Krozair von Kregen
doch hier am Auge der Welt verhieß der Blütenblattumriß ungeahnte Kräfte.
Als Grogor hinter dem Bug verschwand, stand ich auf und blickte über die Reling. Gafard kletterte gerade an Bord und schob dabei Glycas zur Seite. Der König stand dicht hinter dem Piloten und hatte mir den Rücken zugedreht.
Glycas, an dessen Rast-Gesicht ich mich gut erinnerte, sagte schmollend: »Laß mich rauf, du Rast!«
»So hoch du willst, Prinz«, antwortete Gafard spöttisch.
Die beiden konnten sich nicht ausstehen. Der König bewegte sich nicht, während der Pilot erstarrt an den Kontrollen saß. Er war ein Grodnim. Ich legte beide Hände an die Reling.
Mit einem einzigen Satz sprang ich an Bord. Ich hörte einen fernen Schrei: »Onker, weg vom Flugboot des Königs!«, wußte aber, daß kein Mann in der Armee einen Schuß riskieren würde, solange mir der König so nahe war. Ich warf mich quer durch das Flugboot, wobei ich den König zur Seite stieß. Ich bewegte die Kontrollhebel, um das Boot in den Himmel zu reißen. Ich hörte einen schrillen Schrei von der Bordwand und ahnte, daß Glycas es nicht geschafft hatte und zurückgefallen war. Wenn er sich dabei das Genick gebrochen hatte, blieb wenigstens dem Henker die Arbeit erspart. König Genod stolperte rückwärts. Er begriff offensichtlich nicht, was hier vorging. Ich packte den Piloten um die Hüfte und stemmte den armen Kerl über die Bordwand. Er stürzte ab, ohne sich etwas zu tun.
Im nächsten Augenblick raste der Voller in den hellen Himmel hinauf, und König Genod, Gafard und ich sahen uns an.
Niemand zog eine Waffe.
Der König raffte sich auf. Er starrte mich mit dem verwirrten und ungläubig angewiderten Blick eines Mannes an, der in seinem Salat eine Schnecke gefunden hat.
»Du weißt, daß du ein toter Mann bist?«
Ich ignorierte ihn.
»Gafard«, sagte ich. »Du kennst mich.«
»Aye.« Er wandte sich halb zum König um. »Dies ist der wilde Leem Gadak, der auf die Ruderer geschickt wurde.« Kopfschüttelnd setzte er hinzu: »Er muß entlassen worden sein, davon habe ich aber nichts gewußt.«
»Was willst du hier, toter Mann?« fragte Genod.
»Ich bin nicht entlassen worden, Gafard«, sagte ich. »Ich konnte fliehen. Weißt du noch, was zwischen uns passierte, als wir uns das letzte Mal sahen? Als du erfuhrst, daß dir dieser Kleesh die Frau der Sterne gestohlen hatte?«
Gafard atmete zischend ein. Die Hand des Königs schwebte über dem Griff seines Genodders, dessen Klinge sicher von vorzüglicher Qualität war.
»Ich ... ich weiß es nicht mehr genau. Aber der König hat das Yrium. Liefere dich seiner Gnade aus. Wir müssen wieder landen.«
»Armer Dummkopf! Weißt du nicht, daß dein genialer König ein böser Mensch ist? Böse und gemein und reif für die Gerechtigkeit von Drigs schwerer Hand?«
Der König hatte genug. Genod Gannius hatte sich zum König von Magdag aufgeschwungen und hatte die Konföderation der Grodnims geführt. Er hatte mich gewähren lassen. Jetzt würde er mich töten. Er riß den Genodder heraus und ging in die Angriffsstellung. Die Klinge schimmerte.
»Ich strecke dich eigenhändig nieder, Rast!«
»Ergib dich, Gadak! Der König ist ein Meister des Kurzschwerts! Flehe ihn um Gnade an!« sagte Gafard drängend.
»Er weiß nichts von Gnade.« Ich zog ebenfalls den Genodder. »Ich will dir zeigen, was er von Gnade hält.«
Genod war nicht nur wegen seiner strategischen Fähigkeiten an die Macht gekommen – und ich behielt recht. Er wußte mit seinem Kurzschwert sehr gut umzugehen. Wie immer ging ich diesen Kampf in der düsteren Erkenntnis an, daß es meine letzte Auseinandersetzung sein konnte, der letzte Konflikt, daß ich irgendwann einmal zu den Eisgletschern Sicces entführt werden würde.
Seine Haut war ungewöhnlich glatt. Bleich und weich schimmerte sie wie die Haut einer Frau, aber darunter bewegten sich stählerne Muskeln. Er fintete und griff an, und ich deckte mich und zeigte ihm die Spitze. Er parierte, die Klingen klirrten gegeneinander und trennten sich. Er sprang zurück. »Ergib dich, Cramph, der königlichen Gerechtigkeit!«
Ich sprang vor und wirbelte die Klinge auf eine Weise herum, die an die wilden Kämpfe meiner Klansleute erinnerte. Genods Gesicht verzog sich vor Anspannung, als er nun täuschte und erneut angriff. Gafard schrie auf, erwartete er doch, daß der Hieb mich fällen würde, aber die Klinge des Königs kam gar nicht in meine Nähe. Ich griff meinerseits an und durchtrennte
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