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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Großartigkeit, sein ganzes Wunder, und es ist ein Augenblick wie aus seiner Kindheit. Als er mit dem Vater durch die Welt gezogen ist, und so blickt Willem in die Flammen; drückt sich bald in seine Frau, und ihr Atem macht ihn glücklich.

2
    Einer hantiert mit der Kamera, der andere bedient Maus und Tastatur. Willem steht bei der Vitrine und läßt die Venusstatuette durch seine Finger gleiten; er spürt, wie das Elfenbein warm und weich wird, wie sein Puls von dort zurückschlägt.
    Schauen Sie doch mal in die Kiste, sagt einer der Ramows. Dinoflagellaten, Graptolithen oder Moostiere, da ist alles dabei. Geht hoch bis in die Kreide.
    Willem betrachtet die Fossilien und holt schließlich ein Stück Plattenkalk hervor. Der Abdruck zeigt eine Libelle, groß wie ein Raubvogel, und ist fein erhalten, bis in die genetzte Struktur der Flügel.
    Der am Fenster sagt: Kommt direkt aus den tropischen Steinkohlewäldern des Oberkarbon.
    Neben den Fossilien entdeckt Willem einen Schädel; er hat eine Kielung obenauf, eine flache Stirn und Wülste über den Augenhöhlen. Die Zahnreihen wirken intakt, der Unterkiefer läßt sich auf- und zuklappen.
    Das ist ja einer wie der Georgische, sagt Willem.
    Viel besser erhalten.
    Wie alt?
    Die Detektive machen ein Gesicht. Seit dem Georgischen flutscht einem die Zeit doch durch die Finger. Dann steigt das Geräusch der Kamera auf, und vom Schreibtisch klicken die Befehle.
    Sie sitzen in vertrauter Position; die Detektive hinterm Stahl-L, Willem im Büffelleder. Aus den Bechern dampft frischer Kaffee.
    Wir sind also von Wrangel auf die Spur gekommen, sagen die Detektive.
    Deswegen bin ich hier.
    Genau. Schnäpschen zum Kaffee? Und bald kommt einer der Ramows mit Schwenkern zurück, die bernsteinfarben gefüllt sind.
    Willem schließt die Augen und läßt das Bukett in seine Nase. Das ist der Brandy.
    Geheime Auftragsarbeit. Aus dem Besten, was die Krone damals zu bieten hatte. Wie gesagt, wurde gebrannt, um Johanna die Wahnsinnige zu kurieren. Aber aus den Geschichtsbüchern wissen Sie ja, daß es nichts gegen ihren Kummer gab, und so ist sie dann gestorben.
    Abenteuerliche Geschichte.
    Wie meinen Sie das?
    Ich wußte nicht, daß so alter Schnaps noch existiert.
    Warum sollten wir Ihnen einen Bären aufbinden. Da könnten wir doch ruckzuck unseren Laden dichtmachen.
    Eine Zeitlang schwenken die Männer bedächtig die Flüssigkeit und lassen sie tröpfchenweise zergehen. Dann schlägt einer der Ramows den Globus an, und als die Kugel verfinstert, erschafft sie bald eine sanfte Anziehung; als würden sich die Abstände zum Globus verringern und noch das ganze Detektivbüro in die dunkle Rotation ziehen. So sitzen die Männer, wie in eins gekehrt mit allem, und aus ihrem Bauch strömt der Brandy aus.
    Gustav von Wrangel. Geboren bei Lychen in der Uckermark, der Vater ein preußischer General, die Mutter aus einer Königsberger Dynastie. Einziger Sohn neben zwei jüngeren Schwestern. In der Familientradition war seine Offizierslaufbahn ausgemachte Sache, und anfangs erfüllte der Junge auch alle Erwartungen. Seine Leistungen auf dem Gymnasium waren exzellent, besonders in Rhetorik und in den Naturwissenschaften fiel sein kühler, schneidender Verstand auf, und wann immer es erforderlich war, konnte er auch draufgängerisch sein. Mit dieser Eigenschaft zeichnete er sich vor allem bei den Fecht- und Reitturnieren aus, die regelmäßig auf dem Familiengut abgehalten wurden, und so schien der junge Gustav gesegnet mit dem Rüstzeug des höheren Solda-ten.
    Doch er schlug den Platz auf der Militärakademie aus und kündigte an, in Greifswald die Naturwissenschaften zu studieren. Es war ein Skandal, und in der Familie überlegten sie, ihn aus dem Heroldsregister zu streichen. Doch Gustav hatte Schneid und machte die Naturwissenschaften zu seiner Sache.
    Sein Aufenthalt in Greifswald war kurz und verlief steil; er wurde Mitglied der Partei, und von Greifswald ging er nach Alt Rehse. Eine Schule, in der ideologische Elite herangezüchtet wurde, und von Wrangel begeisterte sich von Anfang an für das 1000jährige Reich. Während seines Studiums verfeinerte er die Gesetze zur körperlichen und geistigen Erziehung und verfaßte wissenschaftliche Abhandlungen, in denen er das Prinzip Sparta an die moderne Anatomie des Nazireichs anpaßte. Er befaßte sich mit Auslese und Zucht

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