Kristin Lavranstochter 2
unter vier Augen und vor dem Gesinde so zu begegnen, als wäre sie wirklich die junge Hausfrau auf dem Hof.
Frida war wütend, weil sie von ihrem Platz neben der Hausfrau weichen und ihn Gautes ... abtreten mußte. Eines Tages, als sie mit Kristin im Küchenhaus war, gebrauchte sie dieses böse Wort über Jofrid. Da schlug Kristin ihre Magd zum erstenmal ins Gesicht.
„Schön hören sich solche Worte von dir an, du alte, mannstolle Hündin!“
Frida wischte sich das Blut von Nase und Mund.
„Solltet ihr nicht besser sein, ihr Töchter der Vornehmen, wie du und diese Jofrid, als die Kinder von Häuslerbauern? Ihr wißt, daß ihr des Brautbettes mit Seidenlaken sicher seid, ihr müßt mannstoll und schamlos sein, wenn ihr nicht warten könnt, sondern mit jungen Knappen in den Wald streunt und mit Strauchbälgen heimkommt - pfui, sage ich!“
„Schweig jetzt! Geh hinaus und wasch dich - dein Blut rinnt in den Teig“, sagte die Hausfrau einigermaßen ruhig.
In der Tür trafen Frida und Jofrid zusammen. Kristin sah der Jungen an, daß sie ihr Gespräch mit der Magd wohl gehört hatte.
„Die Ärmste redet eben, wie sie es versteht. Ich kann sie nicht wegjagen - sie hat keinen Ort, wo sie sich hinwenden könnte.“ Jofrid lächelte spöttisch, da sagte Kristin: „Sie hat zwei meiner Söhne genährt.“
„Gaute hat sie nicht genährt“, antwortete Jofrid, „daran erinnert sie ihn und mich, sooft sie kann. Könnt Ihr sie denn nicht verheiraten?“ fragte sie scharf.
Kristin mußte lachen.
„Glaubst du nicht, daß ich mir schon alle Mühe damit gegeben habe? Aber es kam nie weiter als bis zu einer Unterredung zwischen dem Burschen und ihr, die seine Braut werden sollte!“
Kristin dachte, ob sie nicht die Gelegenheit ergreifen und jetzt mit Jofrid reden sollte - zu verstehen geben sollte, daß die Junge bei ihr nur mütterlichem Wohlwollen begegnen würde. Aber Jofrid sah zornig und kalt aus.
Unterdessen sah man es Jofrid jetzt deutlich an, daß sie nicht mehr allein war. Da kam ein Tag, an dem sie Federn für neue Polster reinigen sollte. Kristin gab ihr den Rat, ein Tuch über das Haar zu binden, damit sich nicht die Daunen darin festsetzten. Jofrid folgte ihr.
„Es kleidet mich jetzt wohl auch besser als das bloße Haar“, sagte sie und lachte ein wenig.
Sie verstand trotzdem nicht, daß Jofrid damit Scherz treiben mochte.
Einige Tage darauf kam Kristin ins Küchenhaus und sah, wie Jofrid Birkhähne ausnahm, ihre Arme waren bereits mit Blut bespritzt. Entsetzt riß Kristin sie zurück.
„Kind, du darfst doch jetzt kein Blut berühren - weißt du denn nicht einmal so viel?“
„Ach, glaubt Ihr denn, daß alles wahr ist, was die Frauen so sagen?“ fragte Jofrid zweifelnd.
Da erzählte Kristin von den Feuermalen, die Naakkve auf der Brust hatte. Mit Absicht ließ sie Jofrid verstehen, daß sie noch nicht verheiratet war, als sie die brennende Kirche sah.
„Du hättest wohl so etwas nicht von mir gedacht?“ fragte sie leise.
„Doch, Gaute hat mir alles erzählt. Euer Vater hatte Euch mit Simon Andressohn verlobt, Ihr aber liefet mit Erlend Nikulaussohn von daheim weg zu seiner Muhme, und so mußte Lavrans seine Einwilligung geben.“
„Ganz genauso war es nicht — wir liefen nicht von daheim weg. Simon gab mich sogleich frei, als er hörte, daß ich Erlend besser leiden mochte, und da gab mein Vater sein Jawort - ungern, aber er legte doch meine Hand in die Erlends; ein Jahr lang waren wir verlobt... Dünkt dich dies schlimmer?“ fragte sie; denn Jofrid war brennend rot geworden und sah sie entsetzt an.
Das Mädchen schabte mit dem Messer ein wenig Blut von ihrem weißen Arm.
„Ja“, sagte sie leise, aber sehr fest. „Guten Ruf und Ehre hätte ich nicht ohne Not aufs Spiel gesetzt. - Ja, ich werde Gaute nichts davon sagen“, fuhr sie rasch fort. „Er glaubt, daß sein Vater Euch mit Gewalt entführt habe, da er Euch nicht mit Bitten und Flehen bekommen konnte.“
Sie hat wohl recht, dachte Kristin.
Im Lauf der Zeit und je länger Kristin darüber nachdachte, desto mehr gelangte sie zu der Meinung, es würde am ehrenvollsten sein, wenn Gaute Helge Hovland eine Botschaft sandte, seine Sache in dessen Hand legte und ihn bäte, ihm Jofrid zur Ehe zu geben, unter den Bedingungen, die Helge nach seinem Gutdünken ihm vergönnen würde. Wenn sie aber mit Gaute darüber sprach, machte er ein verlegenes Gesicht und wich ihr aus. Schließlich fragte er heftig, ob es der Mutter möglich
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