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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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die vielen Leben, die du retten kannst. Die Fischer und Jäger haben auf Nintau auch getötet, um unser Überleben zu sichern. Das hier ist nichts anderes. Ist dieses Tier dir etwa wichtiger als die Menschen am Strand?«
    Noelani nahm einen tiefen Atemzug und nickte. Der Hund tat ihr noch immer unendlich leid, aber Samui hatte recht. Sein Tod würde dazu beitragen, ihrem Volk das Überleben zu sichern. Wie die Jäger auf Nintau durfte auch sie kein Mitleid empfinden. Und dennoch …
    Die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst, nahm sie die Kristalle vom Tisch und legte sie auf den Boden um eines der Tischbeine herum. Der Hund sprang auf und leckte ihr freudig die Hand, als Azenor ihr die Leine reichte. Während sie die Leine am Tischbein befestigte, waren ihre Wangen nass von Tränen. »Verzeih mir«, flüsterte sie dem Hund leise zu, strich ihm zärtlich über den Kopf und griff nach dem weißen Stein, der noch immer auf dem Tisch lag.
    Azenors zufriedenes Lächeln übersah sie ebenso wie Jamaks entsetztes Kopfschütteln. General Triffin war aufgestanden, um besser sehen zu können, zeigte aber keine Gefühlsregung. Samui schien ihre Entscheidung zu billigen. Ein letztes Mal schaute Noelani den Hund an, der ihren Blick aufmerksam erwiderte. Dann schloss sie die Augen und erschuf im Geiste erneut das Ebenbild des weißen Steins …
    »Unglaublich!« In Azenors Stimme schwang ein Tonfall mit, als betrachte er ein Kunstwerk. »Das ist mehr, als ich erwartet hätte.« Er hatte den Hund aus weißem Stein aufgehoben, ihn auf den Tisch gestellt und gab sich ganz seiner Bewunderung hin. Der Hund saß noch immer in derselben Haltung, wie Noelani ihn das letzte Mal gesehen hatte. Der Tod musste ihn schnell ereilt haben, denn nichts deutete darauf hin, dass er Qualen gelitten hatte. Im Gegenteil. Sogar im Tod zeigten die Augen noch immer den freudig aufgeregten Blick, mit dem er Noelani zuletzt angesehen hatte.
    »Ja, die Skulptur ist in der Tat sehr lebensnah.« Jamak machte sich nicht die Mühe, seine Verbitterung zu verbergen. Die Art, wie er Noelani ansah, zeugte von Verachtung und tat ihr weh. Gern hätte sie ihm erklärt, was sie dazu bewogen hatte, Azenors Willen nachzukommen, aber dazu war jetzt keine Zeit. Das musste bis später warten. Alles, was sie tun konnte, war zu hoffen, dass er ihre Beweggründe verstehen und ihr verzeihen würde.
    »Er hat keine Schmerzen gelitten.« General Triffin war näher getreten und legte Noelani mitfühlend die Hand auf die Schulter. Als Einziger im Raum schien er sich nicht nur für das Ergebnis des Zaubers zu interessieren, sondern auch ihre wahren Gefühle wahrzunehmen. »Danke.« Noelani wischte eine Träne fort und versuchte stark zu sein. Innerlich litt sie wie ein geprügelter Hund. Sie hatte getötet. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie bewusst über Leben und Tod eines anderen entschieden und ihm dann eigenhändig das Leben genommen. Der Gedanke war furchtbar und verursachte ihr Übelkeit, auch wenn sie es nicht für sich getan hatte, sondern für ihr Volk. So ähnlich musste sich damals die Maor-Say gefühlt haben, die den fünf Jungfrauen das Leben genommen hatte.
    »Komm her!« Azenor winkte einen Pagen herbei und überreichte ihm die Hundeskulptur mit den Worten: »Stell ihn neben meinen Thron. Er bekommt einen Ehrenplatz.« An Noelani gewandt, fuhr er fort: »Wahrhaftig. Du hast mich überzeugt. Wie groß, sagtest du noch, darf der Raum zwischen den Kristallen sein?«
    »Soweit ich weiß, gibt es da keine Grenze«, sagte Noelani, die sich darüber noch nie Gedanken gemacht hatte. »Meine alte Lehrmeisterin meinte einmal scherzhaft, dass man mit den Kristallen mühelos ganz Nintau in Stein verwandeln könne.«
    »Wunderbar, hervorragend.« Azenors Grinsen wurde noch eine Spur breiter, ganz so als reife hinter seiner Stirn bereits ein Plan heran. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dich schicken die Götter. Nun sage mir, wo deine Leute lagern, damit ich ihnen einen Wagentross schicken kann, mit dem sie in die Stadt gelangen können.«

4
    Kaori hatte es am eigenen Leib erfahren. Und sie hatte es auch schon am Felsen des Dämons erlebt. Trotzdem war das, was sie in König Azenors Thronsaal mit ansehen musste, etwas, das sie niemals vergessen würde.
    Mit Spannung hatte sie beobachtet, wie ihre Schwester den Lederbeutel in Stein verwandelte. Sie hatte mit ihr um das Leben des jungen Hundes getrauert und um nichts in der Welt mit ihr

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