Kristin Lavranstochter 2
zu befürworten - er wolle schon dafür Sorge tragen, daß Gaute sich mit den gekränkten Verwandten des Mädchens aussöhne. Sigurd Eldjarn selbst besaß keine Feinde - es war die unfriedliche Art des Vaters und sein eigenes Unglück mit seiner Frau, die ihn so einsam gemacht hatten.
Schließlich sprang Gaute mit dem Horn in der Hand auf. Wie schön er ist, dachte Kristin - und wie ähnlich meinem Vater! So war auch ihr Vater gewesen, zu Anfang eines Rausches - so strahlend vor Lebensfreude, aufrecht und frisch.
„Nun hat es sich für mich und diese Frau, Jofrid Helgestochter, so gefügt, daß wir heute unsere Heimkehr feiern und unsere Hochzeit später halten müssen, wenn Gott uns das Glück dazu schenkt. Dir, Sigurd, danken wir für getreue Verwandtenliebe und Euch, Mutter, dafür, daß Ihr uns so empfingt, wie ich es von Euerem treuen mütterlichen Herzen erwartete - wie oft doch sagten wir Brüder untereinander, uns dünke, Ihr wäret die hochgesinnteste Frau und huldreichste Mutter. Darum bitte ich Euch, uns die Ehre anzutun, selbst unser Brautbett so schön und prächtig zu bereiten, daß ich Jofrid ohne Schande anbieten kann, dort mit mir zu schlafen, und ich bitte Euch, Jofrid in den Dachraum hinaufzubegleiten, auf daß sie so geziemend zu Bett gebracht werde, wie es sich machen läßt, da ihre Mutter nicht mehr am Leben ist und keine verwandten Frauen zur Stelle sind ...“
Herr Sigurd war jetzt ziemlich stark betrunken, und er brach in Lachen aus.
„Ihr schlieft doch auch bei mir zusammen - ich wußte es nicht besser, ich glaubte, ihr hättet schon vorher miteinander in einem Bett gelegen ...“
Übermütig schüttelte Gaute sein goldenes Haar.
„Ja, Verwandter - aber dies ist die erste Nacht, die Jofrid in meinem Arm auf ihrem eigenen Hof schlafen soll, so Gott will.
Euch aber, gute Leute, bitte ich, zu trinken und heute abend lustig zu sein, jetzt habt ihr sie gesehen, die auf Jörundhof meine Hausfrau werden soll - sie oder keine andere Frau, das sage ich bei Gott unserem Herrn und bei meinem christlichen
Glauben. Ich erwarte, daß ihr alle, Männer wie Frauen, sie ehren werdet, und ich erwarte von euch, meine Männer, daß ihr mir helfen werdet, sie zu behalten und sie zu schützen, wie es sich für euch geziemt.“
Unter all dem Rufen und Lärmen, das auf Gautes Rede folgte, entfernte sich Kristin still vom Tisch und bat Ingrid flüsternd, mit ihr in den Dachraum zu kommen.
Lavrans Björgulvssohns stattlichem Festraum war es übel ergangen in den Jahren, in denen die Erlendssöhne dort hausten. Kristin hatte für die unachtsamen Knaben nicht mehr als das Notwendigste und Dringendste an Betten und Hausgerät opfern wollen, und sie ließ die Stube nur selten rein machen, denn es lohnte nicht der Mühe. Kaum war die Stube gesäubert, so trugen Gaute und seine Freunde wieder den gleichen Schmutz und Unrat herein. Es herrschte ein hartnäckiger Geruch nach Männern, die hereinkamen und sich auf die Betten warfen, naß und verschwitzt und von der Arbeit im Wald und auf der Viehweide schmutzig, ein Geruch nach Stall und Lederdecken und nassen Hunden.
Jetzt kehrten und fegten Kristin und die Magd in großer Eile und so gut sie konnten alles hinaus. Die Hausfrau brachte feines Bettzeug, Decken und Kissen, räucherte mit Wacholder aus und stellte den Silberbecher mit dem letzten Schluck Wein, den sie im Haus besaß, Weißbrot und ein Wachslicht auf einem eisernen Leuchter auf den kleinen Tisch und rückte ihn dann zum Bett hinan. Jetzt war es hier so schön, wie es sich in dieser kurzen Zeit nur machen ließ.
An der Bohlenwand, die eine Kammer vom Hauptraum trennte, hingen Waffen: Erlends schwere Lanze und das kleine Schwert, das er für gewöhnlich zu tragen pflegte; Zimmermannsbeile und Baumäxte - auch Björgulvs und Naakkves Stabäxte hingen noch hier. Desgleichen zwei kleine Äxte, die die Söhne nur selten benutzten, denn sie schienen ihnen zu leicht - mit diesen aber hatte Kristins Vater allerlei Gegenstände geschnitzt und angefertigt, mit so leichter und sicherer Hand, daß er des Hohleisens und des Messers nur noch selten bedurfte, um die letzten Unebenheiten auszugleichen. Kristin trug die Äxte in den Nebenraum und legte sie in Erlends Truhe, wo sie sein blutiges Hemd aufbewahrte und die Axt, die er in der Hand gehalten hatte, als er die Todeswunde empfing.
Lachend befahl Gaute, daß Lavrans der Braut mit einem
Licht zum Dachraum hinauf vorangehen solle. Der Knabe wurde
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