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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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wohl enden würde. Ganz leise begann er in die Dunkelheit hinauszusummen. Kyrie, eleison, Christeleison, Kyrieleison, Christeleison . . .
    Der Fuchs durchschritt plätschernd eine seichte Stelle in einem Gebirgsbach. Der sternenübersäte Himmel erweiterte sich - die Felskuppen standen ferne gegen die nächtliche Dunkelheit, und der Wind sang in diesem freieren Raum in einem anderen Ton. Der Knabe ließ das Pferd nach dessen eigenem Willen gehen und summte alles vor sich hin, was ihm von dem Hymnus Jesus Redemptor omniutn ... Tu lumen, et splendor Patris* in den Kopf kam, und zwischenhinein streute er ein Kyrie, eleison. Jetzt ritt er in beinahe südlicher Richtung, er konnte das an den Sternen erkennen, wollte jedoch nur dem
    * (lat.) Jesus, Erlöser der Welt. Du Licht und Glanz des Vaters.
    zu
    Pferd vertrauen und ihm seinen Willen lassen, er wagte es nicht anders. Nun ritt er über Felsplatten, auf denen das Renntiermoos bleich schimmerte. Der Fuchs blieb eine Weile stehen, schnaubte und spähte in die Nacht hinaus. Lavrans sah, daß der Himmel sich im Osten erhellte. Dort drüben quollen silbern gesäumte Wolken auf. Das Pferd setzte sich jetzt wieder in Bewegung, nun in genauer Richtung des Mondaufganges. Es mußte noch etwa eine Stunde bis Mitternacht sein, soviel der Knabe wußte.
    Als der Mond klar hinter den fernen Bergen aufging, mit so hellem Licht, daß der Neuschnee auf den Höhen aufleuchtete und daß die treibenden Nebelfetzen in Schluchten und Klüften weiß schimmerten, kannte Lavrans sich im Gebirge wieder aus. Er war jetzt auf den Hochflächen unter den Blaubergen.
    Bald darauf fand er den Steig, der ins Tal hinunterführte. Und drei Stunden später kam der Fuchs hinkend auf dem vom Mond erhellten Hofplatz auf Haugen an.
    Als Erlend die Türe öffnete, sank der Knabe bewußtlos über die Schwelle.
    Einige Zeit später erwachte Lavrans in einem Bett zwischen schmutzigen, stinkenden Fellen. Eine Kienfackel, die in eine Balkenritze dicht daneben eingeklemmt war, verbreitete Licht. Der Vater stand über ihn gebeugt und befeuchtete sein Gesicht; er war nur halb angekleidet, und der Knabe sah in dem flackernden Licht, daß sein Haar völlig grau war.
    „Mutter ...“, sagte der kleine Lavrans und blickte auf.
    Erlend wandte sich ab, so daß der Sohn sein Gesicht nicht sehen konnte.
    „Ja“, sagte er nach einer Weile fast unhörbar. „Ist deine Mutter - hat sie - ist deine Mutter - krank?“
    „Ihr müßt sofort heimkommen, Vater, und sie befreien; jetzt klagt man sie des Allerschlimmsten an - man hat Ulv und sie und meine Brüder gefangengenommen, Vater!“
    Erlend befühlte das heiße Gesicht und die Hand des Knaben; das Fieber hatte wieder zugenommen. „Was sagst du da?“ Aber Lavrans setzte sich aufrecht und erzählte ziemlich zusammenhängend alles, was sich am Tag zuvor daheim zugetragen hatte. Schweigend hörte der Vater ihm zu, aber nachdem der Knabe eine Weile erzählt hatte, begann er sich fertig anzukleiden; er zog die Stiefel an und schnallte die Sporen fest. Dann holte er Milch und etwas zu essen und brachte es dem Kinde.
    „Aber du kannst nicht allein hier in der Stube bleiben, mein Junge - ich muß dich erst zu Aslaug bringen, ehe ich hinunterreite.“
    „Vater“, Lavrans umfaßte seinen Arm, „nein - ich will mit Euch heimkommen.“
    „Du bist ja krank, mein kleiner Sohn“, sagte Erlend, und der Knabe konnte sich nicht erinnern, je einen so zärtlichen Ton in der Stimme seines Vaters gehört zu haben.
    „Nein, Vater - ich will mit Euch heim zur Mutter - ich will zu meiner Mutter heim...“ Jetzt weinte er wie ein kleines Kind.
    „Der Fuchs hinkt ja, Lavrans.“ Erlend nahm den Sohn auf seinen Schoß, vermochte jedoch das Kind nicht zu beruhigen. „Und du bist so müde. - Jaja“, sagte er schließlich, „Ruß trägt uns wohl alle beide ...
    Du darfst nicht vergessen“, sagte er, als er den Kastilier herausgeführt, statt seiner den Fuchs in den Stall gebracht und für diesen gesorgt hatte, „daß jemand hierherreiten und sich deines Pferdes annehmen muß - und auch meiner Sachen ...“
    „Bleibt Ihr jetzt daheim, Vater?“ fragte Lavrans erfreut.
    Erlend blickte vor sich hin.
    „Ich weiß nicht - aber es ist mir, als käme ich hierher nie wieder.“
    „Wollt Ihr Euch nicht stärker bewaffnen, Vater?“ fragte der Knabe wiederum. Denn Erlend hatte außer seinem Schwert nur eine ziemlich leichte und kleine Axt ergriffen und wollte jetzt die Stube verlassen. „Wollt Ihr

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