Kristin Lavranstochter 2
sagte er und legte die Hände zusammen. „Ich weiß nicht, ob es klug ist, deinen Vater so schnell hierherzuholen - oder diesen Ulv Haldorssohn auf freien Fuß zu setzen. Rein waschen muß sich deine Mutter, so dünkt mich - da nun das Gerede über ihr angebliches Verfehlen so laut geworden ist. Aber glaubst du, daß es Kristin leicht werden wird, die Frauen zu finden, die mit ihr den Eid leisten wollen, so, wie die Dinge jetzt stehen?“
Nikulaus blickte zum Bischof auf - seine Augen wurden unsicher und blickten erschrocken.
„Warte einige Tage, Nikulaus! Dein Vater und Ulv sind eingewanderte Männer und wenig beliebt; Kristin und Jardtrud stammen beide aus dem Tal, aber Jardtrud stammt doch von viel weiter drunten im Süden des Tales, deine Mutter aber ist eine von den eigenen Leuten hier. Und das habe ich gemerkt, Lavrans Björgulvssohn ist vom Volk noch nicht vergessen worden. Es sieht fast so aus, als hätten die Leute sie züchtigen wollen, weil sie ihrer Ansicht nach eine schlechte Tochter war; aber schon jetzt erkenne ich, daß viele einsehen, wie schlecht sie dem Vater dienten, indem sie über sein Kind solche Gerüchte aufbrachten - sie schämen sich und bereuen und werden bald von Herzen wünschen, daß Kristin imstande sein möge, sich zu reinigen. Und vielleicht wird es herzlich wenig sein, dessen Jardtrud sie anklagen kann, wenn wir erst einmal in ihrem Sack nachforschen. Würde aber ihr Mann hier umhergehen und die Leute gegen sich aufreizen ...“
„Herr“, sagte Naakkve und blickte zum Bischof auf. „Vergebt mir, wenn ich es ausspreche, aber dies sagt mir wenig zu. Wir sollen nichts für unseren Pflegevater unternehmen, und wir sollen meinen Vater nicht holen, damit er jetzt an der Seite unserer Mutter stehe?“
„Trotzdem bitte ich dich, mein Sohn“, sagte Bischof Halvard, „meinen Rat anzunehmen. Wir wollen uns nicht damit übereilen, Erlend Nikulaussohn hierherzuholen. Aber ich will an Herrn Sigurd auf Sundbu einen Brief schreiben lassen, daß er sofort hierherkomme - was ist das!“ Er erhob sich und trat auf den Altan hinaus.
Nahe an der Hauswand standen Gaute und Björgulv Erlendssöhne, und mehrere Diener des Bischofs drangen mit Waffen auf sie ein. Björgulv streckte einen von ihnen mit einem Axthieb zu Boden, in dem Augenblick, da der Bischof und Naakkve heraustraten. Gaute verteidigte sich mit dem Schwert, einige Bauern hielten Ivar und Skule fest, während andere einen Verwundeten wegführten. Sira Solmund stand ein wenig abseits und blutete aus Mund und Nase.
„Ruhe hier!“ rief Herr Halvard. „Werft eure Waffen weg, ihr Erlendssöhne!“ Er ging auf den Hofplatz hinunter und trat zu den jungen Männern, die sofort gehorcht hatten. „Was soll das heißen?“
Sira Solmund trat vor, verbeugte sich und sagte:
„Das soll heißen, würdiger Vater, daß Gaute Erlendssohn den Frieden des Sonntags gebrochen und mich, seinen Kirchspielpriester, geschlagen hat, wie Ihr hier sehen könnt!“
Da trat ein älterer Bauer hervor, grüßte den Bischof und ergriff das Wort:
„Würdiger Herr, der Knabe wurde schwer gereizt. Der Priester sagte solche Dinge über seine Mutter, daß man kaum erwarten konnte, Gaute würde dies ruhig anhören.“
„Schweig du, mein Priester - ich kann nicht mehr als einen von euch verstehen“, sagte Herr Halvard ungeduldig, „sprich, Olav Trondssohn.“
Olav Trondssohn sagte:
„Der Priester versuchte die Erlendssöhne aufzureizen, Björgulv und Gaute antworteten ihm, ziemlich besonnen. Gaute erwähnte auch, was wir alle wissen, daß Kristin im vergangenen Sommer einige Zeit bei ihrem Mann auf Dovre war und daß es damals gezeugt wurde, das arme kleine Kind, um das aller dieser Lärm entstanden ist. Darauf sagte der Priester, auf Jörundhof seien die Leute doch stets so gelehrt gewesen; Kristin kenne gewiß die Sage von König David und Frau Bathseba -Erlend Nikulaussohn aber sei vielleicht ebenso schlau gewesen wie der Ritter Urias.“
Der Bischof wurde so blaurot im Gesicht wie sein Gewand. Seine schwarzen Augen funkelten. Eine Weile betrachtete er Sira Solmund. Aber er richtete das Wort nicht an ihn.
„Du weißt wohl, Gaute Erlendssohn, daß du dich mit dieser Tat selbst zu einem Übeltäter gemacht hast?“ sagte er. Dann gab er den Befehl, die Erlendssöhne nach Jörundhof heimzugeleiten. Zwei seiner Diener und vier Bauern, die der Bischof unter den würdigsten und verständigsten auswählte, sandte er mit, um sie zu bewachen.
„Auch du
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