Krozair von Kregen
Fackelschein auf den Opferstein zu.
Geschrei gellte aus den Hälsen der Tanzenden. Sie waren wie besessen. Betäubt von Dopa oder irgendwelchen anderen Rauschmitteln, oder von einer angstvollen Hysterie gepackt, kreischten sie los und versuchten mich mit Krallenfingern zu Boden zu reißen. Ich stieß sie zurück. Ich hatte keine Zeit, Zorn oder Mitleid zu empfinden. Ich stürmte energisch zwischen ihnen hindurch, und die Bogenschützen auf den zerfallenden Mauern durchlöcherten zwei arme Teufel von Landsleuten anstatt mich.
Die Aura des Entsetzens wogte näher an den Fleck der Schwärze an der grauen Mauer heran. In einem Gewirr nackter Arme und Beine drängte ich zum Steinpodest. Ich setzte die Schneide meines Schwerts nicht ein; die Breitseite genügte völlig.
Das Mädchen war nicht bewußtlos. Sie lag auf dem Rücken, an Hand- und Fußgelenken mit Schnüren gefesselt, die an Eisenringen festgemacht waren. Sie trug Strümpfe, die halblang und mit rotschimmernden Juwelen besetzt waren. Ihr Körper schimmerte rosa und golden im Mondlicht, über und über mit Juwelen bedeckt. Das Haar war mitternachtsschwarz wie das der Zairer vom Binnenmeer; auch darin Edelsteine und Silberstaub. Ihr Gesicht war eine bleiche Blüte, Mund und Augen dunkle Wunden.
Ein Mann sprang mir auf den Rücken, und ich bückte mich und schleuderte ihn zur Seite. Mit dem Schwert durchtrennte ich die Fußfesseln und die Schnur um den rechten Arm. Ich machte Anstalten, die linke Fessel zu erreichen, da packte mich jemand um den Knöchel. Ich trat zu. Ein Schrei wie von einer verlorenen Seele heiterte mich auf. Das Schwert zuckte vor. Ich legte dem Mädchen den linken Arm unter den Kopf, hob sie an, ließ den Arm um ihren Rücken gleiten und zog sie hoch wie einen Sack.
Sie fühlte sich leicht und weich und warm an, und sie zitterte.
Jetzt würde ich die Schneide einsetzen, wenn es nicht anders ging.
Ein Pfeil zersplitterte am Steinpodest. Die verwitterte Oberfläche zeigte unheildrohende alte Flecken. Unmittelbar hinter dem Stein erweckte eine Grube im Boden meine Aufmerksamkeit, die Öffnung war von einem Eisengitter bedeckt. Männer zerrten dieses Gitter hoch, wobei sie gleichzeitig in Ekstase und Angst schrien; sie warfen das Eisengitter hin und rannten, rannten ...
Aus jener feuchten Tiefe mochte sich etwas Namenloses emporwinden ...
»Tötet ihn! Schlagt ihn nieder! Zermalmt ihn!«
Die Rufe wurden in großer Wildheit ausgestoßen. Ich umklammerte das Mädchen, von dem Ketten aus Edelsteinen und Gold herabbaumelten, und begann zurückzulaufen. Ich blickte über die Schulter zurück, nur um mir den Rücken freizuhalten, wie es üblich war – und sah den fürchterlichen Schatten vor dem Gestein in Bewegung geraten.
In diesem Augenblick drohenden Schreckens verfingen sich meine Füße in etwas, und ich stürzte zu Boden. Ich hielt das Mädchen fest, und als wir beide zu Boden prallten, schrie sie nicht auf. Sie hatte die Augen weit geöffnet, und sie waren wie hypnotisch auf mich gerichtet.
Ich hob den Kopf.
Ein Wesen bewegte sich zwischen den Schatten.
Ein Schatten bewegte sich inmitten der Ruinen.
Das Kreischen und Brüllen hinter mir erstarb zu einem Wimmern und verstummte. Der Windhauch beruhigte sich. Geisterhafte Nebelschwaden zogen vor den Monden, und das Licht veränderte sich drohend von einem rosagoldenen Schimmer in eine alles durchdringende blutig-rubinrote Strahlung.
Ich hob den Blick.
Etwas Uraltes und Böses glitt über die Steine. Etwas ... Es gab nur einen Namen für diese bestialische Monstrosität aus dem Urbeginn der Zeit – Oidrictzhn – Oidrictzhn der Abscheuliche!
Der Schatten stieg empor, wurde monströs und löschte Sehvermögen und Vernunft aus. Ein unheimliches Gleiten, ein Zischen, ein zorniges, abstoßendes, lähmendes Fauchen entwich den Schatten, die sich um die Erscheinung sammelten.
Das Untier aus der Zeit glitt aus den Schatten heran, um mich zu verschlingen.
11
Das Wesen war Apim, ganze zehn Fuß groß, grau und mit pockennarbiger Haut, Zeichen einer üblen Krankheit. Haut hing faltig-locker herab, unzählige Falten einer widerlichen grauen Hülle, aus der übelriechender Schleim sickerte. Dann der Kopf! Hochgewölbt und mit lepraartigen Hautflecken anstelle des Haars, mit tief eingesunkenen Augen, die mich wie rote Schlitze anfunkelten. Rot waren diese Augen, doppelte Abgründe des Feuers, die ihre Flammen auf mich richteten. Ich ließ mich über das Mädchen rollen.
Ich sah
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