Kristin Lavranstochter 2
verheiratet bist, ehe dein Kind zur Welt kommt?“ „Habe ich mit Gaute von daheim wegzulaufen vermocht, dann ... Keiner glaubt doch wohl, daß er des Nachts ein blankes Schwert zwischen uns ins Bett gelegt hat!“
„Hat er bei deinen Verwandten überhaupt nicht um dich geworben?“ fragte Kristin.
„Nein, wir wußten, daß dies vergeblich sein würde, selbst wenn Gaute viel reicher gewesen wäre, als er ist.“ Jofrid brach wieder in Lachcn aus. „Seht Ihr, Mutter, mein Vater glaubt, er verstünde sich von allen Männern am besten auf den Pferdehandel. Wer aber Gaute Erlendssohn beim Pferdehandel über sein will, der muß noch viel schlauer sein als mein Vater.“
Kristin konnte nicht umhin, sie mußte lächeln - sowenig lustig ihr zumute war.
„Ich kenne das Gesetz in solchen Dingen nicht so genau“, sagte sie ernsthaft, „aber ich weiß nicht so bestimmt, Jofrid, ob es für Gaute leicht sein wird, einen Vergleich zu erreichen, den du gut nennen magst. Wird Gaute in Acht und Bann getan -und nimmt dein Vater dich mit sich heim, läßt dich seinen Zorn fühlen oder verlangt, daß du ins Kloster gehst und deine Sünden gutmachst...“
„Ins Kloster kann er mich nicht senden, ohne mir so reichliche Geschenke mitzugeben, daß es billiger und ehrenvoller ist, sich mit Gaute auszusöhnen und von ihm Buße zu fordern: Ihr begreift doch, es verursacht ihm jetzt keinerlei Kosten, wenn er mich verheiratet. Daß ich die Erbschaft mit meinen Schwestern teile, ist ihm sicher recht, denn das gönnt er Olav, meinem Schwager. Im übrigen müßten sich meine Verwandten auch dieses Kindes hier annehmen. Und ich glaube, mein Vater wird es sich zweimal überlegen, ehe er den Versuch macht, mich mit einem Buhlenkind nach Hovland heimzunehmen - um mich seinen Zorn fühlen zu lassen; er kennt mich ...
Auch ich weiß in den Gesetzen nicht so gut Bescheid, aber ich kenne meinen Vater und kenne Gaute. Und jetzt ist bereits so viel Zeit darüber hingegangen, daß dieses Ziel kaum erreicht werden kann, ehe ich selbst wieder gesund und frisch bin; dann, Mutter, sollt Ihr mich nicht weinen sehen! O nein, Gaute wird schon eine Aussöhnung zu solchen Bedingungen bekommen, daß ...
Nein, Mutter - Gaute, der von Kirchenfürsten und Königen abstammt, und Ihr, die Ihr mit den besten Geschlechtern im Lande verwandt seid: mußtet Ihr mit ansehen, daß Euere Söhne von jenem Platz herabsanken, auf dem zu stehen sie geboren waren, so sollt Ihr doch auch sehen dürfen, daß Euere Nachkommen in meinen und Gautes Kindern wieder emporgelangen.“
Kristin saß schweigend da. Es war wohl möglich, daß es so ging, wie Jofrid wollte - sie begriff, daß sie um ihretwillen sich nicht so viele Sorgen zu machen brauchte. Jofrid war jetzt sehr mager im Gesicht - die weiche Rundung der Wangen war ganz weggezehrt, und dadurch trat ihr kräftiger, starker Unterkiefer besonders hervor.
Jofrid gähnte, rückte sich in eine sitzende Stellung zurecht und suchte ihre Schuhe. Kristin half ihr, sie anzuziehen. Jofrid dankte.
„Und reizt Gaute jetzt nicht mehr, Mutter. Er nimmt es selbst nicht leicht, daß wir nicht vorher heiraten können, aber ich will mein Kind nicht arm machen, noch ehe es geboren ist.“
Vierzehn Tage später gebar Jofrid einen großen und schönen Sohn, und Gaute sandte noch am selben Tag einen Boten nach Sundbu. Herr Sigurd kam auch sofort nach Jörundhof, und er hielt Erlend Gautessohn über die Taufe. Aber sosehr sich Kristin Lavranstochter über ihren Sohnessohn freute, so grämte sie sich darüber, daß Erlends Name nun in einem Buhlenkind Wiederaufleben sollte.
„Dein Vater wagte mehr, um seinem Sohn zu seinem Recht zu verhelfen“, sagte sie eines Abends zu Gaute, als er unten in der Webstube saß und zusah, wie sie den Knaben für die Nacht herrichtete. Jofrid schlief bereits in ihrem Bett drüben. „Seine Liebe zu dem alten Herrn Nikulaus war zwar nicht übermäßig groß, aber trotzdem hätte er es seinem Vater doch niemals antun mögen, einem Sohn, der nicht in der Ehe geboren war, seinen Namen zu geben.“
„Nein, Orm - der war nach dem Muttervater genannt?“ fragte Gaute. „Jaja, Mutter, so sollte ein Sohn wohl nicht sprechen. Aber Ihr müßt doch verstehen, wir Brüder merkten es alle: Solange unser Vater lebte, fandet Ihr nie, er könnte uns in allen Dingen ein Vorbild sein; jetzt aber sprecht Ihr früh und spät von ihm, als wäre er ein wahrer Heiliger gewesen - oder wenigstens beinahe. Ihr könnt Euch doch
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