Kronhardt
meine neue Tresenkraft, und die Jungs gaben ihr die Hand.
Irene trug Servierkleidung mit Häubchen im rotblonden Haar. Sie war seit ein paar Monaten einundzwanzig und von ihren Eltern los. In dieser Zeit hatte sie ein halbes Dutzend Stellen gehabt, und überall waren es die Kerle gewesen. Zuletzt in einer Fischbratküche, und bei der Helga, sagte sie, da hätte sie es sofort gemerkt: Die Helga, die wisse die Kerle zu nehmen, und im Ochsenkrug, da würde ihr keiner so mir nichts, dir nichts. Irene hatte einen Silberblick, und ihre Schneidezähne standen vor. Sie redete viel, lachte unverhofft und rauchte Zigaretten an, die sie im Ascher vergaÃ.
Helga stellte Gezapftes und Likör. Sie sprachen über den Beat-Club, spielten Mau-Mau, und später tanzten sie. Dann gingen Schlosser und Helga nach oben.
Und Willem bekam Angst.
Irene war quirlig; sie rauchte, lachte, sprang an den Musikautomaten. Und wenn sie wieder bei ihm saÃ, glitt ihre Hand wie eine Eidechse in seinen SchoÃ, wischte Asche weg, und dabei schienen Stromzungen aus ihren Fingern zu lecken. Irene plapperte, sie nahm ein Thema wie das andere, und hinter allem konnte Willem eine Absicht spüren. Groà und dunkel, und noch durch seine Angst hindurch anziehend. So saà er da und fühlte sich ausgeliefert. Er trank sein Florida Boy, und der Negerjunge auf der Flasche hatte einen Strohhut auf und grinste durch eine Zahnlücke. In der Box fuhr der Plattengreifer zur nächsten 45 er; Willem hörte das Knistern und dann einen Buckel, der regelmäÃig unter der Nadel durchzog. Beim ersten Akkord wedelte Irene mit den Händen. Jimi Hendrix! Sie sprang auf und rià den Jungen mit.
Willem hielt die Augen geschlossen. Spürte, wie Trommel und Bass seine Haut durchdrangen, und als die Gitarre anschlug, schien sie direkt in seinem Kopf rückzukoppeln. Bald bäumte er auf mit den Saiten, zappelte mit dem Riff, und sein Haar stand in der Luft. Bald entwickelte er Visionen von elektronisch verzerrten Meteoritenschauern, und als der Gitarrist noch die Energie aus dem Verstärker in Schwingungen setzte, erschien ihm eine Feuerkugel im Kopf, und er verbog sich wie ein Schamane.
Der Schluà kam plötzlich.
Als er die Augen öffnete, traf ihn ihr Silberblick. Und wieder spürte er eine Rückkoppelung, die stärker war als seine Angst; Irene nahm ihre Lippe unter die Schneidezähne, und im matten Licht glänzte der Speichel.
Das nächste Stück war langsam.
Er strich sich das Haar zurück, als sie auf ihn zukam. Das Glas in der einen, die Zigarette in der anderen, so umschlang sie seine Schultern, legte ihre Wange an seine, und gemeinsam kamen ihre Hüften in Takt.
Aus den Augenwinkeln sah er ihren ÃberbiÃ; wie sie trank, den Likör rollte und zog, und dann waren ihre Lippen da. Schossen den Alkohol, schossen unglaublichen Brennstoff in seinen Kopf. Er spürte noch ihre Zunge; quirlig, elektronisch, ein endlos glühender Schauer. Dann hörte er sich schreien, und sein Körper verzerrte unter den Zuckungen.
Als er die Augen öffnete, spülte sie mit Likör, und vom Glasrand zog ein Faden.
Im Kerzenlicht vibrierte ihre Bauchdecke; ihre Finger schienen vom Dunkel eingesaugt. Sie seufzte, kurze spitze Laute, und ihr Kopf schlug in den Federn. Von den Fingern her kam ein Geräusch. Sie hielt die Luft an, ihre Lider flatterten. Dann schnellte ihr Becken hoch, und die spitzen Laute verzogen sich in tiefes Schnurren. Schweià drang bald aus ihrer Haut, die Sehnen sprangen vor, das Schnurren wurde stoÃhaft, und sie rià die Augen auf. Einmal schien sich Irenes Blick an Willem festzusaugen, dann entglitt aller Ausdruck, und die Augäpfel rollten ihr in die Stirn.
Willem stand in der Gaube. Er konnte sehen, wie das Beben langsam aus ihrem Körper zog. Er stand reglos; seine Muskeln schienen hart und noch die Organe gepanzert.
Als Irene sich aufrichtete, lächelte sie ihn an.
Sie ging an den Waschtisch, goà Wasser aus dem Krug und beugte sich über die Schüssel. Dann öffnete sie ihr Haar, und eine kupferfarbene Welle lief über ihre weiÃe Haut. Wie der Wechsel in einen anderen Energiezustand, und ihr Gesicht im Spiegel schien sanft und still, und Willem konnte sehen, wie die Milchdrüsen durch das weiche Haar drängten.
Die Hände im Nacken, drehte sie sich um. Eine Frau. Achseln und Scham dunkel, und Willem hatte das Gefühl, nichts
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