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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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der Sohn eines armen Fischers und verlor mit vierzehn Jahren Vater und Bruder in der Winternacht auf dem Meer, er selbst jedoch wurde von einem anderen Boot gerettet. Dies hatte ihm wie ein Wunder geschienen, und außerdem fürchtete er sich nun vor dem Meer; so war in ihm der Gedanke gereift, Mönch zu werden. Aber noch drei Jahre lang hatte er bei seiner Mutter daheim ausharren müssen, und sie hungerten und machten viel durch, und im Boot hatte er stets Angst - dann aber heiratete die Schwester, und ihr Mann übernahm die Hütte und den Anteil am Boot, und er selber konnte zu den Minoriten in Tunsberg gehen. Dort hatte er zuerst Spottworte hören müssen um seiner geringen Herkunft willen - aber der Guardian war freundlich und nahm ihn in seinen Schutz. Und seitdem Bruder Torgils Olavssohn der Brüderschaft angehörte,'wurden alle Mönche viel frömmer und friedlicher, weil er so fromm und sanftmütig war, obgleich er unter ihnen allen aus der besten Sippe stammte, aus einem reichen Bauerngeschlecht drüben in Slagn - und seine Mutter und seine Schwestern sich so freigebig gegen das Kloster erwiesen. Aber alles war wiederum viel schwerer geworden, seit sie nach Skidan gekommen waren und seit Bruder Torgils krank war. Bruder Arngrim ließ Kristin verstehen, wie er sich darüber wunderte, daß Christus und Maria den Weg für ihre armen Brüder so steinig sein ließen.
    „Sie wählten selbst die Armut, während sie auf Erden lebten“, meinte Kristin.
    „Du hast leicht reden, eine so reiche Frau, wie du sicherlich bist“, sagte der Mönch böse. „Niemals hast du wohl erprobt, was es heißt, hungrig zu sein ...“ Und Kristin mußte antworten, daß dem so sei.
    Als sie in die Gemeinden hinunterkamen und durch Updal und das Soknatal wanderten, fand Bruder Torgils streckenweise Gelegenheit, zu reiten oder zu fahren, aber er wurde immer schwächer und schwächer, und Kristins Begleitung wechselte beständig, denn die meisten gingen von ihnen weg und wurden von neuen nachkommenden Pilgern abgelöst. Als sie Staurin erreichte, war von dem ganzen Gefolge, mit dem sie über das Gebirge gegangen war, niemand mehr übrig als die beiden Mönche. Und am Morgen kam Bruder Arngrim weinend zu ihr und sagte, Bruder Torgils habe in der Nacht einen schweren Blutsturz gehabt; er könne nicht weitergehen - jetzt kämen sie wohl zu spät nach Nidaros und würden das Fest nicht mehr sehen.
    Kristin dankte den Brüdern für ihre Begleitung, für ihre geistige Führung und Hilfe auf dem Weg. Bruder Arngrim schien über ihre reiche Abschiedsgabe überrascht zu sein, denn sein Gesicht leuchtete auf - nun sollte sie von ihm ein Gegengeschenk erhalten: er zog aus seinem Sack eine schöne Schachtel mit einigen Briefen heraus. Auf diesen standen ein schönes Gebet und zum Schluß alle Namen Gottes geschrieben; an einer Stelle war auf dem Pergament ein Platz frei gelassen, um den Namen des Betenden dort einfügen zu können.
    Kristin dachte, es sei unwahrscheinlich, daß der Mönch etwas von ihr wisse, mit wem sie verheiratet gewesen war und welches Schicksal ihr Mann gehabt hatte, selbst wenn sie ihren Vatersnamen nannte. Trotzdem bat sie ihn, nur zu schreiben: Witwe Kristin.
    Durch das Gaultal hinunter wählte sie die Wege am Rande der Gemeinden, denn sie dachte, wenn sie irgendwelchen Leuten von den großen Höfen dort begegnete, könnte es leicht geschehen, daß einige von ihnen die frühere Hausfrau von Husaby wiedererkannten, und sie wußte selbst kaum, warum sie das so sehr vermeiden wollte. Am Tag darauf stieg sie auf
    Waldwegen zwischen den Anhöhen zu der kleinen Kirche auf dem Vatsberg hinauf, die Johannes dem Täufer geweiht war. Die Leute jedoch nannten sie Sankt-Edvins-Kirche.
    Die Kapelle stand auf einer Lichtung im dichten Wald; sie und die Anhöhe dahinter spiegelten sich in einem Teich, dem das heilkräftige Wasser entsprang. Ein Holzkreuz stand am Rand des Baches, und ringsherum lagen Krücken und Stöcke, und auf den Büschen hingen Fetzen von alten Binden.
    Rings um die Kirche lief ein kleiner Zaun, aber das Gatter war verschlossen. Kristin kniete davor nieder und dachte daran, wie sie einstmals mit Gaute auf dem Schoß in der Kirche gesessen hatte. Damals war sie in Seide gekleidet, eine von den vielen in der Schar der stattlich gekleideten Vornehmen. Sira Eiliv stand neben ihr und hielt Naakkve und Björgulv an der Hand, in der Volksmenge draußen befanden sich ihre Mägde und Knechte. Damals hatte sie so brennend heiß

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