Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
erhalten, um diese gefährliche Epidemie zu besiegen. Denken Sie daran, dass auch ich Ihren schönen Planeten nicht verlassen kann, solange die Quarantäne Bestand hat. Und ich bin im gleichen Maße gefährdet wie jeder von Ihnen.« Kris ließ sie das verdauen. Die meisten der Nachrichtenleute nickten beifällig.
Ein Reporter jedoch nicht. »Aber hält sich nicht Wardhavens Navy, die zum Teil aus unseren Steuern finanziert wird, bereit,eine Invasion zu starten, falls wir nicht auch Mitglied in Ihrer neuen Society werden?«
Kris behielt einen neutralen Gesichtsausdruck bei, um nichts zu verraten. Nelly war schon dabei, den kursierenden Gerüchten nachzuspüren, aber dieses war noch nicht aufgetaucht. Also war das hier vermutlich der Startschuss, weshalb Kris ihre Worte mit Bedacht wählte. »Wardhaven hat in den vergangenen achtzig Jahren des Friedens prosperiert. Ich kenne niemanden dort, der das würde wegwerfen wollen. Unsere Navy besteht nur aus dem für die Verteidigung nötigen Minimum.«
»Aber wird derzeit nicht jeder eingezogen? Sogar Sie, eine Prinzessin!«
»Himmel, nein! Ich habe mich freiwillig gemeldet, ebenso sehr zur Bestürzung meines Vaters wie zur Enttäuschung meiner Mutter«, sagte sie, darum bemüht, keinen Ärger in ihren Tonfall schleichen zu lassen und den Rhythmus ihrer Worte bedächtig und freundlich zu halten. Sie zeigte ein schräges Grinsen nach Tommys Art. »Vielleicht habe ich auch die Reaktionen verwechselt. Mutters Bestürzung, Vaters Enttäuschung. Es ging an dem Abend damals recht laut bei uns zu Hause zu.« Damit rief sie verständnisvolles Gelächter hervor.
»Aber hat Wardhaven Turantic nicht schon 2318 angegriffen, und hat nicht König Raymond den damaligen Angriff kommandiert?«, rief ihr Inquisitor. Gesichter wandten sich dem Reporter zu; jetzt genoss er die Aufmerksamkeit aller.
Kris nahm sich die Zeit, mehrere Male zu blinzeln, als denke sie scharf nach. Sie hatte so ziemlich alles gelesen, was über ihre Urgroßeltern gedruckt worden war, ehe sie sich in den Geschichtslehrbüchern der Schulen breitmachten. Auch die obskuren Sachen waren ihr nicht unbekannt. Das angesprochene Ereignis spielte nur eine kleine Rolle in Opa Rays früher Laufbahn, aber Kris vermochte sich daran zu erinnern.
»Ich denke, Sie haben sich da in der Zeit geirrt«, sagte sie.»Das war vor über hundert Jahren. Das war die schlimme alte Zeit vor der Society. Sogar noch vor der Unity. Und was die Behauptung angeht, mein Opa Ray hätte den Angriff kommandiert, so machen Sie wohl Witze. Damals war er ein frischgebackener Second Lieutenant. Als ebenso frischgebackener Ensign kann ich Ihnen versichern, dass wir überhaupt nichts kommandieren. Wir gehen dorthin, wohin man uns schickt. Und mir wird gerade gesagt, dass ich jetzt gehen muss, also hoffe ich, dass Sie mich entschuldigen.«
Beifälliges Gemurmel übertönte die nächste Frage des Störenfrieds, und Kris gelang die Flucht zu ihrer Limousine.
Einer Reporterin gelang es, die Sicherheitsabschirmung zu durchdringen. »Ich sehe, dass Sie einen Trainingsanzug der Polizei tragen. Wird das ein neuer Modetrend?«
»Der Cop, der ihn mir gab, sagte, ich hätte ihn mir verdient«, antwortete Kris.
»Es erfordert eine Menge, sich den Respekt dieser Truppe zu verdienen.«
»Dann werden Sie dort nachfragen müssen, was ihnen so gut gefallen hat«, sagte Kris, während sie sich in den Wagen setzte und Jack die Tür schloss.
»Wer war die Frau?«, fragte Kris, als Klaggath sich ebenfalls in den Wagen setzte. Jemand klopfte aufs Dach der Limousine, und sie fuhr los.
»Ihre Mutter ist Polizistin im Ruhestand«, erklärte Klaggath. »Sie brachte Amy mit aufs Revier, als das Kind noch keine Woche alt war. Ich war überzeugt, Amy würde in die Fußstapfen ihrer Mutter treten, aber sie wurde vom Schreiberbazillus befallen und geriet auf die falsche Seite.«
Daraufhin wurde gelacht.
»Aber ihre Storys sind gut. Sie weiß, wie man nachforscht, und begnügt sich nicht mit jedem Scheiß. Und ihre Redaktion hat genug Mumm, um zu publizieren, was sie schreibt. Ich gehedavon aus, dass ihr morgiger Artikel eine interessante Lektüre sein wird.«
Strömender Regen setzte ein und zwang den Fahrer der Limousine zu einem langsamen Tempo. Kris ruhte ihre Augen mit einem Blick durchs Fenster aus, wobei die Aussicht mit den Villen der Reichen begann, dann ländlich wurde und schließlich zu Vororten mit reichlich Baumbestand überging. Sie wusste inzwischen etwa so
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