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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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im Fechten übten, Ivar und Skule aber mußten sich mit kleinen Stahlhauben begnügen, ähnlich wie sie die Bauernschar im Kriege noch benutzte. Die Mutter sah dem allem zu. Es zersprengte ihr so seltsam die Brust.
    „Mich dünkt es nicht richtig, meine Söhne, daß ihr euch so bewaffnet, um zum Hof des Priesters zu gehen“, sagte sie beklommen. „Ihr dürft den Frieden des Sonntags nicht vergessen, auch nicht die Anwesenheit des Bischofs.“
    Naakkve entgegnete:
    „Die Ehre ist auf Jörundhof jetzt eine seltene Ware gewor-
    den, Mutter, wir müssen sie so teuer kaufen, wie wir sie erhalten.“
    „Nicht du, Björgulv“, bat die Mutter angstvoll, denn der kurzsichtige Knabe hatte eine große Streitaxt ergriffen. „Bedenke, daß du schlecht siehst, mein Sohn!“
    „Ach, noch sehe ich so weit, wie diese reicht“, antwortete Björgulv und wog die Axt in der Hand.
    Gaute trat an das Bett des kleinen Lavrans und holte das große Schlachtschwert des Großvaters herab, das der Kleine stets an der Wand über seinem Lager hängen haben wollte. Er zog es aus der Scheide und betrachtete es.
    „Du mußt mir dein Schwert leihen, Verwandter - ich denke, unser Muttervater würde es gewiß gerne sehen, daß es in dieser Sache mit dabei ist.“
    Kristin rang die Hände, wie sie so dasaß. Ihr war, als müsse sie schreien - in Qual und äußerstem Grauen, aber auch aus einer Kraft heraus, die stärker war als alle Pein und alles Entsetzen - so wie sie seinerzeit geschrien hatte, als sie diese Männer gebar. Wunden und Wunden und Wunden ohne Zahl hatte sie im Leben empfangen, aber sie wußte jetzt, sie alle waren wieder geheilt; die Narben waren empfindlich wie bloßes Fleisch, das aber wußte sie, verbluten konnte sie nicht - nie hatte sie so gelebt wie jetzt.
    Blüten und Blätter waren von ihr abgerissen, aber sie hatte ihre Äste behalten, und sie war nicht gefällt worden. Zum erstenmal, seit sie die Kinder Erlend Nikulaussohns besaß, vergaß sie den Vater ganz und gar und sah nur noch seine Söhne.
    Aber die Söhne sahen die Mutter nicht, die bleich, mit starren, weitaufgerissenen Augen dasaß. Munan lag noch auf ihrem Schoß - er hatte sie die ganze Zeit nicht freigegeben. Die fünf Knaben verließen den Dachraum.
    Kristin stand auf und trat auf den Altan hinaus. Jetzt kamen sie hinter dem Schuppen zum Vorschein und folgten einer hinter dem anderen dem Weg nach Romundhof, der zwischen den bleichen wogenden Gerstenäckern dahinführte. Die Stahlhauben und Eisenhüte glänzten tot, aber in Naakkves Lanze und in den Speerspitzen der Zwillinge leuchtete die Sonne auf. Kristin blieb stehen und sah den fünf jungen Männern nach. Sie war ihrer aller Mutter . ..
    Drinnen in der Stube brach sie vor der Truhe zusammen,
    auf der das Marienbildnis stand. Schluchzen zerriß ihren Körper. Munan stimmte mit ein und kroch weinend zur Mutter hin, Lavrans sprang aus dem Bett und warf sich zu ihrer anderen Seite auf die Knie. Sie umfaßte diese beiden jüngsten Söhne...
    Als der Kleine gestorben war, fragte sie sich, um was sie beten sollte. Sie fühlte, wie sie hart, kalt, schwer wie Stein dem gähnenden Rachen der Hölle entgegenstürzte. Jetzt strömten die Gebete über ihre Lippen, ohne ihr Zutun, ohne ihren bewußten Willen flutete ihre Seele der Jungfrau und Mutter Maria, der Königin des Himmels und der Erde, entgegen, Rufe der Angst, des Dankes und der Lobpreisung - Maria, Maria, ich besitze so viel, immer noch habe ich unendliche Schätze, die mir geraubt werden können; erbarmungsreiche Mutter, nimm sie in deinen Schutz!
    Auf dem Hofplatz von Romundhof standen viele Leute. Als die Erlendssöhne ankamen, fragten einige Bauern, was sie wollten.
    „Von euch wollen wir nichts - noch nicht“, antwortete Naakkve und lächelte aufreizend. „Wir haben heute ein Anliegen an den Bischof Halvard. Mag sein, daß wir Brüder später finden werden, wir hätten auch mit euch ein weniges zu sprechen. Heute aber braucht ihr uns nicht zu fürchten.“
    Es entstand einige Unruhe, und man vernahm Rufe. Sira Solmund kam heraus und wollte den Knaben den Aufenthalt hier verbieten, da aber ergriffen einige Bauern das Wort und meinten, es müßte ihnen doch erlaubt sein, über die Anklage gegen ihre Mutter Erkundigungen einzuholen. Die Diener des Bischofs kamen heraus und hießen die Erlendssöhne gehen, hier sollte jetzt gegessen werden und niemand habe Zeit, sie anzuhören. Aber damit waren die Bauern nicht einverstanden.
    „Was gibt es hier,

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