Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
Vom Netzwerk:
hatte, verhielt sich der stumme Schmied ihm gegenüber völlig anders als andere Rakschun.
    Bei der Arbeit in der Schmiede war nur wenig davon zu spüren. Hier musste Taro nach wie vor den Blasebalg bedienen, während Arkon unermüdlich Pfeilspitzen herstellte. Wenn sie aber allein waren, kümmerte sich Arkon so fürsorglich um ihn, dass es ihm schon unangenehm war. Die Art, wie der Schmied seine von Blasen übersäten Hände mit Kräutersalbe bestrichen und mit einem Verband umwickelt hatte, hatte Taro ebenso verwundert wie das gute Essen, das er wie selbstverständlich für ihn beschaffte. Außerdem hatte er sich schon zweimal schützend vor Taro gestellt, als Nuru ihn wegen einer Unachtsamkeit hatte schlagen wollen.
    An diesem Morgen hatte Nuru sich deshalb mit Arkon gestritten, der sein Verhalten damit begründet hatte, dass er nicht noch einmal einen Gehilfen verlieren wollte. Taro hatte gehört, wie Nuru mürrisch etwas von einem Buhlen gemurmelt und die Worte mit einer eindeutig obszönen Geste unterstrichen hatte.
    Taro hatte weggesehen und so getan, als hätte er es nicht bemerkt. Vergessen konnte er es nicht. Es war Nuru durchaus zuzutrauen, dass er im Lager das Gerücht verbreitete, Arkon und er würden das Nachtlager miteinander teilen. Ein Gerücht, das Arkon neben Spott und Häme auch Peitschenhiebe und Verbannung einbringen konnte, denn eine Liebe zwischen Männern war bei den Rakschun bei Strafe verboten.
    Aber es gab sie. Von anderen Sklaven hatte Taro hinter vorgehaltener Hand erfahren, dass manche Männer nur zum Schein mit einer Handvoll Frauen in einem Zelt lebten, diese aber kaum anrührten. Hier waren es vor allem die Sklaven, die die Wünsche ihrer Herren zu erfüllen hatten. Ein Martyrium, aus dem so mancher nur einen Ausweg gesehen hatte: den Tod.
    Aber so einer war Arkon nicht, dessen war Taro sich sicher. Auch wenn ihm das Verhalten des Schmieds Rätsel aufgab, war es eindeutig, dass dessen Fürsorge nicht als Annäherungsversuch gedacht war. Was immer Arkon zu dem ungewöhnlichen Verhalten bewog, er hatte andere Gründe.
    Überhaupt war Arkon ein seltsamer Mensch, dem in seinem Leben gewiss schon viel Furchtbares widerfahren war. Glaubte man Nuru, so hatten Truppen aus Baha-Uddin Arkon vor vielen Jahren gefangen genommen, ihn gefoltert und ihm die Zunge herausgeschnitten. Daraufhin hatte Arkon sich lange in den Bergen versteckt und sich allein durchgeschlagen, ehe er den Mut fand, sich seinem Volk wieder anzuschließen. Leicht war es nicht. Was immer er mitteilen wollte, musste er aufschreiben oder durch Gesten verständlich machen, die er mit gutturalen Lauten unterstützte. Für viele war er daher ein Krüppel, dem sie aus dem Weg gingen. Vermutlich hätte man ihn im Lager nicht aufgenommen, wenn er nicht das Schmiedehandwerk beherrscht hätte. Der Angriff auf Baha-Uddin stand unmittelbar bevor, und ein zusätzlicher Schmied war für das Heer von unschätzbarem Wert.
    Seine einzigen Freunde waren vier bunte Tauben, die furchtlos im Zelt ein- und ausflogen. Arkon hatte Taro zu verstehen gegeben, dass er die Tauben in einem verlassenen Nest in den Bergen gefunden und aufgezogen hatte. Seitdem würden sie nicht mehr von seiner Seite weichen. Es war eine rührende Geschichte, die Taro gern geglaubt hätte, aber ihm war aufgefallen, dass Arkon sich seltsam verhielt, wenn eine Taube zu ihm kam. Ganz gleich, ob bei der Arbeit in der Schmiede oder abends im Zelt. Immer, wenn eine Taube angeflogen kam, fing Arkon sie ein und verschwand mit ihr für einen kurzen Moment. Dann ließ er sie wieder fliegen.
    Als wären seine Gedanken eine Vorahnung gewesen, kam in diesem Moment eine Taube mit klatschendem Flügelschlag ins Zelt geflogen. Geschickt landete sie auf dem Tisch, an dem Arkon saß und sein Messer schärfte, und pickte ein paar Brotkrumen auf, die noch von der Abendmahlzeit zurückgeblieben waren.
    Arkon schaute auf. Taro schloss hastig die Augen und stellte sich schlafend. Er war gespannt, was nun passieren würde, und hoffte, dass Arkon ihm den Schlaf abkaufen würde. Durch die halb geschlossenen Lider beobachtete er, wie Arkon das Messer fortlegte, die Taube liebevoll und sanft vom Tisch in die Hand nahm und ihr mit leise summenden Lauten das Gefieder streichelte. Dabei warf er immer wieder einen prüfenden Blick zu Taro hinüber, der vor Anspannung kaum zu atmen wagte.
    Schließlich schien Arkon sicher zu sein, dass sein Sklave schlief. Mit einer geübten Bewegung drehte er die Taube

Weitere Kostenlose Bücher