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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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verzichtete und das gute Porzellan (soweit es die vielen gefährlichen Flussüberquerungen heil überstanden hatte) sicher verstaut war, achteten die Frauen eisern darauf, dass Kinder und Männer sich vor den Mahlzeiten die Hände wuschen und ein Gebet sprachen, bevor sie ihr Essen hinunterschlangen. Kaum hatten sie am Little Blue River ihr Lager aufgeschlagen, setzten bei Victoria Correll, die ihr erstes Kind erwartete, die Wehen ein.
    Sogleich übernahm die selbst ernannte Geburtshelferin Albertina Hopkins das Kommando. In barschem Ton und für alle durch die Wagenleinwand hörbar, ermahnte sie die schreiende Mrs. Correll, sich nicht so zu gebärden. »Psst, was für ein dummes Ding Sie doch sind! Steht nicht in der Bibel geschrieben, dass die Frau unter Schmerzen gebären soll? All dieses Geschrei ist eine Beleidigung für die Ohren des Allmächtigen.«
    Als Albertina den Wagen für einen Augenblick verließ, um die für die Frauen in einem Pappelhain eingerichtete Latrine aufzusuchen, schlüpfte Emmeline rasch zu der armen Victoria in den Wagen und reichte ihr ein Fläschchen. »Gott mag uns den Schmerz gegeben haben, aber er hat uns auch Mittel und Wege geschenkt, den Schmerz zu lindern. Hier ist ein Kräuterelexir, das mein Vater den Gebärenden immer verabreicht hat. Es wird Ihre Wehen lindern und Ihrem Baby den Weg auf diese Welt erleichtern.« Albertina war außer sich, aber nach diesem Zwischenfall wurde Emmeline immer öfter von Frauen mit speziellen Problemen aufgesucht, denn es hatte sich rasch herumgesprochen, dass sie einen ganzen Vorrat an Medikamenten gegen Schmerzen und generelles Unwohlsein mit sich führte.
    Am östlichen Rand des Cheyenne-Territoriums machte der Tross an einem angeschwollenen Fluss mit gefährlicher Unterströmung Halt. Normalerweise hätte man hier ein Lager aufgeschlagen, bis das Wasser wieder gesunken war, die Männer jedoch, denen die Nähe zu unfreundlich gesonnenen Indianern nicht behagte, plädierten dafür, die Flussüberquerung zu wagen. Albertina Hopkins Einwände, dass man an einem Sonntag derlei schwere Arbeiten nicht ausführen dürfe, stießen auf taube Ohren. Als dann ausgerechnet Corrells Wagen umstürzte und Mrs. Correll und ihr Neugeborenes in das nasse Grab riss, verkündete Albertinas triumphierender Blick, habe ich es nicht gesagt?
    Emmeline und Florine Benbow kümmerten sich um die Leichen, kleideten Mrs. Correll in ihr Sonntagskleid und wickelten das Baby in die schönste Decke, die sie finden konnten. Silas Winslow fertigte ein kostenloses Foto von den beiden als Andenken für Mr. Correll, der in seinem Kummer sogar ein Pferd von den Schumann-Brüdern annahm, nach Missouri zurückritt und nie wieder gesehen wurde.
    Der Treck zog weiter.
    Silas Winslow, in dessen Planwagen Kupferplatten klapperten und Flaschen mit Chemikalien klirrten, betrieb weiterhin einen lukrativen Handel mit Andenken an die Toten, da der Treck von weiteren Missgeschicken wie Lungenentzündung, Ruhr und von Wagenrädern zermalmte Kinder heimgesucht wurde. Nicht einer bemängelte, dass Dr. Matthew Lively keines der Leben zu retten vermochte, was konnte ein Doktor schließlich gegen verheerende Krankheiten und schwerste Verletzungen ausrichten? Er machte sich indes auf andere Weise nützlich, er half beim Zimmern der Särge und füllte die Totenscheine für die Familienangehörigen aus.
    Am 9. Juni erreichte der Treck den Platte River, ein breites Band fließenden Schlammes, das von den Rocky Mountains bis zum Missouri träge S-Kurven zog. Die Auswanderer waren jetzt dreihundert Meilen von Independence entfernt und hatten somit die erste Etappe ihrer Reise beendet. Von nun an führte der Trail durch eine völlig anders geartete Landschaft: Die Ebene zu beiden Seiten des Platte war mit kurzem Gras bedeckt, aber völlig baumlos, mit kümmerlichen Büscheln wilden Salbeis, Kakteen und Fettholz. Hier trafen die Reisenden zum ersten Mal auf eine merkwürdige Form der Kommunikation: Von der Sonne gebleichte Büffelschädel, mit Nachrichten der vorausziehenden Wagenkolonnen voll gekritzelt, säumten den Trail. Beispielsweise warnte ein solchermaßen beschrifteter Schädel die Nachfolgenden, dass der Weg vor ihnen voller Morastlöcher sei und es Ärger mit den Pawnee-Indianern geben könne.
    Die Reise wurde immer beschwerlicher. Unter der drückenden Sommerhitze entwickelten sich viele Krankheiten. Das Holz der Wagenräder trocknete aus und brach, Wagen stürzten um. Um auf den holzlosen Plains

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