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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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ihn an, Vater“, bat sie, „habt Ihr gesehen, jetzt lachte er - habt Ihr je ein so schönes Kind wie Naakkve gesehen, Vater?“
    Immer und immer wieder fragte sie danach. Einmal sagte Lavrans wie in Gedanken:
    „Haavard, dein Bruder - unser zweiter Sohn -, war ein wunderschönes Kind.“
    Nach einer Weile fragte Kristin mit schwacher Stimme:
    „Er war jener von meinen Brüdern, der am längsten lebte?“ „Ja. Er wurde zwei Winter alt. - Jetzt darfst du nicht wieder weinen, meine Kristin“, bat er still.
    Weder Lavrans noch Gunnulv Nikulaussohn waren damit einverstanden, daß der Knabe Naakkve genannt wurde; er war auf den Namen Nikulaus getauft. Erlend hielt daran fest, daß Naakkve der gleiche Name sei, aber Gunnulv führte dagegen an, daß schon in den Sagen aus der heidnischen Zeit von Männern berichtet würde, die Naakkve hießen. Trotzdem wollte Erlend nicht den Namen gebrauchen, den sein eigener Vater getragen hatte. Und Kristin nannte den Knaben stets so, wie Erlend ihren Sohn das erstemal begrüßt hatte.
    Es gab nach Kristins Meinung außer ihr selbst nur noch einen Menschen auf ganz Husaby, der völlig verstand, welch ein herrliches und hoffnungsvolles Kind Naakkve war. Dies war der neue Priester, Sira Eiliv. Der zeigte sich in diesem Punkt fast ebenso verständig wie die Mutter.
    Sira Eiliv war ein feingliedriger Mann, klein, mit einem kleinen runden Bauch - das verlieh ihm ein etwas lächerliches Aussehen. Er war sehr unansehnlich - selbst Leute, die schon ein paarmal mit dem Priester gesprochen hatten, erkannten ihn nicht ohne weiteres wieder, so durchschnittlich war sein Gesicht. Haar und Haut hatten die gleiche Tönung - wie rotgelber Sand -, und seine runden wasserblauen Augen waren vollkommen flach. Sein Wesen war still und schüchtern, aber Meister Gunnulv sagte, bei seiner großen Gelehrtheit hätte auch Sira Eiliv die Grade erhalten können, wenn er nicht so wenig verstünde, etwas aus sich zu machen. Viel mehr aber als mit
    Weisheit sei er doch mit einem reinen Lebenswandel, mit Demut und inniger Liebe zu Christus und seiner Kirche geschmückt.
    Er war von niedriger Geburt und wirkte, obwohl nicht viel älter als Gunnulv Nikulaussohn, doch fast ein wenig ältlich. Gunnulv kannte ihn, seit sie zusammen die Schule in Nidaros besucht hatten, und er sprach stets mit großer Liebe von Eiliv Serkssohn. Erlend fand, sie hätten einen recht unansehnlichen Priester auf Husaby bekommen, Kristin faßte jedoch sogleich Vertrauen und Zuneigung zu ihm.
    Auch nachdem Kristin zum ersten Male in der Kirche gewesen war, blieb sie weiterhin mit dem Kind in der Kleinstube wohnen. Der Kirchgang wurde ein schwerer Tag für sie -Sira Eiliv geleitete sie durch die Kirchentüre hindurch, aber er wagte nicht, ihr den Leib des Herrn zu reichen. Sie hatte ihm gebeichtet, aber um der Sünde willen, die sie durch ihre Mitschuld an dem unschuldigen Tod eines anderen Menschen begangen hatte, mußte sie Vergebung vom Erzbischof zu erlangen suchen. An jenem Morgen, als Gunnulv in ihrer Seelenqual bei ihr gesessen hatte, hatte er ihr ans Herz gelegt, sie müsse, sobald sie aus körperlicher Lebensgefahr befreit sei, eilends Heilung für ihre Seele suchen. Sobald sie wieder gesund genug dazu war, wollte sie das Sankt Olav gegebene Versprechen einlösen. Nun hatte er durch seine Fürbitte ihren Sohn gesund und lebend dem Licht und dem Bad der Taufe erhalten, jetzt wollte sie barfuß zu seinem Grabe wandern und dort ihren goldenen Kranz, den Ehrenschmuck der Jungfrau, den sie so schlecht gehütet und zu Unrecht getragen hatte, niederlegen. Und Gunnulv riet ihr, sich zu dieser Fahrt durch einsames Leben, Gebete, Lesen und Nachdenken vorzubereiten, auch durch Fasten, dieses aber mit Maßen, um des Säuglings willen.
    An jenem Abend, als sie nach ihrem Kirchgang trauernd dasaß, war Gunnulv zu ihr gekommen und hatte ihr ein Paternoster-Band geschenkt. Er sagte, daß im Ausland nicht nur Mönche, Nonnen und Priester solche Bänder bei ihren Andachtsübungen zu Hilfe nähmen. Dieser Rosenkranz war über die Maßen schön; die Perlen waren aus einer Art gelben Holzes, das so süß und stark duftete, daß es einen wohl daran gemahnen konnte, wie ein gutes Gebet sein sollte: ein Opfer des Herzens und Sehnsucht nach Hilfe für ein gottgefälliges Leben. Dazwischen waren Perlen aus Bernstein und Gold, und das Kreuz war aus schönem Email.
    Wenn Erlend seiner jungen Frau draußen auf dem Hofplatz begegnete, blickte er ihr sehnsüchtig

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