Kristin Lavranstochter 1
den unser Herr König Haakon begangen hat: er stellte das Küchenhaus am Rande des Hofplatzes auf, als er Oslo zur ersten Stadt des Landes machte. Früher lag es mitten im Hof, wenn wir schon bei dieser Redewendung bleiben wollen - Björgvin oder Nidaros aber hier befiehlt nur der Erzbischof und das Kapitel allein; ja, was meinst du, Erlend, du als Drontheimer, der alle seine Güter und seine Macht hier im Drontheimischen hat?“
„Ja. Bei Gottes Blut, Erling - wenn ihr das wollt, den Kochkessel heimholen und ihn über der richtigen Feuerstätte aufhängen, dann..."
„Ja“, sagte Haftor. „Schon allzulang haben wir uns hier im Norden damit begnügen müssen, die Suppe zu riechen und kalten Kohl zu löffeln ...“
Lavrans fiel ein:
„Die Sache ist die, Erlend - ich hätte es nicht auf mich genommen, das Wort für meine Gemeinde daheim zu führen, besäße ich nicht Briefe von meinem Verwandten Herrn Erngisle und wüßt ich nicht, daß keiner von den Männern, die in diesen Dingen mit Recht zu entscheiden haben, Friedens- und Vertragsbruch im Sinne hätte, weder in dem Reich des Dänenkönigs noch in den Reichen unseres Königs.“
„Wißt Ihr, wer jetzt in Dänemark entscheidet, Schwiegervater, dann wißt Ihr mehr als die meisten anderen Männer“, sagte Erlend.
„Eines weiß ich. Es gibt einen Mann, dem niemand die Herrschaft überlassen möchte, weder hier noch in Schweden, noch in Dänemark. Und das war der Zweck des schwedischen Vorgehens in Skara in diesem Sommer, und das ist der Zweck der Versammlung, die wir in Oslo abhalten - es soll allen, die es bisher noch nicht begriffen haben, klargemacht werden, daß alle besonnenen Männer sich hierüber einig sind.“
Sie hatten nun alle so viel getrunken, daß sie mit ziemlich lauter Stimme sprachen, mit Ausnahme des alten Smid Gud-
leikssohn, der in seinem Stuhl an der Feuerstätte eingenickt war. Erlend rief laut:
„Ja, ihr seid so besonnen, daß nicht einmal der Leibhaftige euch drankriegen kann. Es ist begreiflich, wenn ihr Knut Porse fürchtet. Ihr versteht das nicht, ihr guten Herren, es ist nicht seine Art, genügsam und faul dazusitzen und zuzusehen, wie ein Tag nach dem anderen sich dahinschleppt und wie Gott das Gras wachsen läßt. Ich wollte, ich träfe Knut Porse wieder, ich kannte ihn, als ich in Halland war. Und ich wollte nichts dagegen haben, an dieses Ritters Stelle zu sein.“
„Das hätte ich nicht im Beisein meiner Frau zu sagen gewagt“, meinte Haftor Graut.
Aber auch Erling Vidkunssohn hatte jetzt einiges getrunken. Er versuchte noch, sein höfisches Gebaren aufrechtzuerhalten, aber es gelang ihm nicht mehr.
„Du!“ sagte er und brach in lautes Gelächter aus. „Du, Verwandter! - Nein, Erlend!“ Er schlug dem anderen auf die Schulter und lachte und lachte.
„Nein, Erlend“, sagte Lavrans unverblümt, „dazu gehört mehr, als Frauen betören zu können. Wäre Knut Porse nicht mehr als der Fuchs im Gänsestall, da wären wir Großen von Norwegen viel zu faul, als daß wir alle von unseren Höfen ausrückten, um ihn zu vertreiben - selbst wenn die Gans die Mutter unseres Königs wäre. Aber wen Herr Knut auch immer dazu verführen kann, um seinetwillen Dummheiten zu machen - er selbst macht keine Dummheiten, ohne seine Absicht damit zu haben. Er hat sein Ziel, der Bursche, und sei gewiß, daß er es nicht aus den Augen läßt.“
Es entstand eine Pause im Gespräch. Dann sagte Erlend - es blitzte in seinen Augen:
„Da wünschte ich, daß Herr Knut ein Norweger wäre!“
Die anderen saßen eine Weile da. Herr Erling nahm einen Schluck aus dem Becher und sagte darauf:
„Gott bewahre uns - hätten wir einen solchen Mann unter uns hier in Norwegen, da, fürchte ich, hätte der Landfrieden ein rasches Ende.“
„Landfrieden!“ erwiderte Erlend höhnisch.
„Ja, Landfrieden“, wiederholte Erling Vidkunssohn. „Du darfst nicht vergessen, Erlend - nicht wir von der Ritterschaft allein bauen dieses Land. Du würdest vielleicht Freude daran haben, wenn hier ein abenteuerlustiger und ehrgeiziger Mann wie Knut Porse erstünde. So war es früher; wenn da ein Mann hierzulande eine Schar Aufrührer um sich versammelte, so war es immer leicht für ihn, Gefolgschaft unter den Großen zu finden. Entweder gewannen sie und erlangten Würden und Ehren, oder es gewannen ihre Verwandten, und dann wurde ihnen Leben und Besitz geschenkt - ja, es steht auch von denen geschrieben, die das Leben verloren, aber der größte Teil
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