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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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dämmerigen Säulenwald stand und ihre Blicke auf die Lichter und das Gold im Chor vorne richtete, zupften die Kinder die fremde Frau beständig am Rock und wollten ihr alles zeigen - von den farbigen Lichtflecken, die die Sonne durch das Rosenfenster zwischen die Wölbungen hereinwarf, und den Leichensteinen auf dem Boden, bis zu den Himmeln aus teueren Stoffen über den Altären, lauter Dinge, wie sie eben Kindern am meisten in die Augen fallen. Kristin fand keine Ruhe, um ihre Gedanken zu sammeln, aber jedes Wort, das die Knaben sagten, weckte in ihrem Herzen die dumpfe Sehnsucht - zunächst und vor allem nach den Söhnen, aber auch nach dem Hof, den Häusern, den Scheunen, dem Vieh, nach der Mühsal der Mutter und nach der Herrschaft der Mutter!
    Immer noch widerstrebte es ihr, von denen wiedererkannt zu werden, die früher einmal ihre und Erlends Freunde gewesen waren. Damals waren sie zu den Festzeiten stets auf ihren Höfen in der Stadt gewesen und hatten Gäste bei sich gehabt - es graute ihr davor, mit einer Schar von ihnen zusammenzutreffen. Ulv Haldorssohn mußte sie aufsuchen, denn er hatte als ihr Vertrauensmann die Hofanteile verwaltet, die sie hier im Norden noch besaß und die sie jetzt als ihre Pfründe dem Kloster Rein stiften wollte. Aber gerade jetzt weilten wahrscheinlich seine Verwandten von dem Hof in Skaun bei ihm, da mußte sie warten. Doch sie wußte, daß ein Mann, der in der Zeit, da Erlend Vogt war, im Gefolge ihres Mannes diente, auf einem kleinen Hof draußen auf Bratören wohnte. Er lebte dort als Fischer und hatte eine Herberge für die Bauern am Meer.
    Hier seien alle Häuser überfüllt, gab man ihr zur Antwort, dann aber kam der Mann, Aamunde, selbst heraus und erkannte sie sofort; es hörte sich seltsam an, wie er ihren alten Namen ausrief:
    „Nein, aber - ist das nicht Erlend Nikulaussohn Hausfrau von Husaby? Sei gegrüßt, Kristin - welch ein Zufall, daß du auf meinen Hof hierherkommst!“
    Er war so erfreut, daß sie mit einem Obdach, wie er es ihr bieten konnte, vorliebnehmen wollte, und er versprach ihr, sie am Tag nach dem Fest selber nach Tautra hinauszusegeln.
    Bis tief in die Nacht hinein saß sie draußen auf dem Hofplatz und redete mit dem Mann, und es berührte sie stark, als sie merkte, wie Erlends früherer Untergebener die Erinnerung an seinen jungen Anführer liebte und hoch in Ehren hielt. -Aamunde gebrauchte mehrere Male das Wort jung, wenn er von ihm sprach. Durch Ulv Haldorssohn wußte man hier von seinem unglücklichen Tod, und Aamunde sagte, er sei nie mit irgendeinem seiner alten Genossen aus der Zeit auf Husaby zusammen, ohne zum Gedächtnis an ihren kühnen Herrn einen Trunk zu tun - und zweimal hätten einige von ihnen zusammengelegt und an seinem Todestag eine Messe lesen lassen. Aamunde erkundigte sich sehr nach den Erlendssöhnen, und dann fragte Kristin nach alten Bekannten. Es wurde Mitternacht, ehe sie sich an der Seite von Aamundes Frau schlafen legte - er wollte unbedingt, daß sie beide ihr das Bett räumten, und schließlich mußte sie mit Dank wenigstens seinen Platz annehmen.
    Am nächsten Tag war das Fest des heiligen Olav. Vom frühen Morgen an ging Kristin unten am Hafen umher und beobachtete die Geschäftigkeit auf den Bollwerken. Ihr Herz begann zu klopfen, als sie den Abt von Tautra an Land steigen sah - aber die Mönche, die nach ihm kamen, waren alle ältere Männer.
    Schon vor der None strömte das Volk zur Christkirche, und alle trugen oder führten ihre Kranken und Krüppel dorthin, um im Langschiff einen Platz für sie zu erobern, damit sie in die Nähe des Schreins gelangen konnten, wenn dieser am nächsten Tag, nach dem Hochamt, in der Prozession hinausgetragen wurde.
    Als Kristin zu den Buden kam, die vor dem Kirchhof aufgeschlagen waren - es wurden hauptsächlich Eßwaren, Getränke und Wachskerzen verkauft und Kissen, aus Schilf oder Birkenzweigen geflochten, um in der Kirche darauf zu knien traf sie mit den Leuten aus Andabu zusammen, und Kristin nahm das Kind, während die junge Frau sich einen Trunk leichten Bieres verschaffte. In diesem Augenblick traf der Zug der englischen Pilger mit Gesang und Abzeichen und brennenden Kerzen ein. In der Verwirrung, die dadurch entstand, daß diese Leute durch die dichtgedrängten Menschenmassen bei den Buden hindurch wollten, verlor Kristin die Bauern aus den Augen und konnte sie auch später nicht wiederfinden.
    Lange irrte sie am Rande der Volksmenge umher und beruhigte

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