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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Pelz aus und legte die Unterlagen auf den Tisch. Dann stand sie auf dem Podest und überblickte die Produktion.
    Der Kessel pfiff, und als Barbara Wasser aufgegossen hatte, sagte sie: Was machen Sie da, Rita.
    Ich versuche, das Manual zu verstehen.
    Ist das schwierig?
    Mein Englisch ist noch nicht so gut.
    Haben Sie kein besseres Wörterbuch?
    Nein.
    Barbara stellte die Kanne auf ein Stövchen und setzte sich auf die Schreibtischkante.
    Was steht in dem Manual?
    Alles, hoffe ich. Als die neue Maschine aufgestellt war, kam der Experte, um uns einzuweisen. Aber wir haben rausgefunden, daß die Maschine viel mehr kann. Er hat uns nicht alles gezeigt.
    Die Alte blickte durch die Scheiben. Nicht alles gezeigt?
    Nein, Frau Kronhardt.
    Sind Sie da sicher, Kindchen?
    Ja.
    Ich kümmere mich darum. Dann kam sie an den Schreibtisch und zog die Gegensprechanlage zu sich. Kommen Sie bitte, Hultschinek.
    Der Stickmeister saß in seinem kleinen Büro; ein Glaskasten, der aus der Stirnseite drängte und von dem aus eine Galerie die gesamte Halle umlief. Er sah auf und winkte gegen das Empfangszimmer.
    Die Alte sah zu, wie Hultschinek sein Büro verließ und über die Galerie humpelte.
    Barbara sagte: Morgen gehen Sie in die Fachhandlung, Rita. Lassen Sie sich beraten und stellen Sie hier ein paar ordentliche Wörterbücher hin.
    Das ist aber sehr freundlich von Ihnen.
    Eher nachlässig, meinen Sie nicht? Was ist mit Ihrem Englisch?
    Ich mache Kurse.
    Nach der Arbeit?
    Ja.
    Das ist gut. Aber reicht das?
    Ich verstehe nicht.
    Die Geschäfte werden internationaler, und die Computertechnologie wird unseren Arbeitsalltag immer umfassender bestimmen. Ich möchte, daß Sie auf den Gebieten fit sind, Rita. Daß Sie Lehrgänge besuchen. Und Ihren derzeitigen Englischkurs zahlen wir Ihnen natürlich auch.
    Rita Schrödinger nahm einen Schluck Wasser und knöpfte die Strickjacke wieder auf.
    Barbara sagte: Ist das in Ordnung für Sie?
    Die Jüngere nickte und sah glücklich aus.
    Und zu ihrer Schwiegermutter sagte Barbara: Wenn der Experte wiederkommt, müssen wir dabeisein.
    Ja.
    Die Alte stand vor den Scheiben und sah hinab auf die Produktion. Spürte das Stakkato der Maschinen, die endlosen Nadelstiche und diese magische Energie, die ihr ganzes Leben durchdrungen hatte. Spürte den feinen Ölfilm und noch die elektrischen Wellen, die die Stoffpartikel wie Nordlichter unter die Industrieleuchten stießen und den Himmel der familiären Wirtschaftsprozesse erleuchteten. So stand sie vor den Scheiben; die Geschäfte wurden tatsächlich internationaler, die neuen Technologien verdrängten Schwungräder, Treibriemen und Lochbandrollen und brachten zudem immer neues Spezialwissen hervor, für das man teuer bezahlen mußte. Und doch hielt die Alte ihre Welt nach wie vor am Rattern.
    Als Hultschinek eintrat, ging er in seinem ungleichen Takt zuerst auf die Alte zu. Dann begrüßte er Barbara, und zuletzt legte er Rita Schrödinger eine Hand auf die Schulter. Kommst du voran?
    Und sie nickte.
    Barbara brachte den Kaffee, die Alte kam an den Tisch und nahm ihre Unterlagen.
    Setzen Sie sich zu uns, Kindchen.
    Die junge Frau wurde rot und blickte Hultschinek an.
    Der Stickmeister lächelte. Und bring die Dose mit, sagte er. Auch nach Jahren konnte er sich noch daran erfreuen, wie das Gebäck seiner Frau den anderen schmeckte.
    Die Alte tauchte einen Keks in den Kaffee. Was ist mit Hanna?
    Hultschinek sah in seine Tasse. Zweimal hab ich sie schon gedrängt.
    Sie war noch nicht beim Arzt?
    Er schüttelte den Kopf.
    Mensch, Hultschinek. Und dann: Sie soll morgen zu mir kommen.
    Jawohl.
    Und Lisbet?
    Der Stickmeister hob die Schultern. Sie ist tüchtig. Und es scheint weniger geworden.
    Wie oft schon diesen Monat?
    Diesen Monat noch gar nicht.
    Aber es passiert noch.
    Ja.
    Die Alte sah zu der jungen Frau. Was meinen Sie, Rita. Kommt Lisbet von diesem Kerl los?
    Rita Schrödinger sagte nichts.
    Kindchen, wenn bei uns jemand in Schwierigkeiten ist, versuchen wir alle zu helfen.
    Hultschinek sagte: So ist das.
    Ich weiß nicht, sagte die junge Frau.
    Was, Kindchen.
    Ob sie von ihm loskommt, meine ich.
    Warum glauben Sie, daß Lisbet es nicht schaffen könnte?
    Weil sie ihn dennoch liebt. Sie spürte die Blicke und wurde wieder rot.
    Nach einer Zeit sagte die Alte: Sie wissen, wie das ist, oder?
    Ja.
    Sehen Sie Ihre Eltern noch?
    Nein.
    Und was würden Sie an

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