Krozair von Kregen
gehören nicht zu uns.«
Ich blieb stehen. Duhrra und Vax erschienen. Ein Stück hinter mir drängten sich Männer, von denen ich wußte, daß sie nicht nur Zair treu ergeben waren, sondern auch mir. Ich brüllte sie gereizt an, und sie umringten mich. Im Licht der Monde sahen die Piraten, die in den Ruinen emporstiegen, wie kleine fackeltragende Affen aus. Ich bemerkte auch die Katakis. Ich wandte mich an Vax und Fazhan und Duhrra und sagte ihnen, was ich von ihnen erwartete. Ich redete nicht um den Brei herum.
»Wenn dort einer Wache steht«, sagte ich zornig, »gebt ihm eins auf den Kopf und nehmt ihn mit. Bringt ihn nicht um!«
Duhrra lachte leise. »Äh – Herr! Ein großartiger Plan!«
»Aye!« warf Fazhan ein, »eine gerechte Behandlung, bei Zair!«
»Und wenn es zum Kampf kommt«, sagte Vax und zog sein wunderschönes neues Schwert, »soll es mir eine Freude sein, dem prahlerischen Kataki Rukker zu zeigen, wie er es dem Cramph Athgar nachmachen kann.«
»Du wirst nicht gegen ihn kämpfen, solange ich es dir nicht erlaube!« Ich musterte Vax im bunten Mondlicht. »Er läßt sich nicht so leicht niederkämpfen wie Athgar.«
»Dabei ist er ein Kataki, und Katakis haben Schwänze.«
»Und mit diesen Schwänzen zerreißen sie jungen Heißspornen die Kehle!«
Er kannte mich inzwischen ein wenig besser und wußte, daß ich wohl in manchen Dingen mit mir reden ließ, daß es aber in anderen besser war, wenn er mir gehorchte. Trotzdem durchbohrte er mich mit seinen Blicken.
»Nimm Tamil den Palinter mit. Er ist es gewohnt, abzuwiegen und zu taxieren.«
»Aye, Herr.«
»Ich kümmere mich um Rukker, bis du uns ein Zeichen gibst. Jetzt los!«
Ich wollte fair handeln. Meine Absicht lag natürlich auf der Hand, doch wenn meine Leute nicht schnell und entschlossen handelten, würde es zum Kampf kommen. Piraten streiten sich oft, das gehört bei ihnen dazu. Als die Männer davonstürmten, fragte ich mich, ob ich etwa aus bloßer Gereiztheit handelte, aus dem Gefühl heraus, daß die Zeit verstrich, ohne daß ich Fortschritte erzielte – ob ich mir diesen Trick etwa nicht nur aus Langeweile erdacht hatte, sondern auch aus Selbstverachtung.
Dann lief ich den Klippenpfad zu den Ruinen des Sonnenuntergangsvolks hinauf, den Geheimnissen entgegen, die mich dort erwarten mochten.
10
Aus der Deckung einiger Büsche überschauten wir eine Szene, die zugleich abstoßend und angsteinflößend war. Die Piraten hatten ihre Fackeln gelöscht und äußerten sich nur noch mit ehrfürchtigem Flüstern. Die Lichter, die jene verwitterten Steine erhellten, kamen nicht von uns. Die lodernden Fackeln wickelten Schleier goldenen Lichts um die alten Säulen und Bögen, erhellten graue Mauern und eingestürzte Erker. Wir kauerten uns nieder und blickten auf die heidnische Szene.
Neben mir hockte Fazmarl der Schnabel. Ich spürte seinen Körper beben.
»Ich habe sie gewarnt«, flüsterte er vor sich hin. »Es ist Oidrictzhn persönlich! Der Abscheuliche!«
Ich stieß ihn mit dem Ellbogen an und legte ihm eine Hand auf den Mund. Dann blickte ich über die Büsche. Die Gestalten, die sich im Fackelschein bewegten, waren mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt und hatten uns anscheinend noch nicht bemerkt; ich stellte mir aber vor, daß sie einen Ausguck postiert hatten. Ich schüttelte Fazmarl.
»Was soll das – Oidrictzhn? Was ist das für ein Abscheulicher?« Ich gab seinen Mund frei.
Er atmete tief ein. »Alt, älter, als man sich vorstellen kann. Lange vor Zair und Grodno, dessen Name verflucht sein möge ...«
»Ja, ja, das weiß ich auch. Werden sie das Mädchen töten?«
»Ganz bestimmt. Sie kommen aus Dörfern im Binnenland, und sie leben wie Vosk im Dreck, ich habe selbst mal bei ihnen gewohnt – und sie alle kennen die alten Geschichten von Oidrictzhn und seinen Abscheulichkeiten.«
»Aber du scheust dich nicht, seinen Namen auszusprechen.«
»Nein – denn es ist spät. Der Böse ist aus dem Schlaf erwacht. Er ist herbeigerufen worden. Siehst du nicht seine ungeschlachte Gestalt, dort, wo sich die Schatten sammeln, obwohl die Fackeln dort besonders hell leuchten?«
Er hatte recht, ein seltsamer Schattenfleck zeichnete sich vor einem alten grauen Monolithen ab, den die Fackeln anstrahlten – an einer Stelle, wo man eigentlich hellen Widerschein auf dem Mauerwerk erwartet hätte.
»Wie?«
»Wer kann das wissen? Niemand gibt solches Wissen zu. Und doch wissen alle, daß Wesen geheime Macht
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