Krönung der Liebe - Krönung des Glücks
Mutter mit elf Jahren zu verlieren, war sehr hart für ihn gewesen. Sie hatten einander gemocht und respektiert. Doch anders als später mit Anya konnte er weder aufrichtig mit ihr reden noch ihr seine Zuneigung zeigen. Seine Stiefmutter hatte ihn wie einen eigenen Sohn geliebt und ihm geholfen, sich mit der anfangs erschreckenden Aussicht anzufreunden, eines Tages die Geschicke des Königreiches Calista lenken zu müssen, und ihn gründlich auf die zukünftige Verantwortung vorbereitet.
Und als er erwachsen genug war, vertraute sie ihm auch ihre eigenen Kümmernisse, ihren Schmerz und ihre Ängste an, in der Gewissheit, dass er ihr zur Seite stehen würde. Anyas Tod vor fünf Jahren hatte er fast noch schrecklicher empfunden als den seiner leiblichen Mutter.
Zakari war so in Erinnerungen verloren, dass er Effies Geplauder nur mit halbem Ohr zuhörte, bis sie einen bestimmten Namen erwähnte und er sie mit einem Stirnrunzeln zum Schweigen brachte.
„… und nach dem, was mit Ihrem jüngsten Bruder, Zafir, geschehen ist …“
„Das ist kein Thema, über das ich zu sprechen wünsche.“ Er wollte mehr über Effie erfahren und nicht an Vergangenes erinnert werden, das zu schmerzhaft war, um darüber zu reden. „Es ist schön für dich, dass du ein eigenes Heim hast“, führte er sie zum eigentlichen Thema zurück, doch Effies Zutraulichkeit war mit seinem harschen Einwurf verschwunden, und sie antwortete nur noch einsilbig und zurückhaltend.
So unschuldig süß und naiv sie auch sein mochte, wenn Zakari jetzt in ihre blauen Augen schaute, sah er noch etwas anderes. Eine wache Intelligenz und nicht zu leugnende Sturheit, die sie geschickt hinter höflichen Floskeln oder schamhaft gesenkten Lidern zu verbergen suchte. In diesem Zustand würde er nicht wirklich Wissenswertes aus ihr herausbekommen, so viel stand für ihn nach den wenigen Tagen Erfahrung mit seiner neuen Haushälterin fest.
„Du würdest einen ausgezeichneten Schachpartner abgeben“, stellte er aufrichtig belustigt fest.
„Das bezweifle ich“, murmelte Effie mit trügerischer Sanftheit, wie ihm schien. „Ich mag keine Spielchen …“
Das war eindeutig! Dieses freche kleine Ding versuchte tatsächlich, mit ihm die Klingen zu kreuzen! Während Zakari ihre täuschend harmlose Miene gründlich studierte, fiel ihm plötzlich auf, dass Effie diesmal weder errötet war, noch schamhaft den Blick senkte, sondern seinem offen und sogar eine Spur herausfordernd begegnete.
Keine Spielchen also …
„Es vergeht nicht ein Tag, an dem ich nicht an meinen kleinen Bruder denke …“ Es war Zakari, der schließlich das Schweigen brach. Nie zuvor hatte er jemandem etwas Ähnliches eingestanden – nicht einmal sich selbst. Es war ihm bewusst, dass seine Stimme bebte, aber er konnte nicht anders, als weiterzureden. „In meinem innersten Herzen kann ich mir nicht einmal eingestehen, dass … dass er tot ist und ich ihn nie wiedersehen werde …“
„Und deshalb konnten Sie bisher nicht um ihn trauern“, sagte Effie leise und legte eine Hand auf seinen Unterarm, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Allerdings brachte der Kontakt mit seiner warmen Haut sie schlagartig in die Wirklichkeit zurück. Rasch zog sie ihre Finger weg und ballte sie zur Faust.
Doch Zakari war selbst so verstört über sein ungewohntes Verhalten, dass er ihre Verwirrung nicht mitbekam und wie ein Verdurstender auf ein weiteres Wort der Erlösung von Effie hoffte, nachdem er sich ihr so weit geöffnet und sie seinen Schmerz hatte sehen lassen. Ihre Hand auf seinem Arm hatte ihm Trost gespendet. Das Gefühl, wenigstens für einen flüchtigen Augenblick verstanden zu werden, war einfach überwältigend gewesen.
Er hatte tatsächlich nicht um seinen kleinen Bruder getrauert. Er hatte es sich nie erlaubt. Ein Prinz, der dazu auserwählt war, eines Tages König zu werden, weinte nicht.
Anya hatte getrauert. Plötzlich stand ihm ihr Bild vor Augen, wie sie zusammengekrümmt auf ihrem Bett lag und haltlos schluchzte. Wie gern hätte er mit ihr geweint. Doch damals war er bereits sechzehn, der zukünftige König auf der Schwelle zum Erwachsensein.
Als er Effie anschaute, sah er Tränen in ihren schönen blauen Augen stehen und vermeinte plötzlich, die schwere Hand seines Vaters auf der linken Schulter zu spüren.
Sei stark, mein Sohn. Es ist nicht an uns, Antworten vom Schicksal zu verlangen …
Bisher hatte er diese Äußerung nie angezweifelt. Jetzt allerdings,
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