Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
Vom Netzwerk:
sah er sich selbst und die Männer dort bei der Feuerstätte herumfuchteln, wie Bauern, die Holz hacken oder Heu wenden - und zwischen ihnen Erlends gewandte blitzschnelle Gestalt, seinen raschen Blick, die sichere Hand, während er zwischen ihnen herumtanzte, geistesgegenwärtig, in den Waffen geübt...
    Es waren über zwanzig Jahre her, seit er selbst als einer der Waffentüchtigsten unter den jungen Leuten am Königshof gegolten hatte - wenn sie sich auf der Spielwiese übten. Seitdem aber hatte er nicht mehr viel Gelegenheit gehabt, die Fertigkeiten eines Ritters zu erproben.
    Und hier ritt er nun und fühlte sich bis ins Innerste krank, weil er das Unglück gehabt hatte, einen Menschen zu töten -immer noch sah er Holmgeirs Körper von seinem Schwert herab ins Feuer sinken, immer noch klangen ihm dessen kurze röchelnde Todesseufzer in den Ohren, und er sah, immer und immer wieder, die einzelnen Bilder jenes kurzen rasenden Kampfes, der darauf gefolgt war. Bedrückt und verwirrt fühlte er sich; in einem Nu waren sie alle auf ihn eingedrungen, alle die Männer, mit denen er zusammengesessen und sich eins gefühlt hatte - und dann hatte Erlend ihn unter seinen Schutz genommen ...
    Für ängstlich hatte er sich nie gehalten. Sechs Bären hatte er erlegt in den Jahren, seit er auf Formo lebte - und zweimal hatte er sein Leben so achtlos aufs Spiel gesetzt wie nur möglich. Mit dem dünnen Fichtenstamm zwischen sich und einer wütenden verwundeten Bärin, ohne andere Waffe als eine Speerspitze mit einem knapp handbreiten Schaft daran - die Spannung in diesem Spiel hatte die Sicherheit seiner Gedanken, Bewegungen und Sinne nicht beeinträchtigt. Jetzt, dort in dem Schuppen - er wußte nicht, war es Angst, was er empfunden hatte, aber er war verwirrt gewesen, hatte nicht zu überlegen vermocht.
    Und damals, als er nach jener Bärenjagd daheim saß, die Kleider nur flüchtig über sich gehängt, den Arm in der Schlinge, fieberheiß, mit zerrissener und schmerzender Schulter, hatte er nur eine übermütige Freude empfunden - es hätte noch schlimmer gehen können; wie, darüber hatte er sich keine Gedanken gemacht. Jetzt aber mußte er daran denken, unablässig, wie alles geendet hätte, wäre Erlend nicht gerade zur rechten Zeit zu Hilfe gekommen. Ihm war - gewiß nicht ängstlich, aber doch seltsam zumute. Daran trug der Ausdruck in den Gesichtern der anderen Männer die Schuld - und Holmgeirs sterbender Leib.
    Er war bisher noch nie zum Mörder geworden .. .
    Jener schwedische Ritter, den er niedergeschlagen hatte... Es war in dem Jahre gewesen, da König Haakon mit seiner Heeresmacht in Schweden einrückte, um die Ermordung der Herzöge zu rächen. Damals war Simon auf einen Späherritt ausgesandt worden - mit drei Männern, deren Anführer er sein sollte, er war sehr stolz und übermütig gewesen. Simon erinnerte sich, wie sein Schwert sich in der Stahlhaube des Ritters ver-fangen hatte, so daß er daran rütteln und zerren mußte, um es loszubekommen. Als er das Schwert am Morgen darauf ansah, entdeckte er eine Scharte daran. Er hatte stets gern an dieses Ereignis zurückgedacht - die Schweden waren zu acht gewesen -, jedenfalls hatte er einmal kosten dürfen, wie es ist, Krieg zu führen; dies war nicht allen Männern beschieden gewesen, die damals dem König folgten. Als es taghell wurde, sah er, daß das Hemd, das er unter dem Brustschild trug, mit Blut und Gehirnmasse bespritzt war - er gab sich alle Mühe, bescheiden und wohlerzogen auszusehen, während er es abwusch . . .
    Aber es brachte keine Hilfe, sich jetzt dieses armen Teufels von einem Ritter zu erinnern. Nein, jene Sache hatte keine Ähnlichkeit mit der heutigen. Er konnte eine schreckliche Reue wegen Holmgeir Moisessohn nicht loswerden.
    Und dazu kam nun auch noch, daß er Erlend sein Leben verdankte. Er wußte nicht, wie weittragend dies sein würde. Aber er hatte das Gefühl, als müsse alles anders werden, jetzt, da er und Erlend miteinander quitt waren ...
    In diesem Punkte waren sie jetzt quitt, ja .. .
    Die beiden Schwäger waren beinahe schweigend dahingeritten. Einmal sagte Erlend:
    „Es war aber auch wirklich dumm von dir, Simon, daß du nicht gleich als allererstes daran dachtest, die Türe zu gewinnen.“
    „Wieso?“ fragte Simon ziemlich kurz. „Weil du draußen warst?“
    „Nein ..durch Erlends Stimme klang ein Lächeln. „Ja, das auch - doch daran dachte ich jetzt nicht. Aber durch die enge Türe hätte doch von den anderen nie

Weitere Kostenlose Bücher