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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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segensreiche Muttergottes um ein Zeichen an. Sie erschien mir in einer Vision und sprach von einer Bruderschaft, die sich der Aufgabe geweiht hatte, ihrem Thron im Heiligen Land wieder zu seinem Recht zu verhelfen. Ich machte diese Bruderschaft ausfindig und trat in sie ein. Das war vor zwanzig Jahren, und immer noch diene ich dieser Gemeinschaft und der Heiligen Jungfrau.«
    Sein von tiefen Gefühlen aufgewühlter Blick wanderte zu Katharina zurück. »Wer war dieser alte Mann, den Ihr Mahmoud nanntet?«

    »Als ich meine Mutter verlor, wurde er mein Vormund.«
    »Ein Heide?«
    »Er glaubt an Gott und betet zu ihm. Sogar noch häufiger, als wir es tun. Doktor Mahmoud ist ein guter Mensch.« Tränen schossen ihr in die Augen. » War ein guter Mensch«, verbesserte sie sich leise.
    Don Adriano hatte seine eigenen Vorstellungen von guten und von gottlosen Menschen, behielt sie aber für sich. Was für ein unschuldiges Mädchen Katharina doch war – wagte sich ganz allein in die Welt hinaus, ohne anderen Schutz als einen gebrechlichen alten Heiden. In Adrianos Herz regte sich ein machtvolles Gefühl, wie er es seit langem nicht mehr gekannt hatte.
    Doch rasch gewann er seine Fassung wieder und wandte sich ab.
    Als er in die Bruderschaft der Marienritter eintrat, hatte er Keuschheit gelobt. Frauen hatten keinen Platz in den Gedanken eines Mannes, der sich auf einer religiösen Mission befand.
    Katharina sah zu, wie die Funken des Feuers zu den gleichgültigen Sternen hochstoben, und Erinnerungen stiegen in ihr auf: wie ihre Mutter ihr die Märchen von Rapunzel und vom Teufel mit den drei goldenen Haaren erzählt hatte. Ihre langen Spaziergänge im Schnee. Wie Isabella nach dem Abliefern einer Stickarbeit mit einem ofenwarmen Strudel heimgeeilt war, ein Festessen und ein wunderbarer Abend für sie beide. Wenn sie in kalten Nächten aneinander geschmiegt schliefen, sah Katharina den Schneeflocken zu, die draußen vor dem Fenster vorbeitanzten, und fühlte sich geliebt und geborgen.
    Sie stocherte in der Asche und sagte leise: »Meine Mutter hätte auch die Goldmünzen nehmen und mich in dem Gasthaus zurücklassen können; mit einer solchen Mitgift hätte sie vielleicht einen reichen Mann gefunden. Aber das tat sie nicht. Sie behielt mich bei sich, zog mich auf und liebte mich. Sie litt Hunger, während doch Goldmünzen in unserer Kammer versteckt waren. Sie opferte sich auf, litt Mangel und bewahrte den Schatz für mich, aber jetzt ist er dahin, im Meer versunken. Ich habe sie enttäuscht, alle ihre Opfer waren umsonst.«
    Adriano nickte ernst. »Die Mutter ist die Erste, die uns liebt, und die Erste, die wir lieben. Der Vater kommt immer später.« Er richtete den Blick auf den Horizont. »Ich diene Gott, aber ich liebe die segensreiche Muttergottes, ihr habe ich mein Leben und meine Seele geweiht.« Dann wandte er den Blick zurück zu Katharina. »Ich empfinde genau wie Ihr, ich habe meine Mutter enttäuscht. Aber wir werden diese Insel verlassen, Senorita. Wir werden hier nicht auf den Tod warten müssen.«
    Katharina schaute zu den kahlen, zerklüfteten Felsen hinüber, die finster und bedrohlich hinter ihnen aufragten, und dachte: Hier wächst doch nichts, hier überlebt doch nichts, wie sollten wir dann überleben? Sie sah Adriano an und bewunderte ihn für seinen Glauben, der so felsenfest war wie der eines Apostels. Adriano hielt Wache, während das Mädchen schlief, und blickte unverwandt in die schwarze See hinaus, hielt Ausschau nach den dort draußen lauernden Gefahren, die er nur zu gut kannte. Er hatte Katharina nicht gesagt, dass es nach dem Schiffbruch noch Schlimmeres zu fürchten gab, wenn sie nämlich von Piraten oder einem türkischen Kriegsschiff aufgegriffen würden. Dann stünde ihnen beiden – einem hilflosen Mädchen und einem christlichen Ritter - ein grausames Schicksal bevor. Dennoch ließ er nicht von seinen Gebeten ab und schöpfte Hoffnung aus den Gedanken an Gott, dass als Erstes ein venezianisches Schiff auftauchen möge. Wie sich herausstellte, waren ihre Retter weder Piraten noch Türken, sondern eine griechische Karavelle, eines der vielen unabhängigen Handelsschiffe, die das Mittelmeer nach allem durchkämmten, was Profit versprach, und jedem zahlenden Herren dienten. In diesem Fall hatte sich der Kapitän auf den Verkauf von Sklaven an den Sultanshof verlegt. Da der Wert eines Mädchens höher lag, wenn es Jungfrau war, drohte er seiner Mannschaft an, jeden persönlich umzubringen,

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