Kristall der Macht
ähnliche Motive zeigten.
»Und, gibt es Neuigkeiten von unserem Boten, General?«
Kaori blickte sich um. Zwei Männer hatten die Eingangshalle betreten. Sie waren in ein Gespräch vertieft.
»Noch nicht.«
»Das ist bedauerlich. Ich hoffe nur, er hält lange genug durch, um uns zu sagen, wann und wo der Angriff der Rakschun stattfinden wird.«
»Keine Sorge, Fürst. Das wird er.«
Ohne Kaori zu bemerken, schritten die beiden einfach durch sie hindurch, ehe sie in einen der Gänge einbogen. »Nun, dann wollen wir mal hoffen, dass uns noch genügend Zeit bleibt, um unsere Truppen zu formieren.«
»Arkon nimmt seine Aufgabe sehr ernst. Der König vertraut ihm.«
»Der König hat auch seinem Sohn vertraut, und der …«
Die Stimmen wurden leiser. Den Rest des Satzes verstand Kaori nicht mehr. Dennoch, die Männer hatten von Rakschun gesprochen und davon, dass ein Angriff bevorstand. Davon hatten auch die Menschen im Flüchtlingslager geredet. Diese beiden hier schienen sich damit aber sehr viel besser auszukennen. Kaori überlegte nicht lange und folgte ihnen. Bald hatte sie die beiden eingeholt. Der eine war groß und hatte breite Schultern. Ein Auge wurde von einer schwarzen Klappe bedeckt, das Gesicht trug eine lange Narbe. Der andere war einen halben Kopf kleiner und mindestens zehn Jahre jünger, aber prunkvoller gekleidet und von eher schmächtiger Statur.
Freunde waren die beiden nicht. Kaori spürte ganz deutlich das Unbehagen, das in dem Wortwechsel mitschwang. Obwohl der Tonfall höflich war und kein einziges böses Wort fiel, umgab vor allem den Einäugigen eine Aura in dunklem Violett, die darauf schließen ließ, dass er das Gespräch am liebsten sofort beenden würde. Dass er es nicht tat, lag vermutlich daran, dass beide das gleiche Ziel hatten. Wie auf ein geheimes Kommando hin blieben sie gleichzeitig vor einer Tür mit kunstvollen Schnitzereien stehen, wechselten kurz ein paar Worte mit den beiden Posten, die davor Wache standen, und traten ein. Kaori seufzte und folgte ihnen, indem sie einfach durch die Wand hindurchschwebte.
Der Raum schien ein Arbeitszimmer zu sein. Auf einem Tisch lagen unzählige Landkarten und Pergamente ausgebreitet, über die ein alter Mann mit langem schütterem, schlohweißem Haar gebeugt stand. Als er die beiden bemerkte, blickte er auf. »General Triffin, Fürst Rivanon«, sagte er ohne eine nennenswerte Gefühlsregung in der Stimme. »Ich hoffe doch, es gibt keine schlechten Neuigkeiten.«
»Nur gute, mein König«, erwiderte der Jüngere der beiden. »Dank Maels schneller Sprenkeltauben konnte das Heer rechtzeitig vor dem Sturm gewarnt werden. Zum Glück hatte das Unwetter bereits stark an Kraft verloren, als es auf unsere Truppen traf, sodass es keine Schäden zu vermelden gibt.«
»Erfreulich, in der Tat.« Der König nickte. »Und es klingt fast, als hättest du deine Meinung geändert und eingesehen, dass diese Tauben nicht nur als Braten taugen.«
»Nun, wie es aussieht, scheinen sie ganz nützlich zu sein.«
»Und nicht nur das«, warf der Mann mit der Augenklappe ein. »Sie werden entscheidend dazu beitragen, dass wir uns auf den Angriff der Rakschun vorbereiten können.«
»Gibt es neue Nachrichten von Arkon?«, wollte der König wissen.
»Ja, und sehr wertvolle, möchte ich meinen«, gab der General Auskunft.
Der Jüngere starrte den General erbost an: »Aber draußen hast du gesagt, du …«
»Die Botschaften sind streng geheim.« Der General ließ den jungen Fürsten nicht ausreden. »Glaubst du wirklich, dass ich dir da draußen davon erzähle, wo jeder Lakai zuhören kann?«
»Aber hier sind wir unter uns«, kam der König einem Streit zuvor. Er deutete auf zwei Stühle, die vor seinem Arbeitstisch standen, und fügte hinzu: »Wollt ihr euch nicht setzen?« Der General und der Fürst wechselten einen kurzen Blick ohne jede Freundlichkeit und kamen der Aufforderung nach.
»Nun, General. Was gibt es zu berichten?«
»Leider nicht viel Gutes.« Der General seufzte. »Wenn Arkon sich nicht täuscht, umfasst das Heer der Rakschun mehr als doppelt so viele Krieger wie unseres. Offenbar sind auch Söldner aus Ländern jenseits der Steppe darunter und Sklaven, die hoffen, sich mit dem Dienst im Heer nach einem Sieg über Baha-Uddin die Freiheit erkaufen zu können. Das Lager am Gonwe ist gewaltig. Dort fertigen allein hundert Schmiede Tag und Nacht Waffen und Rüstungen an, während die Krieger selbst unermüdlich an den Flößen arbeiten, die
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