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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Himmel... Er betete für Kristin und ihr Kind. Dann betete er für sein Weib und sich selbst. Schließlich betete er um Kraft, auf daß er Erlend Nikulaussohn geduldigen Sinnes ertrage, solange er den Eidam hier auf seinem Hofe zu sehen gezwungen war.
    Lavrans wollte es nicht zulassen, daß sein Tochtermann sich auf den Heimweg begab, ehe es sich zeigte, welcherart die Verletzung an seinem Handgelenk war. Und er wollte nicht, daß Erlend allein zurückging.
    „Kristin würde sich freuen, wenn Ihr mitkämt“, sagte Erlend eines Tages.
    Lavrans schwieg eine Weile. Dann brachte er eine Menge Einwände vor. Ragnfrid würde gewiß nicht gern allein hier auf dem Hof bleiben. Und führe er schon einmal so weit nach Norden, so würde er wohl schwerlich zur Frühjahrsarbeit zurückkommen. Aber es endete doch damit, daß er mit Erlend fortzog. Er nahm keinen Mann mit - heimwärts wollte er mit dem Schiff nach Raumsdal reisen; dort konnte er sich für den Heimweg durchs Tal Pferde ausleihen - er hatte überall längs dem Wege Bekannte.

Sie redeten nicht viel auf ihrer Wanderung, aber sie kamen gut miteinander aus. Es war für Lavrans nicht leicht, mit dem anderen gleichen Schritt zu halten; er wollte nicht merken lassen, daß ihm der Eidam zu rasch ging. Aber Erlend erkannte dies und richtete sich gleich nach dem Schwiegervater. Er gab sich große Mühe, dem Vater seiner Frau zu Gefallen zu sein -und er hatte eine ruhige, sanftmütige Art, wenn er wünschte, jemandes Freundschaft zu gewinnen.
    Am dritten Abend suchten sie ihr Obdach für die Nacht in einer Steinhütte. Sie hatten schlimmes Wetter und Nebel gehabt, aber Erlend schien sich stets unverändert sicher zurechtzufinden. Lavrans hatte beobachtet, daß Erlend eine erstaunlich sichere Kenntnis aller Zeichen und Merkmale in der Luft und auf der Erde, im Wesen und in den Gewohnheiten der Tiere hatte - und stets wußte er, wo er war. Und alles, was Lavrans, berggewohnt, wie er war, sich selbst durch Sehen, Beobachten und Gedächtnis angeeignet hatte, das schien der andere blindlings zu wissen. Erlend lachte selbst darüber - er fühlte es nur eben so an sich.
    Sie fanden die Steinhütte im Dunkeln, genau um die Zeit, wie Eilend gesagt hatte. Lavrans dachte daran, wie er selber sich einmal in einer solchen Nacht einen Bogenschuß weit von seiner eigenen Pferdehütte in den Schnee hatte eingraben müssen. Die Hütte war so eingeschneit, daß sie durch das Rauchloch eindringen mußten. Erlend verhängte die Öffnung mit einer Pferdehaut, die er in der Hütte fand, und befestigte sie mit Holzscheitern, indem er diese an den Balken verspreizte. Den hereingewehten Schnee fegte er mit einem Schneeschuh zur Seite und machte mit dem gefrorenen Holz, das sich vorfand, ein Feuer auf der Herdstätte. Dann zog er drei oder vier Schneehühner unter der Bank hervor - er hatte sie hier auf seinem Weg nach Süden zurückgelassen -, nahm von dem Lehm des Bodens, der rings um die Herdstätte auftaute, packte jedes der Hühner darin ein und warf diese Klumpen in die Glut.
    Lavrans lag auf der Erdbank, wo Erlend ihm mit ihren Ranzen und Mänteln, so gut es ging, ein Lager bereitet hatte.
    „So machen es die Kriegsleute mit den gestohlenen Hühnern, Erlend“, sagte Lavrans lachend.
    „Ja, ich lernte allerhand, als ich im Dienst des Grafen stand“, erwiderte Erlend ebenso.
    Jetzt war Erlend frisch und lebhaft, nicht still und ein wenig teilnahmslos, wie ihn der Schwiegervater sonst meist gesehen hatte. Vor der Erdbank auf dem Boden sitzend, fing er an, von den Jahren zu erzählen, da er beim Grafen Jacob in Halland gedient hatte. Er war Scharhauptmann auf der Burg gewesen und hatte mit drei kleinen Schiffen draußen gelegen und die Küste bewacht. Erlends Augen glichen denen eines Kindes - er prahlte nicht, er ließ nur den Mund laufen. Lavrans lag da und sah zu ihm hinab.
    Lavrans hatte oft Gott um Geduld mit diesem Tochtermann gebeten - jetzt war er beinahe böse auf sich selbst, weil er Erlend besser leiden mochte, als er wollte, und er dachte daran, daß er in jener Nacht, als ihre Kirche abbrannte, den Eidam gern gehabt hatte. An diesem langen Körper lag es nicht, wenn
    Erlend die Männlichkeit fehlte. Es stach dem Vater schmerzlich ins Herz - wie schade es um Erlend war, er hätte zu Besserem getaugt als dazu, Frauen zu verführen. Aber aus allem anderen war nicht viel mehr als Knabenstreiche geworden. Wären die Zeiten so gewesen, daß sich ein Fürst diesen Mann hätte heranziehen

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