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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Erlend nicht einmal so weit würdigte, daß er sich Gedanken darüber machte, was sie von ihm dachten. Um Erlends willen war er, Simon, so herabgestiegen - um seinetwillen hatte er sich von dem Kreis der Vornehmen und Reichen losgelöst. Es war ganz schön, der reiche Bauer von Formo zu sein; ja, aber er konnte nicht vergessen, daß er sich von seinen Standesgenossen, Verwandten und Jugendfreunden abgewandt hatte, weil er einen solchen Bittgang unter ihnen getan hatte, daß er es nicht mehr über sich brachte, ihnen zu begegnen - es kaum über sich brachte, daran zu denken. Um dieses Schwagers willen hatte er seinem König den Dienst so gut wie aufgesagt und war eigentlich aus der Reihe des Königsgefolges ausgetreten. Er hatte sich Erlend gegenüber so verraten, daß es ihm schlimmer war als der Tod, wenn die Erinnerung in ihm aufstieg. Und Erlend war zu ihm, als hätte er nichts begriffen und wisse von nichts. Es kümmerte diesen Mann nicht viel, daß er das Leben eines anderen Mannes umgestoßen hatte ...
    In diesem Augenblick redete Erlend ihn an:
    „Wir müssen sehen, daß wir uns auf den Weg machen, Simon, wenn wir heute abend noch nach Hause kommen wollen - ich gehe hinaus und sehe mich nach den Pferden um ...“
    Simon blickte auf, empfand beim Anblick der großen schönen Gestalt des andern einen seltsam krankhaften Unwillen. Erlend trug unter der Kapuze eine kleine schwarzseidene Mütze, die sich glatt um den Kopf schmiegte und unter dem Kinn zugeknöpft war, das schmale dunkle Gesicht mit den großen hellblauen Augen tief im Schatten unter der Stirn wirkte darin noch jünger und feiner. „Und schnüre einstweilen meinen Ranzen zu“, sagte er noch von der Tür her; dann ging er hinaus.
    Die anderen Männer unterhielten sich noch weiter über die Rechtsangelegenheit. Es sei doch trotz allem seltsam, meinten einige, mit wie wenig Überblick Lavrans seine Anordnungen getroffen habe; der Mann pflegte doch sonst zu wissen, was er wollte - er sei der erfahrenste Bauer gewesen in allem, was Kauf und Verkauf von Ländereien betraf.
    „Daran wird wohl mein Vater die Schuld tragen“, meinte Holmgeir Priesterssohn. „Er sagte es selbst heute morgen -hätte er damals auf Lavrans gehört, so wäre alles klar und in Ordnung. Aber ihr wißt ja, wie Lavrans in solchen Dingen war - den Priestern gegenüber war er immer nachgiebig und zahm wie ein Lamm ...“
    Seinen Vorteil aber hätte Lavrans auf Jörundhof trotzdem sehr gut zu wahren gewußt, wandten einige dagegen ein.
    „Ja, dies glaubte er wohl auch zu tun, wenn er auf den Rat der Priester hörte“, sagte Holmgeir lachend, „es mag das ganz klug sein, auch in zeitlichen Dingen - solange man nicht nach demselben Bissen schielt, auf den die Kirche ein Auge geworfen hat..
    Merkwürdig fromm sei Lavrans ja gewesen, fand Vidar - er habe nie gespart, weder an Gütern noch an Vieh, wenn es sich um die Kirche oder um arme Leute handelte.
    „Nein“, bestätigte Holmgeir nachdenklich. „Ja, wäre ich ein so reicher Mann gewesen, so hätte ich wohl auch Lust gehabt, mich meine Seelenruhe ein gut Teil kosten zu lassen. Aber so wie er hätte ich es nicht getrieben, hätte nicht mein Hab und Gut mit beiden Händen ausgestreut und wäre dann immer noch mit roten Augen und weißen Wangen zum Pfarrer gegangen, um meine Sünden zu beichten - und Lavrans beichtete jeden Monat.“
    „Tränen der Reue sind die holde Gnadengabe des Heiligen Geistes, Holmgeir“, sagte der alte Ingemund Björnssohn, „selig ist der, der über seine Sünden noch auf dieser Welt weinen kann, viel leichter gelangt er in jene andere ...“
    „Ja, dann muß Lavrans schon längst im Himmelreich sein“, meinte Holmgeir. „So wie er gefastet und sein Fleisch gezüchtigt hat - am Langfreitag schloß er sich in die Dachkammer ein und peitschte sich mit einer Geißel, habe ich gehört..."
    „Halt ’s Maul!“ sagte Simon Andressohn zitternd vor Erbitterung; er war blutrot im Gesicht. Ob es auf Wahrheit beruhte, was Holmgeir da sagte, wußte er nicht. Als er aber die Geheimfächer seines Schwiegervaters aufräumte, fand er am Boden der Büchertruhe einen kleinen, länglichen Holzkasten. Und darin lag eine solche Peitsche, wie man sie in den Klöstern Disziplin nannte. Die ineinander verflochtenen Lederriemen waren dunkel gefleckt, es konnte wohl Blut sein. Simon hatte die Peitsche verbrannt - mit einer Art bekümmerter Ehrfurcht: er war sich darüber klar, daß er im Leben dieses Mannes etwas entdeckt

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