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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Miss Fitzsimmons habe Mrs.
    Threadgood erzählt, er sei ein Doktor. Der Mann rieb sich eine geschwollene Backe und sah etwas blass um die Nase aus. Matthew musste verneinen, er sei kein Zahnarzt, er habe aber gehört, dass im letzten Wagen ein Barbier namens Osgood Aahrens mitfuhr.
    Wie viele Paare auf dem Trail lebten Ida und Barnabas Threadgood in dritter beziehungsweise vierter Ehe, beide waren mehrfach verwitwet und führten eine reiche Kinderschar mit sich.
    Miss Emmeline machte sich unterdes bei Ida nützlich, sie half beim Kochen und Waschen, kümmerte sich um die Kinder und erhielt dafür einen Schlafplatz im Wagen und den Schutz der Familie. Unter den Männern hatte es sich in Windeseile herumgesprochen, dass eine ledige Dame mitreiste, und sie umschwirrten sie wie die Motten das Licht. Das blieb Albertina Hopkins nicht verborgen. »Dieses Mädchen wird Unruhe unter die unverheirateten Männer bringen.
    Denkt an meine Worte, Miss Emmeline Fitzsimmons wird manchen Kampf heraufbeschwören«, erklärte sie. Die anderen Frauen pflichteten ihr bei. Es missfiel ihnen, dass eine junge Frau allein reiste, insbesondere eine junge Frau, die keinen Hehl aus ihrem unverheirateten Status machte. Für den Geschmack der ehrbaren Ehefrauen verhielt sich Miss Fitzsimmons so gar nicht damenhaft und scherzte ein wenig zu offen mit den Männern. Während Albertina Speck in ihrer Pfanne briet, verkündete sie, laut genug für alle, auch für Emmeline, zu hören: »Keine anständige Frau würde ohne Kopfbedeckung herumlaufen und ihr Haar so offen tragen. Wir alle wissen, was mit Isebel in der Bibel geschah.«
    Auch in anderen Dingen hielt Albertina mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Als sie auf dem Trail auf eine Familie von Schwarzen gestoßen waren, die sich allein mit drei Planwagen nach Westen durchschlagen wollte, wurde darüber abgestimmt, ob sie sich der Kolonne von Tice anschließen durften. Emmeline, Silas Winslow, Matthew Lively und Ida und ihr Mann hatten dafür gestimmt, alle anderen hatten den Wunsch abgelehnt. So hatte Arnos Tice den ehemaligen Sklaven aus Alabama erklären müssen, dass es für sie besser sei, nach Kalifornien zu ziehen, wo Schwarze willkommen waren. »Oregon lässt keine Neger herein«, sagte er, und das stimmte auch. Als sie die drei schäbigen Planwagen, sechs Ochsen, zwei Pferde, eine Kuh und eine Familie von fünf Erwachsenen und sieben Kindern auf der offenen Prärie hinter sich ließen, tönte Albertina Hopkins: »Wenn die Farbigen nach Westen wollen, bitte schön. Ich habe nichts gegen diese Leute. Ich meine nur, sie sollten mit ihresgleichen reisen. Und warum jemand da hin will, wo er nicht erwünscht ist, geht über meinen Horizont.«
    Albertina war eine resolute, stämmige Frau mit dem Gesicht einer Bulldogge und einer Stimme, die ihrer Statur entsprach. Sie erging sich ebenso lautstark über ihren christlichen Glauben wie über die zweifelhafte Moral von Miss Emmeline Fitzsimmons. Zwei ihrer Kinder trugen sogar aramäische Namen aus der Bibel – das Mädchen hieß Talitha Cumi, was so viel bedeutete wie »Erhebe dich, kleines Mädchen« und der Knabe Maranatha, das bedeutete »Gott wird kommen«. Albertina, die sich ständig über ihre guten Taten ausließ, vermutlich, weil niemand sonst es tat, folgte aus innerer Überzeugung einem Ruf nach Westen, um den Heiden das Christentum und die Zivilisation zu bringen (obwohl sie sich nicht festlegen wollte, wer genau in Oregon die Heiden waren). Mr.
    Hopkins dagegen war ein stiller, freundlicher Mensch. Er hatte aus erster Ehe eine Schar Kinder mitgebracht, Albertina ihrerseits drei Kinder, und dann gab es noch zwei gemeinsame Kinder. Nach Meinung der gesamten Reisegesellschaft waren sie ausgemachte Blagen, rannten unbeaufsichtigt herum, stibitzten anderer Leute Essen, quälten die Tiere. Albertina indes drückte stets ein Auge zu und erklärte lautstark, was für Engelchen ihre Kinder seien. Jeder Mann bemitleidete den stillen Mr. Hopkins und fragte sich, wie er all dies so geduldig ertragen könne, bis die Schumann-Brüder ihn eines Nachts hinter einer Pappel sitzend fanden, wo er heimlich an einem Krug Whiskey nippte.
    Nachdem sie in der vierten Nacht ihr Lager aufgeschlagen hatten, tönte Albertina über ihrer Pfanne: »Diese Emmeline Fitzsimmons hat mir gesagt, sie sei fünfundzwanzig Jahre alt. Könnt ihr euch das vorstellen?« Sie entrüstete sich weiter, verwendete Begriffe wie
    »sitzen geblieben« und »spätes Mädchen«.

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