Kalorien vom Abendessen loswerden«, sagte Kris atemlos, ganz die Prinzessin.
»Mal sehen, welchen Vorschlag ich machen kann«, sagte die Stimme, und Kris spürte ein elektrisches Kribbeln, das an den Zehen begann und rasch die Beine hinauf bis zum Rücken lief, ehe es zu den Fingern wieder hinausrann. »Sie haben einen ausgezeichneten Tonus, Miss. Darf ich ein leichtes Training und eine warme Massage vorschlagen?«
»Ich gebe mich in Ihre fähigen Hände.« Nachdem die Maschine einige Minuten lang sachte ihre Beine und Arme gestreichelt hatte, war Kris bereit, eine Aufforderung auszusprechen wie: »Zeige mir mal, was du alles kannst.« Dann setzte jedoch ein Ziehen und Schieben am Körper ein, und das richtige Trainingsprogramm nahm Fahrt auf. Nach wenigen Minuten ernsthafter Arbeit mit Armen, Beinen, Unterleibsmuskeln und etlichen weiteren Muskelgruppen, von deren Existenz sie noch gar nichts geahnt hatte, ging ihr Atem so schwer wie bei der Grundausbildung auf der Offiziersschule. Zwanzig Minuten später setzte die Abkühlphase ein. Die Maschine entließ Kris, als Jack gerade Abby vom Handballfeld führte.
»Deine vorherige Arbeitgeberin hat dir ein paar Spielzüge gezeigt, die ich noch nie gesehen habe«, sagte Jack ein wenig atemlos und griff nach einem Handtuch.
»Du weißt ja, wie dekadent diese Erdleute sind; wissen nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen, als eine Kunst aus dem zu machen, was echte arbeitende Menschen einfach nur als Spaß bezeichnen würden.« Falls hier Sarkasmus im Spiel war, so verbarg Abby ihn hinter einem freundlichen Lächeln für Jack. Einfach zu freundlich für Kris’ Geschmack. »Du hast selbst ein paar gute Spielzüge gezeigt«, sagte Abby und versteckte ihr Gesicht in einem Handtuch.
»Annehmbare. Hast du eine Massage genossen?«, wandte sich Jack an Kris.
Kris hätte gern das Ergebnis erfahren. Jack war gut; Abby konnte ihn nicht besiegt haben. Doch beide beschäftigten sich mit ihren Handtüchern. Unmöglich für Kris, nach dem zu fragen, was sie nicht von sich aus bekanntgaben. Stattdessen drehte Kris ihre Schultern. »Sehr entspannend. Wir sollten eine solche Kapsel in Haus Nuu haben. Ich denke, ich werde wie ein Baby schlafen.«
Was sie auch tat.
Der Bordroutine folgend, schlief Kris aus. Abby brachte ihr das Frühstück nur wenige Augenblicke vor Mittag. Dass die Schiffsbesatzung sich darauf verstand, sie so passend zu bedienen, brachte Kris auf die Frage, wie viel Privatsphäre mit solcher Art von Luxus vereinbar war, aber sie behielt ihre Neugier für sich. Heute geleitete sie ein anderer Offizier zum Abendessen. Die meisten Personen am Kapitänstisch waren ebenfalls neu; der Stuhl zur Linken des Kapitäns war an diesem Abend für Kris reserviert.
Ihre Bemühungen, das Gesprächsthema auf Informationshäppchen zum Schiffsverkehr zu lenken, ging irgendwie im Auf und Ab der Tischgespräche unter.
Einer der Männer kam gerade von Finlandia, und die übrigen Männer erkundigten sich, ob mit einem Krieg zwischen Xyris und Finlandia zu rechnen war. Der Reisende zuckte die Achseln. »Die entsprechende Rhetorik haben sie schon drauf. Beide haben gute Gründe oder behaupten das jedenfalls. Wer weiß also, was kommen wird?«, schloss er und tupfte sich die Lippen mit der Serviette ab. »Was immer sie machen, es wird nicht gut für die Wirtschaft sein.«
Tom war nicht
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