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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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platzierte sie kurzerhand den Lederbeutel in der Mitte. Aus der Tasche ihres Gewandes holte sie einen schneeweißen flachen Stein hervor, den sie am Strand gefunden und mitgenommen hatte, nahm ihn in die linke Hand und schloss die Finger fest darum. Dann steckte sie die gespreizte rechte Hand den Kristallen entgegen, schloss die Augen und konzentrierte sich.
    Im Thronsaal war es so still, dass man eine Nadel auf den Boden hätte fallen hören können. Alle hielten den Atem an und starrten auf den Lederbeutel.
    Noelani bemerkte es nicht. Mit allen Sinnen spürte sie nach dem Stein in ihrer Hand, erschuf sein Ebenbild vor ihrem geistigen Auge und wob die Worte, die man sie gelehrt hatte, um dieses Bild herum. Obwohl er klein war, ging eine ungeheure Kraft von dem Stein aus. Eine Kraft, die er vor Urzeiten in sich aufgenommen hatte, damals, als alles seinen Anfang genommen hatte. Die Kraft strömte ihr zu, sammelte sich in ihr und mischte sich mit den uralten Worten, die man sie gelehrt hatte. Die Macht der Worte und des Steins wurden eins und formten eine gewaltige Magie, die in ihren Fingerspitzen zu kribbeln begann. Ihre Hände wurden heiß. Die Finger begannen zu schmerzen, aber es war zu früh, den Zauber zu weben. Noch war die Magie nicht bereit, entlassen zu werden. Erst als sie den Schmerz nicht mehr aushalten konnte, gab Noelani sie frei.
    Unter den staunenden Blicken der Zuschauer floss aus jedem Finger ein schillernder Lichtbogen zu einem der Kristalle, die, kaum dass die Lichtbogen sich berührten, sofort von innen heraus zu glühen begannen. Heller und heller leuchteten die Kristalle, verbanden ihre Kräfte untereinander und schufen so eine leuchtende Kuppel über dem Lederbeutel. Das Licht war so hell, dass es in den Augen schmerzte. Es machte es den staunenden Zuschauern unmöglich, zu erkennen, was darunter geschah. Nur ein eigentümliches Knirschen war zu hören.
    Als Noelani wenige Herzschläge später den Arm sinken ließ, verblasste das Licht und gab den Blick frei auf einen schneeweißen Steinklumpen in der Form des Lederbeutels, der auf einem weißen Stück Tischplatte mit fünf Ecken ruhte.
    »Oh … Das … das wollte ich nicht.« Betroffen starrte Noelani auf das steingewordene Holz, das die ebenmäßige, dunkle Tischplatte als weißer Fleck verunstaltete. Auf Nintau hatte sie die Blumen immer auf den felsigen Boden gelegt und einen Stein verwendet, der aus demselben Gestein bestand. So war ihr nicht aufgefallen, dass der Zauber auch auf den Boden wirkte.
    »Ein nettes Kunststück.« Azenor schien das Missgeschick nicht weiter zu bemerken. Sichtlich beeindruckt nahm er den Stein vom Tisch, wog ihn in der Hand und besah ihn sich von allen Seiten. In seinem Gesicht arbeitete es. Offenbar sann er bereits darüber nach, ob und wie sich der Zauber für seine Zwecke anwenden lassen könnte. »Aber wirkt es auch bei Lebewesen?«, fragte er.
    »Darauf hast du mein Wort.« Noelani nickte.
    »Dein Wort genügt mir nicht.« Azenor winkte einen der Pagen heran, die neben der Tür bereitstanden, und befahl: »Lauf und hol einen der Hunde aus dem Zwinger.«
    »Ja, Herr.« Der Page nickte und eilte davon.
    Es dauerte nicht lange, da kehrte er mit einem braunen Hund zurück. Er reichte die Leine dem König, verneigte sich und nahm seinen Platz neben der Tür wieder ein. Azenor schaute Noelani an und deutete dann auf den Hund: »Und? Was ist?«
    Noelani starrte den Hund an, der sich hingesetzt hatte und verspielt in das Ende der Leine biss. Er war noch jung, das erkannte sie auf den ersten Blick. Und sie sollte ihn töten.
    Azenor deutete ihr Zögern richtig. »Willst du, dass ich deinem Volk helfe oder nicht?«, fragte er drohend.
    »Ja.« Noelani ärgerte sich über ihre dünne Stimme. Sie wäre so gern stark und selbstsicher aufgetreten, aber der Hund tat ihr leid. Ihn zu töten würde ihr das Herz brechen und gegen ihre innerste Überzeugung verstoßen.
    »Tu es nicht«, hörte sie Jamak flüstern, der keinen Hehl daraus machte, dass ihm die Entwicklung, die das Gespräch nahm, überhaupt nicht gefiel.
    »Wenn du es nicht kannst oder dich weigerst, es zu versuchen, könnt ihr auf der Stelle von hier verschwinden«, sagte Azenor kühl und wechselte fast übergangslos in einen sanften Tonfall. »Wenn es dir aber gelingt und du dich dafür entscheidest, deine Fähigkeiten zum Wohle Baha-Uddins zu verwenden, soll es dir und deinem Volk an nichts mangeln.«
    »Es ist nur ein Hund«, raunte Samui ihr zu. »Denk an

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